Kleine Asteroiden sind wohl jung

Das vor zwei Jahren durchgeführte Einschlagsexperiment der japanischen Hayabusa 2-Mission auf dem Asteroiden Ryugu hat einen unerwartet großen Krater erzeugt. Einem Team unter der Leitung der Universität Bern und des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS gelang es nun, anhand von Simulationen neue Erkenntnisse aus dem Experiment zur Entstehung und Entwicklung von Asteroiden zu gewinnen. Diese sind auch wichtig für die DART-Mission der NASA. Eine Medienmitteilung der Universität Bern.

Quelle: Universität Bern 30. November 2022.

Simulation des SCI impact. a) – c) Snapshots der Simulation bei verschiedenen Zeiten. Bei t = 1200s ist die Kraterentwicklung zu Ende. d) SCI Krater auf Asteroid Ryugu. Die wesentlichen Eigenschaften des beobachteten Kraters, einschließlich der Verschiebung der Felsen, werden in der Simulation reproduziert. (Bild: zvg / Courtesy of Martin Jutzi)

30. November 2022 – Die Datierung der Oberflächen von Himmelskörpern erfolgt durch das Zählen der Größe und Häufigkeit von Kratern. Diese Altersschätzungen können sehr ungenau sein, da man nicht weiß, wie das Material der Oberfläche eines Asteroiden auf einen Einschlag von einem anderen Himmelskörper reagiert. Um die Geschichte des Asteroiden Ryugu zu erforschen, wurde die Raumsonde Hayabusa 2 entwickelt, die auch Proben gesammelt und sie zur Laboranalyse zur Erde zurückgebracht hat.

Beteiligt am Projekt sind Dr. Martin Jutzi und Dr. Sabina Raducan, beide vom Physikalischen Institut der Universität Bern, Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie (WP) und Mitglieder beim Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS. In einer Studie, die soeben in Nature Communications erschienen ist, präsentiert das Team unter ihrer Leitung neue Erkenntnisse zur Entstehung und Entwicklung von Asteroiden.

PD Dr. Martin Jutzi Physikalisches Institut, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) und NFS PlanetS, Universität Bern. (Bild: zvg / Courtesy of Martin Jutzi)

Kraterbildungsgesetze helfen bei der Datierung von Asteroiden
Zur Erkundung der Asteroideneigenschaften wurde im Rahmen der Weltraummission Hayabusa 2 ein Small Carry-on Impactor auf die Oberfläche des Asteroiden Ryugu geschossen. «Der durch den Einschlag erzeugte Krater erwies sich als viel grösser als erwartet. Wir haben also versucht, das Ergebnis des Einschlags auf Ryugu anhand von Simulationen zu reproduzieren, um herauszufinden, welche Eigenschaften das Material auf der Oberfläche des Asteroiden haben muss», erklärt Martin Jutzi.

Die Beschaffenheit und die Größe eines Einschlagkraters auf einem Asteroiden werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Zum einen durch die spezifischen Eigenschaften des Projektils, zum anderen durch die Eigenschaften des Asteroiden, beispielsweise dessen Festigkeit oder Schwerkraft. «Die Größe und Beschaffenheit des Kraters, der aus dem Einschlag resultiert, kann eine direkte Diagnose der Materialeigenschaften und der oberflächennahen Struktur des Asteroiden liefern», sagt Jutzi. Die Untersuchung des Kraterbildungsprozesses habe daher wichtige Auswirkungen auf das Verständnis der geologischen und geophysikalischen Entwicklung von Asteroiden.

Dr. Sabina Raducan Physikalisches Institut, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) und NFS PlanetS, Universität. (Bild: zvg / Courtesy of Sabina Raducan)

«Wie Kraterbildung bei niedriger Schwerkraft funktioniert, blieb bisher weitgehend unerforscht. Das liegt daran, dass diese Einschlagsbedingungen in Laborexperimenten auf der Erde nicht nachgebildet werden können», sagt Sabina Raducan, die das Projekt gemeinsam mit Martin Jutzi leitet. Die Forschenden zeigen, dass der Asteroid wahrscheinlich eine sehr lockere innere Struktur hat und nur durch sehr kleine Kohäsionskräfte und Gravitationswechselwirkungen zusammengehalten wird. «Geht man von diesen Bedingungen aus, sind wir in der Lage, mit unseren numerischen Simulationen das Ergebnis des Einschlags auf Ryugu zu reproduzieren», so Raducan.

Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Beziehungen zwischen den Projektil-Eigenschaften und Kratergröße deuten darauf hin, dass die Oberflächen kleiner Asteroiden sehr jung sein müssen. «Unsere Ergebnisse zeigen zudem, dass eine geringe Kohäsion die Kraterbildung stark beeinflussen kann. Auf Ryugu gibt es verschiedene geologische Oberflächeneinheiten, die ein unterschiedliches Alter haben. Dies könnte auf den Einfluss der Kohäsion zurückzuführen sein», ergänzt Jutzi.

Wichtige Erkenntnisse für DART
Die Arbeit von Jutzi und Raducan ist auch wichtig für die NASA-Mission «Double Asteroid Redirection Test» (DART), an der die beiden ebenfalls beteiligt sind. DART ist der weltweit erste vollumfängliche Test zur planetarischen Verteidigung gegen mögliche Asteroideneinschläge auf der Erde. Im Rahmen der DART-Mission ist am 27. September 2022 eine Weltraumsonde mit dem Asteroiden Dimorphos kollidiert, um diesen von seiner Umlaufbahn abzulenken. «Die Erkenntnisse der Simulationen zum Einschlag auf Ryugu hilft auch bei der Analyse der Resultate der DART Mission weiter» erklärt Jutzi. «Wir sind daran, die neue entwickelten Modelle auf DART anzuwenden, um damit Erkenntnisse über die Eigenschaften von Dimorphos zu gewinnen. Unsere ersten Simulationen sehen sehr vielversprechend aus» ergänzt Raducan.

Publikation:
Martin Jutzi, Sabina D. Raducan, Yun Zhang, Patrick Michel, and Masahiko Arakawa: Constraining surface properties of asteroid (162173) Ryugu from numerical simulations of Hayabusa2 mission impact experiment, Nature Communications, November 2022 DOI: s41467-022-34540-x, https://www.nature.com/articles/s41467-022-34540-x.

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