Langer Marsch 2F

Sie ist die Hauptstütze des chinesischen bemannten Raumfahrtprogramms: Die Langer Marsch 2F startet die bemannten Shenzhou-Kapseln ins All.

Ein Beitrag von Daniel Maurat (19.10.2011, aktualisiert Juni 2013, Rechtschreibkorrektur 30.12.2020). Quelle: CGWIC, China Manned Space Engineering Office.

Start der Raumkapsel Shenzhou 5 auf einer CZ 2F am 15. Oktober 2003.
(Bild: CGWIC)

Geschichte

China begann im Jahr 1992 damit, ein eigenes bemanntes Raumfahrtprogramm aufzubauen, das Programm 921. Dieses beinhaltete den moderaten Ausbau von Kompetenzen wie Kapselbau, Lebenserhaltungssysteme, Startrettungssystemen und vielem mehr. Daraus bildete sich das Shenzhou-Programm, wobei man sich sehr beim russischen Raumfahrzeugsystem Sojus bedient hat. Denn der neuen Shenzhou-Kapsel konnte man die Verwandtschaft mit den russischen Kapseln deutlich ansehen: Sie war etwa 13% größer als die russische Sojus, aber auch moderner ausgestattet, um so den Astronauten mehr Komfort zu geben als es in den russischen Kapseln gab. Zudem war das neue Orbitalmodul nun auch mit Solarzellen ausgestattet und hatte soger ein eigenes Lageregelungssystem, womit diese auch nach dem Abtrennen vom restlichen Raumschiff genutzt werden konnte. Doch brauchte man für diese neue Kapsel einen Träger, der sie starten konnte.

Man kam schnell dazu, die Langer Marsch 2E, auch CZ 2E genannt, als Basis für diesen neuen Träger zu nutzen. Dazu musste man aber zunächst diesen Träger modifizieren, um das neue Shenzhou-System starten zu können. Zunächst wurde die Redundanz der wichtigsten Systeme erhöht, um so die Sicherheit der Crew zu verbessern. Auch wurden eine Reihe von Sensoren eingebaut, die einen Triebwerksschaden sofort erkennen und augenblicklich das Startrettungssystem aktivieren. Neben diesen Änderungen wurde die Zweitstufe strukturell verstärkt, um das Gewicht der immerhin über 8 Tonnen schweren Shenzhou-Kapsel tragen zu können. Die wohl auffälligste Neuerung ist die neue Nutzlastverkleidung: diese ähnelt startk der Sojus und besitzt nun einen Rettungsturm (Launch Abort System, LAS) und vier Leitschaufeln, die die Kapsel im Falle einer Aktivierung des LAS stabilisiere sollen. Eine Besonderheit der Nutzlastverkleidung ist, dass sie auch Teil des LAS ist, denn schon nach etwa 120 Sekunden Flugdauer wird der Rettungsturm abgesprengt. Erst etwa 200 Sekunden nach dem Start wird auch die Nutzlastverkleidung abgetrennt. In diesem Zeitraum von 80 Sekunden würde im Notfall eine Reihe von kleineren Raketen, die an der Nutzlastverkleidung angebracht sind, das Raumschiff von der Rakete wegbringen.

Die erste CZ 2G mit dem Raumlabor Tiangong 1 an Bord,
(Bild: CGWIC)

Nach ihrem dritten Start im Jahr 2002 bekam die Rakete auch einen eigenen Spitznamen: Chinas Präsident Zenan nannte die Rakete Shenjian (chin. für göttlicher Pfeil), da sie bis dahin ohne große Probleme ihre Flüge abwickelte.

Nachdem China 2007 das Tiangong-Programm (auch Projekt 921-2 genannt) verkündete, rätselte man im Westen welcher Träger dieses Raumlabor starten sollte. Einige spekulierten auf die neue CZ 5-Serie, doch ist sie (Stand: Oktober 2011) bis heute noch nicht im Einsatz und wird dies in naher Zukunft auch nicht sein. So fiel das Augenmerk schnell auf Chinas bis dahin stärksten Träger: der CZ 2F. Das Tiangong-Raumlabor ist dabei nur wenig größer als das Shenzhou-Raumschiff und soll nur zur Technologieerwerbung und -Erprobung dienen, weswegen dieser Träger ausreicht, um das Labor zu starten. Doch brauchte man nun keine vor allem durch das LAS schwere Nutzlastverkleidung, sondern konnte einfach eine „einfache“ Nutzlastverkleidung, ähnlich denen der anderen chinesischen Träger, nutzen. So konnte die neue Rakete, die man CZ 2G (auch CZ 2F/G) nannte, mehr Nutzlast in den Erdorbit starten.

