Biomoleküle, die für die Entstehung des irdischen Lebens essentiell sind, wurden unter weltraumähnlichen Bedingungen hergestellt.
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: Nuevo et al., NASA. Vertont von Peter Rittinger.
Damit liefert ein US-amerikanisches Forscherteam ein neues Argument in der Debatte, ob die organischen Bestandteile des Lebens auf der Erde entstanden oder aus dem All hierher gelangten. Über ihr Ergebnis berichtet die Gruppe um Michel Nuevo vom Ames Research Center der NASA in der aktuellen Ausgabe des Journals Astrobiology.
Als Ausgangssubstanz hatten die Wissenschaftler eine Mischung aus Pyrimidin und Wassereis hergestellt. Pyrimidin ist ein einfacher polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoff (PAK), der die biochemische Grundstruktur vieler Nukleinbasen darstellt, den Bausteinen des Erbguts. Die Mischung wurde dann in eine tiefgekühlte Vakuumkammer gegeben und hoher UV-Strahlung ausgesetzt. Schließlich analysierten sie die Produkte des Versuchs in einem hochgenauen Flüssigkeits- und Gaschromatographen. Dabei entdeckten sie Uracil und weitere komplexere organische Moleküle, die sich durch die Strahlungseinwirkung gebildet hatten.
„Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass Uracil abiotisch unter Bedingungen erzeugt werden kann, die man sonst nur im Weltraum findet“, sagte Nuevo. „Diese Laborprozesse, die reale Prozesse im All simulieren, können also die Bausteine erzeugen, die später von lebenden Organismen auf der Erde verwendet werden.“ Das Produkt Uracil ist eine Nukleinbase und gehört damit zu den Grundbausteinen der DNA. So komplexe Moleküle unter lebensfeindlichen Bedingungen bilden zu können, ohne dass sie sich sofort wieder zersetzen, war eine Überraschung für das Forscherteam.
„Ein Molekül wie Pyrimidin besitzt Stickstoffatome in seiner Struktur, wodurch es einigermaßen schwächlich ist. Es kann also schneller zerstört werden als ein Gegenstück ohne Stickstoffatom“, erklärt Scott Sandfort, Wissenschaftler am Ames Research Institute. „Wir wollten ausprobieren, ob Pyrimidin im All überleben kann oder ob es sogar zu noch komplexeren organischen Molekülen reagieren kann, wie etwa zu der Nukleinbase Uracil.“ staubDoch warum zerlegt sich das im All so instabile Pyrimidin nicht sofort, sondern kann zu einem Grundbaustein des Lebens reagieren? Die Forscher vermuten, dass hier das Wasser seine Finger im Spiel hat. Pyrimidin wird in eine Wolke kleiner Wassertröpfchen eingeschlossen, die wie der Atem im Winter kondensiert und an Staubpartikel gebunden werden kann. Nachdem solare UV-Strahlung die Entstehung der Biomoleküle ausgelöst hat, könnten die mit ihrer wertvollen Fracht beladenen Körner weiter in die Staubwolke migriert sein.
Junge Planetensysteme bestehen aus dichten Staubwolken, die UV-Strahlung nur sehr schlecht durchdringen kann. Darin wären die frühen Lebensbausteine nach ihrer Entstehung in Sonnennähe geschützt. Aus den Staubwolken entstehen schließlich Asteroiden, Kometen und Planeten, bestückt mit den Grundbausteinen des Lebens?
Ganz abwegig ist das nicht. – Denn komplexere Biomoleküle wurden bereits auf Meteoriten gefunden. Kohlige Chondrite machen etwa fünf Prozent aller Meteoritenfunde aus. Auf einem von ihnen, dem Murchison-Meteoriten, wurden direkt nach seinem Niedergang Nukleinbasen gefunden, darunter unser alter Bekannter Uracil.
Tellurischer Prolog
Die Erde vor vier Milliarden Jahren: Die Lufttemperatur ist gerade unter den Siedepunkt von Wasser gefallen, die Landmassen sind trocken, leer und öd. Schließlich wurde es kühler und Regen ging nieder, formte erste Pfützen und Seen. Dennoch war der Erdkörper heiß, viel Energie steckte in seiner Atmosphäre und heftige Gewitter gingen nieder. In dieser unwirtlichen Umwelt entstanden die ersten Organismen. Entstanden die ersten Lebensbausteine, als atmosphärische Gase wie Kohlenstoffdioxid und Methan bei einem Blitz zu größeren Molekülen reagierten? Dies zumindest suggeriert das umstrittene Experiment von Stanley Miller und Harold C. Urey von 1953. Vielleicht landete auch ein Meteorit auf dem spärlich gedeckten Esstisch der Evolution.
Raumcon