Kryovulkanismus auf Titan, Kryotektonik auf Enceladus

Daten mehrerer Titanvorbeiflüge der Saturnsonde Cassini haben Forscher bestärkt, die glauben, dass es auf dem Saturnmond Kryovulkane gibt. Auch zur Kryotektonik auf Enceladus gibt es neue Daten und Erkenntnisse.

Ein Beitrag von Daniel Schiller und Axel Orth. Quelle: NASA/JPL.

NASA/JPL
Radarbild eines Teils der Region 2
(Bild: NASA/JPL)

Kryovulkane sind (hypothetische) Gebilde, welche anstelle von Lave und Magma sehr kalte, flüchtige Bestandteile wie Ammoniak, Wasser oder Methan ausspeien. Daten aus mehreren Cassini-Überflügen könnten auf die Existenz dieser Vulkane hinweisen. Man hat eine Art kalte Dunstglocke über „Abfluss“-Gebieten entdeckt. Aus dem Vergleich mehrerer Überflugsdaten hat man auf Veränderungen in diesen Gebieten geschlossen, was auf Aktivität auf oder unter der Oberfläche hindeutet.

In zwei möglichen Regionen hat man zwischen in den Jahren von 2004 bis 2006 Veränderungen des Reflexionsverhalten und der Helligkeit im sichtbaren und Infrarotbereich festgestellt. Gleichzeitig wurde an einer der beiden Stellen gefrorenes Ammoniak in großen Mengen auf der Oberfläche entdeckt als diese als „aktiv“ eingestuft wurde. Normalerweise soll Ammoniak vor allem im Untergrund des Titan liegen.

Auch Methan könnte so aus dem Inneren in die Atmosphäre „nachgeschoben“ werden. Dies könnte erklären, warum die organischen Bestandteile der Atmosphäre noch nicht ausgegangen sind.

Die Ammoniaksignaturen in den Spektraldaten sind aber noch nicht gesichert. Außerdem könnte der Helligkeitswechsel durch vorübergehenden „Bodennebel“ aus Ethantröpfchen entstehen, also einem rein atmosphärischen Wetterprozess. In diesem Fall sollte sich der Zustand aber dynamischer verhalten, also schneller in Größe und Position wechseln.

Enceladus
Auch von Enceladus gibt es neue Hinweise dafür, dass sich dessen Oberfläche, insbesondere die „Tigerstreifen“-Region am Südpol, mit der Zeit verändert. Man könnte hier von einer „Kryotektonik“ sprechen: Die Tigerstreifen, lange Brüche in der Eiskruste des Mondes, werden von den Wissenschaftlern mittlerweile mit mittelozeanischen Rücken auf der Erde verglichen – den Spalten auf dem Meeresgrund zwischen den Kontinenten, an denen die Kontinentalplatten auseinander wachsen und an einigen Stellen flüssige Lava ins Meerwasser austritt. Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen Erde und Enceladus ist allerdings, dass sich die tektonische Bewegung auf Enceladus fast nur in eine Richtung ausbreitet. Eine solche „unsymmetrische Spreizung“ ist auf der Erde unbekannt und es ist noch unklar, wie sie auf Enceladus zustande kommen könnte.

NASA/JPL/University of Arizona
Deutlich erkennbare Bruchlinien auf Enceladus
(Bild: NASA/JPL/University of Arizona)

Neue Bildauswertungen der unmittelbaren Umgebung jener Stellen, an denen die Geysire der Südpolregion zu Tage treten, unterstützen eine Vermutung der Cassini-Wissenschaftler: Der von den Geysiren ausgestoßene Wasserdampf kondensiert zu Eis, fällt zum Teil zurück zur Oberfläche – und scheint dort mit der Zeit die Austrittsöffnungen zu verstopfen, so dass der austretende Wasserdampf ständig gezwungen ist, sich neue Öffnungen zu suchen. Es mag sein, dass die Geysire mit der Zeit entlang der Spalten hin und her wandern und man sich die gesamte Spaltenumgebung als von einer mächtigen Schneedecke bedeckt vorstellen muss.
Jener Anteil des Wasserdampfs, der nicht zurück auf Enceladus fällt, tritt hingegen in einen Saturnorbit ein, wird also über kurz oder lang Bestandteil des Ringsystems. Man weiß natürlich nicht, wie lange die Enceladus-Geysire schon zum Bestand der Saturnringe beitragen. Früher galten die Saturnringe als instabile Erscheinung und es gab Spekulationen, dass sie sich nur über eine geologisch kurze Zeit würden halten können. Vielleicht wäre das auch der Fall, wenn die Geysire auf Enceladus nicht ständig frisches Material nachliefern würden?

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