Technik

Die CZ 2F ist ein Kind der CZ 2E und hat somit einen ähnlichen Aufbau:

  • Die Booster stammen direkt von der CZ 2E und tragen die Bezeichnung LB-40. Sie sind 15,33 m lang, haben einen Durchmesser von 2,55 m und wiegen voll betankt 41 t. Das einzelne YF-20B-Triebwerk, welches auch in der Erststufe genutzt wird, liefert für 291 Sekunden Brenndauer einen Schub von 740,4 kN pro Booster, also insgesamt 2.961,6 kN Schub. Als Treibstoff nutzt man den bewährten Treibstoffmix aus UDMH (Unsymetrisches Dimethylhydrazin) als Treibstoff und N2O4 (Distickstofftetroxid) als Oxydator.
  • Die Erststufe stammt auch direkt von der CZ 2E und heißt auch L-140. Sie ist 23,7 m lang, hat einen Durchmesser von 3,35 m und wiegt voll betankt 196,5 t. Das aus vier YF-20B bestehende YF-21B-Triebwerk liefert einen Schub von 2.916,6 kN bei einer Brenndauer von 166 Sekunden. Als Treibstoff nutzt man UDMH, als Oxydator N2O4.
  • Die Zweitstufe stammt auch, wie die restlichen Stufen der Rakete, von der CZ 2E, wurde aber strukturell verstärkt, um die Shenzhou-Kapsel aufnehmen zu können. Sie trägt die Bezeichnung L-80. Sie ist 15,53 m lang, hat einen Durchmesser von 3,35 m und wiegt voll betankt 93,15 t. Das Triebwerk vom Typ YF-24B, welches wiederum aus einen Haupttriebwerk YF-22B und vier Verniertriebwerken YF-23B besteht, liefern für 295 Sekunden Brenndauer einen Schub von insgesamt 831 kN. Als Treibstoff nutzt man UDMH, als Oxydator N2O4.
Die Shenzhou 6-Kapsel während der Startvorbereitungen. Sie bildet die Hauptnutzlast der CZ 2F.
(Bild: China Manned Space Engineering Office)

Starts

Gestartet werden die CZ 2F und CZ 2G alle ausnahmslos vom chinesischen Weltraumbahnhof Jiuquan in der Provinz Gansu in der inneren Mongolei. Dazu baute China eigens eine neue Startrampe, eine die sehr „westliche“ Züge hat. Denn auf den ersten Blick erinnert die Startrampe etwas an das Kennedy Space Center in Florida. Das liegt am so genannten Vehicle Assembly Building, in dem bis zu zwei Raketen gleichzeitig zusammengebaut werden können und dann zum eigentlichen Startturm mittels einer Gleisbahn, ähnlich wie das Ariane-System der Europäer, transportiert wird. Das Vehicle Assembly Building hat nicht nur vom Namen her Ähnlichkeiten mit seinem amerikanischen Pendant in Florida, auch sieht es aus wie eine Kopie des Originals. Aber auch die Trennung von Montageplatz und Startplatz ist für China ungewöhnlich, da zumeist (ähnlich der amerikanischen Delta II oder Delta IV) auf der Startplattform montiert, der Montageturm weggefahren und die Rakete gestartet wird.

Insgesamt gab es seit 1999 (Stand: Juni 2013) elf Starts der CZ 2F und der CZ 2G, zehn Mal die CZ 2F und einmal die CZ 2G. Dabei starteten zehn Shenzhou– Kapseln, wovon fünf bemannt waren, sowie die erste chinesische „Raumstation“, Tiangong 1.

Dabei gab es am 15. Oktober 2003 das größte Debut für China, als eine CZ 2F das Raumschiff Shenzhou 5 startete. An Bord war der erste Chinese im All, der Luftwaffenpilot Yang Liwei, der China nach Russland und den USA zur dritten Nation machte, die eigenständig Raumfahrer starten können. Nach etwas mehr als einem Tag im Orbit landete er wieder sicher auf der Erde und wurde als Held empfangen.

