Lebenselemente auf einem Höllenplaneten

Ein bereits seit einigen Jahren bekannter Exoplanet verliert mit einer sehr hohen Rate seine Atmosphäre ins All. Sie besitzt Anteile von Sauerstoff und Kohlenstoff.

Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: ESA.

Der bekannte ExoplanetHD 209458b oder Osiris konnte kürzlich die astronomische Welt erneut verblüffen. Der Gasriese umkreist seinen Zentralstern in nur sieben Millionen Kilometern Entfernung (etwa ein Zwanzigstel des Erde-Sonne-Abstands). Das ist für einen Planeten seines Typs ungewöhnlich, da dieser eigentlich durch den starken Sonnenwind seine Atmosphäre verlieren müsste. Nun konnten Astronomen mithilfe des Hubble Teleskops zeigen, dass genau dies gerade passiert. Dabei offenbarte der Planet den Forschern auch die Elemente, aus denen seine Atmosphäre besteht: Sie konnten darunter Kohlenstoff und Sauerstoff nachweisen.

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Künstlerische Ansicht des Planeten Osiris , der mit großer Geschwindigkeit seine gigantische Gashülle durch seine große Nähe zu seinem Zentralstern verliert.
(Grafik: ESA)

Osiris verliert zudem seine Atmosphäre mit einer gigantisch hohen Rate, so dass er bald seine gesamte Atmosphäre verloren haben sollte. Daher dürfte er zu einer völlig neuen Planetenklasse gehören.

Die Forscher konnten den Gasriesen vor einigen Jahren entdecken, da er direkt zwischen seinem Stern und unserem Sonnensystem hindurchflog – also für uns direkt vor seinem Stern stand. Dadurch ließ sich unter anderem seine Atmosphäre spektral untersuchen. Ein Team um Alfred Vidal-Madjar vom Institut d’Astrophysique de Paris in Frankreich veröffentlichte diese Entdeckung kürzlich in den Astrophyical Journal Letters.
Osiris hatte zu den ersten Exoplaneten gehört, die man entdeckt hatte. Dann konnte man an ihm als ersten Exoplaneten eine Atmosphäre nachweisen. Zuletzt war es jetzt auch möglich, Sauerstoff und Kohlenstoff nachzuweisen. Die aktuelle Entdeckung wurde mithilfe von Hubble-Beobachtungen im Oktober und November 2003 gemacht.

Sauerstoff gehört zu den Indikatoren von Leben, nach dem bei allen astronomischen Planetenuntersuchungen besonders gefahndet wird. Doch Vidal-Madjar schränkt ein: „Natürlich klingt das aufregend – das mögliche Leben auf Osiris – aber es ist nicht wirklich eine große Überraschung, da Sauerstoff auch auf den [lebensfeindlichen] Gasplaneten unseres Sonnensystems, wie Jupiter und Saturn, zu finden ist.“

Allerdings war es auf der anderen Seite doch überraschend, Sauerstoff und Kohlenstoff auf Osiris in so größer Höhe zu entdecken. Denn auf Jupiter und Saturn kommen die Elemente nur in Verbindungen wie Methan oder Wasser in den tieferen Atmosphärenschichten vor. Osiris besitzt diese Elemente in ihrer atomaren Form in den oberen Atmosphärenbereichen, was darauf hindeutet, dass der Planet derzeit seine Lufthülle verliert. Das dürfte auch daran liegen, dass der Planet seinen Stern in sehr kleinem Abstand umkreist und dabei auf über 1000°C aufgeheizt wird.

Anders als der sehr leichte und flüchtige Wasserstoff sind Kohlenstoff und Sauerstoff 16- und 12-mal schwerere Elemente. Gemeinsam mit ihrem Vorkommen in großer Höhe des Planeten konnten die Astronomen eine Geschwindigkeit von mehr als 35.000 Kilometern pro Stunde errechnen, mit der die Teilchen ins All entweichen.

„Wir vermuten, dass sogar noch schwerere Elemente wie Eisen in diesem Stadium ins All geblasen werden“, sagte Teammitglied Alain Lecavelier des Etangs.

Der gesamte Verdampfungsprozess des extrasolaren Gasriesen ist so charakteristisch, dass er zu einer völlig neuen Klasse von Exoplaneten gezählt werden kann: Die Höllenplaneten. Dies sind Planeten, die die Überbleibsel dieser verdampften Gasriesen sind und ihren Zentralstern in direkter Nähe umkreisen. Die Planeten in ihrem Endstadium sollten bald mithilfe von erdgebundenen und Weltraumteleskopen beobachtet werden können.

Die Entdeckung dieses heftigen Verdampfungsprozesses darf zwar als ungewöhnlich gelten, könnte aber indirekt einige Theorien über die Vergangenheit unserer Erde bestätigen. „Es ist eine einmalige Situation, dass wir die planetare Verdampfung direkt beobachten können. Es wurde bereits spekuliert, ob nicht auch Venus, Erde und Mars ihre gesamte ursprüngliche Atmosphäre in ihrer frühen Entwicklungsgeschichte verloren haben könnten. Ihre aktuellen Atmosphären haben ihren Ursprung in Asteroiden- und Kometeneinschlägen und in vulkanischen Gasausbrüchen“, sagte Videl-Madjar.

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