Letzten Monat wurden entscheidende Tests mit einem Aminosäuren-Analysator für den geplanten europäischen ExoMars-Rover erfolgreich abgeschlossen. Das Gerät ist bis zu tausendmal empfindlicher als bisherige Analysatoren.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: UC Berkeley.
Die trockene, staubige, baumlose Weite der Atacama-Wüste in Chile ist der lebloseste, oder besser gesagt: lebens-loseste Ort auf Erden – und das ist genau der Grund, warum Alison Skelley und Richard Mathies mit einem Team von NASA-Wissenschaftlern letzten Monat dort waren. Die Wissenschaftler der Universität von Berkeley in Kalifornien waren sich sicher: Wenn der von ihnen gebaute Mars Organic Analyzer (MOA) in diesem krustigen, ausgedörrten Land Leben nachweisen könnte, dann hätte er auch eine gute Chance, eines Tages auf dem Mars Leben zu finden.
An diesem Ort, der seit Ewigkeiten keinen Käfer oder auch nur einen Grashalm gesehen hat, und mit Temperaturunterschieden, die sie stets entweder frieren oder schwitzen ließen, führte Skelley 340 Tests durch, die bewiesen, dass ihr Instrument eindeutig Aminosäuren nachweisen kann, die Bausteine von Proteinen. Wichtiger noch, konnten sie und Mathies die Vorliebe der irdischen Aminosäuren für Linkshändigkeit nachweisen. Diese so genannte „Homochiralität“ ist ein Kennzeichen des Lebens, das Mathies für entscheidend hält und das auch auf dem Mars geprüft werden muss.
„Wir sind der Ansicht, dass der Nachweis von Homochiralität – das Übergewicht einer Händigkeit über die andere – ein absoluter Beweis für Leben auf dem Mars wäre“, sagte Mathies, Professor für Chemie der Universität Berkeley und Skelleys Forschungsberater. „Wir haben in der marsähnlichsten Umgebung auf der Erde überhaupt gezeigt, dass dieses Instrument tausendmal besser darin ist, Biomarker zu erkennen, als jedes andere Instrument auf dem Mars zuvor.“
Das neue Instrument ist bereits dazu auserkoren, an Bord der europäischen ExoMars-Mission zum Mars zu fliegen. Dieser Rover, Teil des ehrgeizigen Aurora-Programms der ESA, ist derzeit für den Start mit einer Sojus-Rakete im Juni 2011 vorgesehen und soll zwei Jahre später auf dem Mars landen. Ein detaillierter Missionsvorschlag, der von Wissenschaftlern im April erarbeitet wurde, wird den ESA-Mitgliedsstaaten bei einem Treffen auf Ministerebene im Dezember 2005 präsentiert. Der MOA wird in den Mars Organic Detector integriert, der von Wissenschaftlern unter der Leitung von Frank Grunthaner vom JPL in Pasadena zusammen gebaut wird, zusammen mit Jeff Badas Gruppe am Scripps-Inistitut für Ozeanografie der Universität von San Diego.
Skelley, eine Doktorandin, die mit Mathies seit fünf Jahren an Aminosäurendetektion arbeitet und seit zwei Jahren an dem tragbaren MOA-Analysator, hofft, dass sie bei dem Projekt bleibt, wenn es die nächsten sieben Jahre durch die Miniaturisierung und Verbesserung am JPL geht, als Vorbereitung für die endgültige Mission. Letztendlich hoffen sie und Mathies, dass sie selbst diejenige sein wird, die die MOA-Daten analysiert, wenn sie schließlich vom Roten Planeten zurück gefunkt werden.
