Klimawandel betrifft auch die äußerste Atmosphäre

Ein Team von US-Forschern prognostiziert eine Verdünnung der Thermosphäre um bis zu drei Prozent innerhalb der nächsten zehn Jahre. Grund ist vor allem, wie auch im Falle der rückgängigen Ozonschicht, die erhöhte Kohlendioxidkonzentration.

Ein Beitrag von Julian Schlund. Quelle: UCAR. Vertont von Julian Schlund.

„Wir sehen, wie sich der Klimawandel sowohl in der unteren als auch in der oberen Atmosphäre vollzieht“, zitiert das National Center for Atmospheric Research der USA den hauseigenen Wissenschaftler Stan Solomon, der sich kürzlich als Co-Autor an einer neuen Studie beteiligt hat, an der Forscher verschiedenster Institute teilnahmen.

Als Ursache nennt Solomon den weitreichenden Einfluss der Treibhausgase auf die Natur.

UCAR
Stan Solomon, Wissenschaftler am NCAR
(Bild: Carlye Calvin / UCAR)

Auch die Thermosphäre als oberste Schicht unserer Atmosphäre ist von konkreten Folgen der dort unnatürlich hohen Kohlendioxidkonzentration scheinbar nicht ausgeschlossen. Dies geht aus den vorhin angesprochenen, neuesten Studien von Wissenschaftlern hervor, die anhand der Beobachtung von Satillitenumlaufbahnen Rückschlüsse auf etwaige Veränderungen in der Thermosphäre ziehen konnten. Das Ergebnis: die Dichte der Thermosphäre, die rund 95 Kilometer über der Erdoberfläche beginnt und bis knapp 650 Kilometer hinaufreicht, ist am Abnehmen. Daraufhin erstellte Hochrechnungen besagen eine ungefähre Verringerung der Thermosphärendichte um drei Prozent bis zum Jahr 2017.

Warum das Abkühlen der Thermosphäre ein Zeichen globaler Erwärmung ist
Kohlendioxid kühlt die Thermosphäre ab, wenngleich es auf die Troposphäre, also die oberflächennahe Atmosphärenschicht, bekanntermaßen einen erwärmenden Effekt besitzt. Dieses Paradoxon lässt sich ganz einfach durch die abnehmende Dichte der Atmosphäre mit steigender Höhenlage erklären: nahe der Erdoberfläche absorbiert Kohlendioxid die der Erde entweichende Wärmestrahlung. Bevor die CO2-Moleküle nun aber die höheren Atmosphärenschichten erreichen, wo sie die aufgenommene Energie wieder in den Weltraum abgeben können, kollidieren sie noch in der unteren Atmosphäre mit anderen Molekülen, die sie zur Wiederfreigabe der gespeicherten Energie in Form von Wärmestrahlung zwingen. Die Folge ist einleuchtend: Erwärmung.

Wikipedia
Die Erdatmosphäre
(Bild: Wikipedia)

In der Thermosphäre, die eine wesentlich geringere Dichte aufweist als die unteren Atmosphärenschichten, kehrt sich der Prozess um: das CO2-Molekül absorbiert auch hier Energie, etwa, wenn es mit einem Sauerstoff-Molekül zusammenstößt. Nun hat es wegen der – wie gesagt – sehr geringen Dichte in dieser Atmosphärenschicht allerdings genügend Zeit, seine Energie ins All abzustrahlen, bevor eine erneute Kollision stattfindet. Die Folge ist ein abkühlender Effekt, gleichzeitig mit einem leichten Absinken der Thermosphäre nach unten.
Zyklische Sonnenaktivität
Einfluss auf die Thermosphäre hat auch der sogenannte 11-Jahres-Zyklus, der bezüglich der Sonnenaktivität festzustellen ist. Während der aktiven Phase dieses Zyklus‘ treffen UV-Strahlung und geladene Partikel verstärkt auf unseren Planeten, was eine Erwärmung und Ausdehnung der Thermosphäre zur Folge hat. Umgekehrt kühlt sich die Thermosphäre ab, wenn die Sonnenaktivität abnimmt. Dieser Vorgang hat eine so große Auswirkung auf die Thermosphäre, dass der Rückgang letzterer bei einem Aktivitätsminimum vier Mal so groß wäre als im Falle eines Aktivitätsmaximums der Sonne.

Einfluss auf Satelliten
Viele Satelliten, aber auch die ISS und das Hubble Space Telescope, befinden sich in einer sehr erdnahen Umlaufbahn in einer Höhe von lediglich drei- bis fünfhundert Kilometern. Im Laufe der Zeit werden die Satelliten mehr und mehr durch die obere Atmosphäre gebremst und verlieren dabei an Höhe. Ausschlaggebend für die Größe dieses Einflusses sind wiederum jene thermosphärischen Dichteschwankungen, wegen der sich die Satellitenplaner nach besseren Vorhersagemöglichkeiten letzterer sehnen.
Genau hier knüpfte nun die nächste Aufgabe für das US-Forscherteam an: ihr „NCAR“-Modell in die Kalkulationen für den nächsten solaren Zyklus bestmöglich einzubetten, um die Prognosen über thermosphärische Veränderungen zu perfektionieren, die für die Raumfahrtindustrie von so entscheidender Bedeutung sind.

Nach erfolgreichem Verknüpfen der beiden Faktoren zu einer Gesamtrelation kam man schließlich auf einen Rückgang in der thermosphärischen Dichte um circa drei Prozent als Hochrechnung bis zum Jahr 2017. Kurz: die oberste Atmosphäre wird sich in den nächsten zehn Jahren um drei Prozent „verdünnen“.

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