Kometensonde Rosetta hat ihr Ziel im Blick der Kamera

Die Raumsonde Rosetta befindet sich auch weiterhin in der Anflugphase zu dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko. Erst kürzlich fertigte die Hauptkamera von Rosetta mehrere Aufnahmen ihres zukünftigen Ziels an. Auch der mitgeführte Lander Philae wurde mittlerweile reaktiviert und liefert seitdem Telemetriewerte.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA, DLR, FU Berlin.

ESA 2014, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA
Diese Aufnahme der WAC-Kamera des OSIRIS-Kamerasystrems zeigt den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko vor dem Hintergrund des Sternbildes Ophiuchus (Schlangenträger). Die abgebildete Region gibt einen Bereich wieder, der in etwa 25-mal so groß ist wie der Durchmesser des Vollmondes. Das Farbkomposit zeigt im Hintergrund kosmisches Wasserstoffgas und Staubwolken. Der weiße Rahmen gibt die Abmessungen einer Nahaufnahme an, welche nur wenige Stunden später mit der Telekamera (NAC) von OSIRIS aufgenommen wurde. Das Foto entstand aus einer Distanz von etwa fünf Millionen Kilometern zu dem Kometen. Rosetta befand sich zu diesem Zeitpunkt etwa 660 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Die Signallaufzeit für die Übertragung der Daten betrug dementsprechend rund 37 Minuten.
(Bild: ESA 2014, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA)

Bereits am 20. Januar 2014 beendete die von der Europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Raumsonde Rosetta ihren 957 Tage andauernden „Winterschlaf“ und steht seitdem in einer regelmäßigen Verbindung mit ihrem Kontrollzentrum am ESOC in Darmstadt. Während der letzten Wochen erfolgte dabei die schrittweise Wiederinbetriebnahme der Raumsonde. Neben den verschiedenen Hardwarekomponenten wurden und werden dabei derzeit auch die verschiedenen Instrumente von Rosetta und des mitgeführten Kometenlanders Philae ausführlich getestet, kalibriert und anschließend aktiviert.

OSIRIS ist bereit
Als erstes wurden die damit verbundenen Arbeiten bei der OSIRIS-Kamera, der vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) entwickelten und betriebenen Hauptkamera der Raumsonde, beendet. Am 20. und 21. März fertigte diese Kamera dann auch die ersten Aufnahmen des Ziels der Mission seit dem „Wiedererwachen“ an, wobei sowohl das Weitwinkel- als auch das Teleobjektiv von OSIRIS zum Einsatz kamen.

Aufgrund der immer noch großen Entfernung von etwa fünf Millionen Kilometern zu dem Kometen – dies entspricht in etwa dem 13fachen Abstand zwischen Erde und Mond – ist der Komet selbst auf dem Telefoto nur als ein lichtschwaches Pünktchen mit einer Ausdehnung von etwa einem Pixel erkennbar, welches vor dem mit Sternen übersättigten Hintergrund kaum auffällt. Um genügend Licht des noch fernen Schweifsterns, dessen Kern über einen Durchmesser von geschätzten lediglich vier Kilometern verfügen dürfte, einzusammeln, musste eine Fotoserie mit Belichtungszeiten zwischen 60 und 300 Sekunden durchgeführt werden.

Laut Holger Sierks, dem wissenschaftlicher Leiter des OSIRIS-Teams vom MPS in Göttingen, hat das Kamerasystem seine lange „Auszeit“ jedoch offenbar gut überstanden und funktioniert wie erwartet.

„Nach zehnjähriger Anreise durchs All nun endlich unser Ziel vor uns zu sehen, ist ein unbeschreibliches Gefühl“, so Holger Sierks. „Diese ersten Bilder, die aus einer solch riesigen Entfernung gelungen sind, zeigen uns, dass OSIRIS für das bevorstehende Abenteuer gerüstet ist. Schon bald werden wir verfolgen können, wie die Aktivität des Kometen erwacht.“

ESA 2014, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA
Ein Ausschnitt aus dem NAC-Bild vom 21. März 2014. Der kleine Kreis neben dem hellen Sternhaufen Messier 107 (kurz M 107) markiert den Kometen.
(Bild: ESA 2014, MPS for OSIRIS-Team MPS, UPD, LAM, IAA, SSO, INTA, UPM, DASP, IDA)

