Kepler: Suche nach Exoplaneten einen Schritt weiter

Am gestrigen Donnerstag gab die US-Weltraumbehörde NASA ihre erste Pressekonferenz zu dem im März gestarteten Weltraumteleskop Kepler, seitdem dieses im Juni seinen regulären wissenschaftlichen Betrieb aufnahm. Kepler ist explizit für die Suche nach erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone um Sterne im Sternbild des Schwans (Cygnus) ausgelegt – die ersten Daten erscheinen sehr vielversprechend und sind von hoher Qualität.

Ein Beitrag von Timo Lange. Quelle: NASA.

Die Hauptaussage der Pressekonferenz fasste der bekannte Exoplaneten-Spezialist Alan Boss, der in der Vergangenheit durch seine provokante Hypothese der maximal gefüllten Sonnensysteme auffiel, kurz und prägnant zusammen: „Kepler works!Kepler erfüllt also die hohen in ihn gesteckten Erwartungen und liefert Daten in der erhofften Qualität. Dabei bedient sich der Satellit eines hoch sensitiven Photometers, um minimale Schwankungen im Licht der über 100.000 beobachteten Sterne aufzuzeichnen – es entsteht eine sogenannte Lichtkurve, die den Verlauf der Helligkeit der Sterne über die Zeit abbildet. Läuft aus unserer bzw. aus Keplers Perspektive ein Planet vor einem dieser Sterne entlang, lässt sich in der Lichtkurve eine U-förmige Verringerung der Helligkeit feststellen – ein so genanntes Transit-Ereignis wurde entdeckt.
Gelingt es zu zeigen, dass bei einem Stern diese Transits periodisch auftreten, könnte ein Exoplanet verantwortlich sein, von dessen Umlaufperiode der Zeitraum zwischen einzelnen Transit-Ereignissen abhängt. Um endgültig festzustellen, dass es sich um einen Planeten handelt, müssen mit bodengestützen Beobachtungen und durch intensive Auswertung der Daten andere mögliche Ursachen und Störquellen ausgeschlossen werden. Störquellen können z. B. Sonnenflecken auf dem beobachteten Zielstern sein.

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Vergleich der Qualität der Lichtkurve des Sterns HAT-P-7. Oben: Originale Lichtkurve von HATNet. Unten: Keplers Lichtkurve.
(Bild: NASA)

Um die Qualität der von Kepler erstellten Lichtkurven zu demonstrieren, wurde in der Pressekonferenz die Lichtkurve des bekannten Exoplaneten HAT-P-7 b, der innerhalb des Sichtfeldes (engl.: Field of View) liegt, gezeigt. Auf der rechten Abbildung ist deutlich der Qualitätsunterschied zwischen der von Kepler aufgezeichneten Lichtkurve und der originalen, vom Boden aus beobachteten Kurve zu erkennen. Während die obere Kurve, an Hand derer der Planet durch das internationale Exoplaneten-Suchprogramm HATNet entdeckt wurde, deutliche Störungen, vor allem durch atmosphärische Einflüsse zeigt, wirkt Keplers Kurve gestochen scharf. Diese Schärfe der Lichtkurve Keplers demonstriert, dass wesentlich kleinere Schwankungen der Helligkeit des beobachteten Sterns detektierbar wären – Schwankungen die im starken Rauschen der durch bodengestützte Beobachtungen gewonnenen Lichtkurve untergehen würden. Um jedoch eine zweite Erde zu entdecken, muss Kepler eine Schwankung der Helligkeit auflösen können, die mehr als hundertmal kleiner ist, als die hier bei HAT-P-7 auftretende. Dass Kepler dazu in der Lage ist, zeigt die Aufzeichnung einer sogenannten sekundären Eklipse bei HAT-P-7.

