Über 800 Exoplaneten hat man bisher entdeckt, bei den allermeisten davon handelt es sich um Gasriesen. Nun haben zwei Astronomen genauer untersucht, inwiefern Monde, die um solche Planeten kreisen, Möglichkeiten für Leben bieten können.
Ein Beitrag von Hans Lammersen. Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik, weltderphysik.de.
Wenn es um Leben in anderen Sonnensystemen geht, standen bisher die Exoplaneten im Zentrum des Interesses. Dagegen hat man der Bewohnbarkeit von Monden derartiger Planeten kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Durch eine Veröffentlichung in der amerikanischen Fachzeitschrift „Astrobiology“ haben zwei Wissenschaftler, Rene Heller vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam und Rory Barnes von der Universität Washington in den USA, nun den Fokus auf potenzielle Monde solcher Planeten, so genannte Exomonde, gelenkt.
Beispiele für Monde, die um Gasriesen kreisen und ein Potential für Leben haben, findet man schon in unserem Sonnensystem: Die Jupitermonde Ganymed, Europa, Kallisto, die Saturnmonde Titan und insbesondere Enceladus könnten flüssiges Wasser als unabdingbare Voraussetzung für Leben aufweisen.
Die beiden Forscher haben ihre Berechnungen für zwei erst vor kurzem entdeckte Exoplaneten angestellt: Kepler-22b und KOI211.01. Zwar ist nicht bekannt, ob diese Planeten Monde besitzen, aber die Berechnungen wurden auf diese Planeten bezogen.
Exomonde sind weitergehenden astrophysikalischen Einwirkungen unterworfen als Exoplaneten, weil sie nicht nur um einen Stern kreisen, sondern auch noch um einen Planeten, also quasi von zwei Seiten Einflüssen ausgesetzt sind. Die wichtigsten sind:
- Die hochenergetische Strahlung des Mutterplaneten, die insbesondere die oberen Atmosphärenschichten beeinflusst und dafür sorgen kann, dass sich die Atmosphäre schon früh verflüchtigt.
- Die Auswirkungen der so genannten gebundenen Rotation, die dazu führt, dass der Mond seinem Mutterplaneten immer die gleiche Seite zuwendet, was starke Auswirkungen auf die klimatischen Bedingungen auf dem Mond haben kann.
- Die Tatsache, dass der Mond von zwei Körpern Strahlung erhält: Von seinem Stern und von seinem Planeten.
- Die so genannte Gezeitenheizung: Damit sind die starken Auswirkungen der Gravitationskräfte des Mutterplaneten auf die Monde gemeint, die z.B. beim Jupitermond Io das Gestein bis zu 300 Meter hoch auftürmen können. Gezeitenkräfte sorgen für eine Aufheizung der Monde.
Die beiden Forscher schlagen in ihrer Studie in Analogie zum Konzept der habitablen Zone von Exoplaneten (also der Zone um einen Stern, innerhalb derer auf einem Planeten Wasser im flüssigen Zustand existieren kann) eine so genannte „habitable Kante“ vor. Um bewohnbar zu sein, muss sich die Umlaufbahn eines Exomondes um seinen Planeten außerhalb dieser habitablen Kante befinden. Damit ist also der innerste mögliche Orbit gemeint, den ein Exomond noch einnehmen kann, damit auf ihm potenziell Leben existieren könnte. Nimmt man für den oben genannten Planeten Kepler-22b eine Masse von 10 Erdmassen an, dann bedeutet dies für einen eventuellen Exomond, dass dieser dann bewohnbar ist, wenn
- die große Halbachse des Mondes mindestens 10 Planetenradien beträgt,
- seine Bahnexzentrizität kleiner ist als 0,01. Zum Vergleich: Die Bahnexzentrizität der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne liegt bei 0,017. Wäre die Exzentrizität zu hoch, dann würde der Mond durch die Gezeitenkräfte so durchgeknetet, dass er durch übermäßige vulkanische Aktivitäten unbewohnbar würde. Andererseits sind auch Szenarien denkbar, in denen ein Exomond gerade erst durch die Gezeitenkräfte bewohnbar würde (genau das vermutet man auch bei Monden im Sonnensystem, z.B. bei Enceladus oder auch bei Europa),
- die Masse des Exomondes innerhalb bestimmter Grenzen liegt: Sie dürfte nicht weniger als ein Viertel der Erdmasse betragen (damit der Mond ein eigenes Magnetfeld besitzt, welches die gefährliche Strahlung des Mutterplaneten abschirmt und er eine tektonische Aktivität aufwiese) andererseits aber zwei Erdmassen nicht überschreiten (dann würde der Druck im Inneren zu groß und der Hitzetransport käme zum Erliegen).
Weist der Planet eine größere Masse auf, muss der Mond weiter außerhalb seine Bahn ziehen, um noch bewohnbar sein zu können. Kreist ein Mond innerhalb der habitablen Kante um seinen Mutterplaneten, dann kommt es aufgrund der dann zu stark werdenden Gezeitenkräfte zu einer Überhitzung und damit zu einem galoppierenden Treibhauseffekt, der die Atmosphäre zerstören würde. Natürlich muss auch die Umlaufbahn des Planeten innerhalb der habitablen Zone liegen.
Am Schluss geben die beiden Forscher ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die bevorstehende ESA-Mission JUICE (Jupiter Icy Moon Orbiter) neue Erkenntnisse erbringen wird, die sich dann auch auf Exomonde übertragen lassen. Dies betrifft insbesondere die Stärke und Auswirkungen der Gezeitenkräfte, die Oberflächenchemie und den Aufbau des Gesteinsmantels, der Eisoberflächen und der Kerne.
Die Studie von Heller/Barnes in arXiv.org:
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