Kommunikation mit der Erde

Die Kommunikation mit einer interplanetaren Raumsonde ist ein komplexes Unterfangen. Lesen Sie hier, wie die Bodenkontrolle der ESA in Darmstadt mit Venus Express kommuniziert.

Autor: Michael Stein.

Auf dieser Detailaufnahme von Venus Express ist deutlich die kleine kreisrunde 30 cm-Hauptantenne zu sehen, die entgegengesetzt zur großen Hauptantenne (mit Goldfolie überzogener Kreisausschnitt dahinter) ausgerichtet ist.
(Foto: ESA)

Bei jeder interplanetaren Forschungsmission gibt es einige Missionsphasen, in denen eine intensive Kommunikation zwischen Bodenstation und Raumsonde besonders wichtig ist. Im Fall von Venus Express zählen hierzu die Startphase sowie das Einschwenken der Raumsonde in einen Orbit um die Venus. Doch natürlich ist auch in den übrigen Zeiten eine regelmäßige Kommunikation mit der Raumsonde notwendig, um über den aktuellen Zustand informiert zu sein, Anweisungen an das Raumfahrzeug senden und Beobachtungsdaten zur Erde übermitteln zu können. Angesichts immer besserer Beobachtungsinstrumente erweist sich die Telekommunikation zunehmend als „Flaschenhals“, der die Anzahl der von einer Raumsonde lieferbaren Nutzdaten begrenzt.

Für Venus Express war der 28. September 2005 ein wichtiges Datum. An diesem Tag befand sich die Raumsonde zwar noch auf der Erde und wurde in Baikonur gerade mit Treibstoff beladen, vor allem aber wurde zur selben Zeit einige tausend Kilometer weiter westlich die zweite Deep Space-Bodenstation der europäischen Raumfahrtagentur ESA in Cebreros unweit von Madrid offiziell in Betrieb genommen. Bis zur Jahrtausendwende waren interplanetare Kommunikationsmöglichkeiten für die europäische Raumfahrt nicht erforderlich: In den seltenen Fällen, wo eine Raumsonde aus Europa sich wie beispielsweise Giotto 1986 im interplanetaren Raum bewegte, wurde die NASA mit ihren drei Deep Space-Bodenstationen um Unterstützung gebeten. Mit Mars Express begann vor zwei Jahren dann jedoch ein ambitioniertes Forschungsprogramm der ESA, dass mehrere interplanetare Raumsonden beinhaltet und somit den Aufbau einer eigenen Infrastruktur für die Kommunikation mit interplanetaren Raumsonden notwendig machte. Während die erste derartige Bodenstation der ESA, die rechtzeitig vor dem Start von Mars Express im Sommer 2003 in New Norcia (Australien) in Betrieb ging, bisher vor allem mit der Kommunikation mit der europäischen Marssonde sowie der Kometensonde Rosetta beschäftigt ist, wird Venus Express die Kommunikation mit der Erde routinemäßig über die zweite Deep Space-Bodenstation Cebreros abwickeln.

Beim Start von Venus Express war Cebreros noch nicht mit im Spiel, dafür jedoch gleich sechs andere Bodenstationen: Die ESA-Stationen in Perth (15 Meter-Antenne) und New Norcia (35 Meter-Antenne) in Australien, je eine 26 und 34 Meter-Antenne der NASA-Station Canberra (ebenfalls Australien), die ESA-Station beim europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Südamerika und schließlich noch eine 34 Meter-Antenne der NASA-Station in Goldstone (Kalifornien). Diese Vielzahl an eingebundenen Bodenstationen sollte sicherstellen, dass zur Sojus-Trägerrakete beziehungsweise – nach Abschluss der unmittelbaren Startphase – zu Venus Express mit möglichst geringen Unterbrechungen Funkkontakt bestand. Rund eine Stunde nach dem Start am 9. November 2005, als sich die Raumsonde von der Fregat-Oberstufe gelöst hatte, begannen vier Antennen damit, nach dem ersten Funksignal von Venus Express zu suchen, das zur Erleichterung des Bodenmannschaft auch relativ schnell entdeckt werden konnte. Vor allem die kleinere 15 Meter-Antenne der ESA in Perth war für diese Aufgabe prädestiniert, da sie ein weiteres „Blickfeld“ als die großen Antennen hat. Nachdem die genaue Position der Sonde ermittelt war übernahm die Bodenstation New Norcia der ESA zunächst die weitere Kommunikation.

In den ersten Tagen nach dem Start verlief die Kommunikation mit der Raumsonde noch über die beiden so genannten Niedriggewinn-Antennen des Orbiters. Dabei handelt es sich um ungerichtet sendende Antennen, deren Signale aus diesem Grund zwar nur mit wenig Leistung auf der Erde eintreffen, die dafür aber auch keine exakte Ausrichtung Richtung Erde erfordern – anders als die beiden Hauptantennen von Venus Express, die als Parabolantennen realisiert sind und eine exakte Ausrichtung zur Erde hin erfordern. Im Gegensatz zur „Schwestersonde“ Mars Express verfügt die europäische Venussonde über zwei parabolförmige Hauptantennen, eine mit 1,3 Metern und eine zweite mit 30 Zentimetern Durchmesser, die entgegengesetzt ausgerichtet sind. Der Grund für dieses ungewöhnliche Kommunikationssystem liegt darin, dass die mit den Beobachtungsinstrumenten bestückte Außenseite des Orbiters nie in Richtung Sonne zeigen darf, um keine Schäden an den teilweise sehr empfindlichen Instrumenten hervorzurufen. Da die Venus sich innerhalb der Umlaufbahn der Erde um die Sonne bewegt und die Hauptantennen starr an der Raumsonde angebracht sind mussten zwei Exemplare eingeplant werden, um ständig mit einer Hauptantenne Richtung Erde senden zu können. Die kleinere der beiden Antennen kommt dabei immer dann zum Einsatz, wenn Erde und Venus sich annähern.

Während der Reise zur Venus wird die Kommunikation mit der Raumsonde nach den ersten fünf Tagen über die 30 Zentimeter durchmessende Hauptantenne abgewickelt. Sobald Venus Express seine Umlaufbahn um den Planeten erreicht hat wird der Funkverkehr Richtung Erde dann wie beschrieben in Abhängigkeit von der Planetenposition über die beiden Hauptantennen im so genannten X-Band mit einer Datenrate von bis zu 262 kBit/Sekunde abgewickelt. Die Befehle für den Orbiter werden mit deutlich geringerer Geschwindigkeit von bis zu 7,8 kBit/Sekunde von Cebreros aus übermittelt, was jedoch angesichts des geringen Datenvolumens absolut ausreichend ist. Die verwendeten Funkfrequenzen liegen dabei für den Downlink (= Datenübertragung zur Erde) bei 8,419 GHz und für den Uplink zur Raumsonde bei 7,166 GHz.

Die Intensität der Funksignale, die mit nur wenigen Watt Leistung von Venus Express abgestrahlt werden, ist beim Empfang durch die riesigen Parabolantennen der Bodenstationen geradezu unvorstellbar gering. Nur wenige Pikowatt (d.h. wenige billionstel Watt!) können von den auf extrem tiefe Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlten Empfängern und Verstärkern der Bodenstation aufgefangen werden. Von der ESA-Bodenstation Cebreros aus gelangen die empfangenen Signale dann weiter zum europäischen Raumkontrollzentrum ESOC (= European Space Operartion Center) nach Darmstadt, um weiter verarbeitet und letztendlich als Nutzdaten an die für die einzelnen Beobachtungsinstrumente zuständigen Forscherteams weitergeleitet zu werden.

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