Am 12. Oktober 2005 folgte Chinas nächster Streich, als Shenzhou 6 gestartet wurde. Dabei starteten die beiden Taikonauten Fai Julong und Nie Haisheng, die einen mehrtägigen Aufenthalt im Orbit hatten und eine Reihe von Tests und Experimenten durchführten.

Der dritte bemannte Flug startete am 25. September 2008, kurz nach dem Ende der Olympischen Spiele in Peking. Die Hauptaufgabe der Besatzung, bestehend aus Zhai Zhigang, Liu Boming und Jing Haipeng, bestand darin, die erste chinesische EVA (engl. Extra Vehicular Activity für Außenbordaktivität) durchzuführen. Dazu wurde das Orbitalmodul zu einer luftschleuse umgebaut, wovon aus Zhai und Liu in den Weltraum ausstiegen. Das große Öffentlichkeitsinteresse, auch in den westlichen Ländern, machte die Mission für China zu einem großen Propagandaerfolg.

Die Raumstation Taingong 1 im Orbit. Im Anflug eine Shenzhou-Kapsel.
(Bild: China Manned Space Engineering Office)

Der bisher einzige Start einer CZ 2G fand am 29. September 2011 am. Dabei startete man Chinas erste Raumstation, Tiangong 1. Diese wird vor allem der Technologieerprobung und der Erlernung des Stationsbetriebes dienen. Dabei hat man ein neues Orbitalmodul gebaut und dieses auf ein modifiziertes Servicemodul der Shenzhou-Kapseln gesetzt. In den nächsten Jahren werden noch zwei Nachfolgestationen kommen, die Tiangong 1 äußerlich gleichen werden, aber trotzdem deutlich fortgeschrittener sein werden als ihr Vorgänger. Danach will China eine eigene modulare Raumstation starten.

Am 31. Oktober 2011 um 22:58 Uhr MEZ (in China schon 1. November 5:58 Uhr Ortszeit) startete wieder eine CZ 2F ins All. Nutzlast war das unbemannte Raumschiff Shenzhou 8, welches die Aufgabe hatte, das erste chinesische Kopplungsmanöver mit der einen Monat zuvor gestarteten Raumstation Tiangong 1 durchzuführen. Auch dieser Start verlief erfolgreich. An Bord war auch das deutsch-chinesische Gemeinschaftsprojekt SIMBOX, mit dem biologische Proben im Weltraum untersucht wurden.

Knapp ein dreiviertel Jahr später, am 16. Juni 2012, startete mit Shenzhou 9 erstmals seit vier Jahren wieder ein bemanntes chinesisches Raumschiff in den Weltraum. An Bord befanden sich die Taikonauten Jing Haiping, Liu Wang und Liu Yang, wobei mit Yang die erste Chinesin und mit Jing der erste Chinese mit mehr als einem Raumflug in den Weltraum flogen. Sie sammelten auf Tiangong 1 erste Erfahrungen mit dem Betrieb einer Raumstation und lebten dort für 13 Tage, bevor sie wieder auf der Erde landeten.

Am 11. Juni 2013 dann, also etwas weniger als ein Jahr später, startete erneut ein Shenzhou-Raumschiff in den Erdorbit. Shenzhou 10 mit den Taikonauten Nie Haisheng, Zhang Xiaoguang und Wang Yaping, der zweiten Chinesin im All, erneut zu Tiangong 1. Dort sollen sie die Arbeit weiterführen, welche von der Besatzung von Shenzhou 9 begonnen wurde.

Zukunft

Die Tage für die CZ 2F sind wohl gezählt. Nachdem erst die neue chinesische Trägerfamilie um die Träger CZ 5, CZ 6 und CZ 7 im Einsatz sein wird, werden die bisherigen Trägersysteme CZ 2, CZ 3 und CZ 4 ausgemustert. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass die Treibstoffe dieser Träger hoch toxisch sind und so nicht sehr beliebt im Betrieb sind. Dazu gehört auch die CZ 2F, die von der CZ 7 in ihrer Aufgabe als Träger für die Shenzhou-Kapseln ersetzt werden soll. Dies kann aber noch einige Jahre dauern, da nicht ganz sicher ist, wann die CZ 7 eingeführt werden soll.

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