„Als ich mit dem Projekt angefangen habe, sah ich Fotos der Marsoberfläche und mögliche Zeichen von Wasser, aber die Existenz von flüssigem Wasser war damals nur spekulativ und die Leute hielten es für verrückt, an einem Experiment zum Nachweis von Leben auf dem Mars zu arbeiten“, sagte Skelley. „Aber jetzt fühle ich mich bestätigt, dank der Arbeit der NASA und anderen, die zeigt, dass es einst tatsächlich flüssiges Wasser auf dem Mars gab.“
„Die Verbindung zwischen Wasser und Leben ist sehr stark, und wir denken, dass es gute Chancen gibt, dass es da einige Formen von Leben auf dem Mars gab oder gibt“, sagte Mathies. „Dank Alisons Arbeit sind wir jetzt zur richtigen Zeit in der richtigen Position, das richtige Experiment beizusteuern, das Leben auf dem Mars finden könnte.“
Mathies sagte, dass dieses Experiment das einzige ist, das für ExoMars oder auch für die Mars Science Laboratory-Mission, den nächsten Marsrover der USA, vorgeschlagen wurde und das eindeutig Zeichen von Leben finden könnte. Das Experiment verwendet kapillare elektrophoretische Arrays auf dem neuesten Stand der Sequenzierungstechnik, neuartige Mikroventilsysteme und tragbare Instrumente, die in Mathies‘ Labor erstmals entwickelt wurden, um die Homochiralität von Aminosäuren zu untersuchen. Diese Mikroarrays mit superfeinen Kanälen sind 100- bis 1000mal empfindlicher für die Aminosäurendetektion als das ursprüngliche Lebensdetektionssystem an Bord der Viking-Lander in den 1970er-Jahren.
Die Atacama-Wüste wurde von Wissenschaftlern der NASA als einer der wichtigstenOrte ausgewählt, um Instrumente für den Mars zu testen, hauptsächlich wegen ihres oxydierenden, säurehaltigen Bodens, der der eisenhaltigen, rostrot oxydierten Oberfläche des Mars‘ ähnelt. Skelley und ihre Kollegen Pascale Ehrenfreund, Professorin für Astrochemie an der Universität Leiden in Holland, und der JPL-Wissenschaftler Frank Grunthaner besuchten die Wüste schon letztes Jahr, konnten aber noch nicht den kompletten, zusammen gebauten Analysator testen.
Dieses Jahr brachten Skelley, Mathies und die anderen Teammitglieder die kompletten Analysatoren in drei großen Koffern per Flugzeug nach Chile – allein schon ein kleiner Test für die Robustheit der Systeme – und fuhren sie zu der öden Yunguy-Feldstation, im Wesentlichen ein baufälliger Schuppen an einer menschenleeren Straßenkreuzung. Mit einem lauten Honda-Generator als Stromquelle nahmen sie ihre Experimente in Betrieb und testeten im Team mit sechs weiteren Kollegen den integrierten Extraktor für subkritisches Wasser zusammen mit dem MOA an Proben von beliebten Teststellen wie dem „Felsengarten“ und der „Bodengrube“.
Eine Sache, die ihnen auffiel, war, dass die feinen Kanäle der Kapillarscheiben bei den Proben aus der Atacama-Umgebung mit ihren niedrigen Leveln von organischen Verbindungen, die denen auf dem Mars ja ähneln dürften, nicht so schnell belegt waren wie bei den Testproben aus Berkeley mit ihren hohen bioorganischen Leveln. Das bedeutet, dass sie in dem Instrument, das zum Mars fliegt, weniger Kanäle brauchen werden, und der Scanner, der die Werte ausliest, nicht so ausgeklügelt zu sein braucht. Dies führt zu einem billigeren und leichteren Weg, das Instrument zu bauen, und noch wichtiger, zu einem kleineren Instrument mit niedrigerem Stromverbrauch.
Mit dem Erfolg dieses ausschlaggebenden Feldtests sind Skelley und Mathies nun begierig darauf, an einem Prototyp ihres Instruments zu arbeiten, das in den erlaubten Platz in dem ExoMars-Rover passen würde.
„Ich bin nun noch optimistischer, dass wir Leben auf dem Mars nachweisen könnten, wenn es dort überhaupt welches gibt“, sagte Mathies.