Auch in den kommenden Wochen und Monaten wird die OSIRIS-Kamera zunehmend detailreicher ausfallende Einblicke in eine bisher vollkommen unbekannte und somit für die Menschheit neue Welt ermöglichen. Zunächst werden die Aufnahmen den beteiligten Wissenschaftlern dabei helfen, die aktuelle, immer weiter zunehmende Aktivität des Kometen anhand seiner Helligkeit abzuschätzen. Voraussichtlich ab Mitte Juli lassen die OSIRIS-Aufnahmen dann bereits die Form und Gestalt des Kometen erkennen. Im weiteren Verlauf der Mission wird das Kamerasystem erst nur grobe, schließlich auch feine Strukturen in der Koma des Kometen sichtbar machen sowie die Untersuchung der Topografie und der detaillierten Beschaffenheit seiner Oberfläche ermöglichen.

Auch der Lander Philae ist reaktiviert
Bei seinem ersten Blick auf die kürzlich angefertigten Aufnahmen des Zielkometen wagte Matt Taylor vom ESTEC im niederländischen Noordwijk, der Projektwissenschaftler der Rosetta-Mission, auch gleichzeitig einen kurzen Blick in die Zukunft: „Ein toller Start für die Inbetriebnahme unserer Instrumente. Bis zur Ankunft am Kometen sind es nur noch wenige Monate und wir freuen uns darauf, bald wieder alle elf Instrumente und den Philae-Lander einsatzbereit zu haben.“
Der Kometenlander Philae wurde im Rahmen der „Check-Out-Phase“ von Rosetta bereits am 28. März erfolgreich reaktiviert. Ab dem Sommer wird die OSIRIS-Kamera dazu dienen, um das endgültige Landegebiet des Landers festzulegen, welcher sich sehr wahrscheinlich auf der südlichen Hemisphäre des Kometen befinden wird. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll die Landung von Philae am 11. November 2014 erfolgen. Die derzeit aktuellen Telemetriewerte von dem Lander können Sie auf der entsprechenden Internetseite des Lander-Kontrollzentrums MUSC (kurz für „Microgravity User Support Center“) des DLR in Köln verfolgen.

ESA, Harald Jeszenszky
Im Rahmen eines passiven Checkouts zeigte sich, dass auch das Instrument MIDAS die Hibernation der Raumsonde gut überstanden hat. Mittlerweile wurde dem Instrument ein Upgrade für dessen Betriebssoftware übermittelt.
(Bild: ESA, Harald Jeszenszky)

Annäherung
Ab Mai wird die Spannung dann noch einmal weiter steigen, denn ab dann soll im Rahmen einer Reihe von mehreren kritische Kurskorrekturmanöver die Flugbahn von Rosetta soweit verändert werden, dass die Raumsonde auf einen korrekten Kurs für ein Rendezvous mit den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko gerät. Mit ihrem momentanen Kurs würde Rosetta den Kometen um etwa 50.000 Kilometer verfehlen und dessen Kern mit einer relativen Geschwindigkeit von 800 Metern pro Sekunde passieren.

Durch die vorgesehenen Schubmanöver soll nicht nur die Entfernung auf einen Wert von etwa 100 Kilometern sondern auch die Geschwindigkeit relativ zu dem Kometen auf einen Meter pro Sekunde gesenkt werden. Die entsprechenden Kommandosequenzen werden von dem Rosetta-Flugkontrollteam am Darmstädter ESOC-Zentrum ausgearbeitet und anschließend von den verschiedenen Kommunikationsstationen des ESTRACK der ESA und des Deep Space Network der NASA an die Raumsonde weitergeleitet.

Bis dahin werden voraussichtlich auch alle elf Instrumente der Raumsonde und die weiteren zehn Instrumente des Landers Philae voll einsatzfähig sein. Erst kürzlich wurde dem am 26. März reaktivierten Instrument MIDAS – einem hochauflösenden Rastersondenmikroskop, welches die Struktur kleiner Staubpartikel abbilden kann – ein neues Software-Upgrade übermittelt. Bereits in Kürze wird das jetzt mit einer aktualisierten Software ausgestattete Instrument seine ersten Messungen durchführen.

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