Sekundäre Eklipse bei HAT-P-7
Eine sekundäre Eklipse ist gewissermaßen das genaue Gegenteil eines Transits: Sie tritt dann auf, wenn der Planet hinter den Stern wandert, was dazu führt, dass auch in diesem Fall die Helligkeit abfällt, allerdings wesentlich geringer als bei der primären Eklipse, dem Transit. Erklären lässt sich das durch den Fakt, dass Kepler nicht wirklich die Helligkeit eines Sterns beobachtet, sondern immer die Helligkeit eines gesamten Sonnensystems, also inklusive der eventuell vorhandenen Planeten. Ist wie bei HAT-P-7 der Planet selbst sehr heiß und damit sehr hell, trägt er einen größeren Teil zur Gesamthelligkeit des Systems bei. Verschwindet der Planet nun hinter dem Stern, fällt der Beitrag des Planeten weg und es kommt zu einem kleinen Abfall und anschließendem Anstieg der Lichtkurve.

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Vergrößerung der Kepler-Lichtkurve von HAT-P-7.
(Bild: NASA)

Genau dies lässt sich in der Kepler-Lichtkurve ablesen, vergrößert man den betreffenden Ausschnitt, wie hier links zu sehen. Bei hundertfacher Vergrößerung sprengt das Transitereignis die Skala, während etwas weiter rechts eine kleine Delle in der Kurve sichtbar wird – die sekundäre Eklipse. Wie klein diese Schwankung ist, wird deutlich, wenn man die obere Kurve mit siebenfacher Vergrößerung betrachtet. Hier ist die sekundäre Eklipse fast nicht auszumachen. Um nun den Transit eines erdähnlichen Planeten um einen sonnenähnlichen Stern sichtbar zu machen, muss Kepler nochmal eine halb so kleine Schwankung registrieren können, wie hier bei der sekundären Eklipse. Dass er dazu prinzipiell in der Lage ist, zeigt die hier abgebildete Lichtkurve.
Aus der vergrößerten Lichtkurve lassen sich noch weitere Eigenschaften des Planeten herauslesen, die nur dank der hervorragenden Sensitivität Keplers sichtbar werden. So sehen wir bei hundertfacher Vergrößerug, dass die Kurve vor dem Transit leicht abfällt, danach bis zur sekundären Eklipse wieder ansteigt, um danach wieder abzufallen. Diese Wellenbewegung wird durch den Umlauf des Planeten um seinen Stern erzeugt und kommt zustande, weil der Anteil des vom Planeten reflektierten Lichts einen kleinen Anteil an der Gesamthelligkeit hat. Diesen Anteil können wir aber nur sehen, wenn wir die vom Stern beleuchtete Seite des Planeten beobachten. Kurz vor und nach dem Transit wird kaum Licht vom Planeten in unsere Richtung reflektiert, da sich der Planet zwischen uns und dem Stern befindet. Auf der Hälfte der Strecke zwischen Transit und sekundärer Eklipse sehen wir die Hälfte des reflektierten Lichts, vergleichbar mit einem Halbmond auf der Erde. Kurz vor und nach der sekundären Eklipse wird fast das ganze auf den Planet fallende Licht in unsere Richtung reflektiert, daher erreicht die Lichtkurve hier ihr Maximum.

Aus diesen drei Informationen, Transit, sekundäre Eklipse und Verlauf der Lichtkurve zwischen ihnen, lassen sich nun allerlei Aussagen über den Planeten treffen, wie über seine Temperatur und den Temperaturunterschied zwischen Tag- und Nachtseite und darüber wie viel Licht des Sterns reflektiert und wie viel absorbiert wird. Daraus wiederum ergibt sich die wahrscheinliche chemische Zusammensetzung des Planeten.

Wie geht’s weiter?
Keplers Mission ist es, zunächst schlicht die statistische Häufigkeit von erdähnlichen Planeten in unserer Galaxie zu bestimmen. Alle von Kepler möglicherweise entdeckten Planeten werden zu weit entfernt sein, um sie eingehender zu untersuchen, z. B. nach möglichen Anzeichen von Leben. Kennen wir aber erst einmal die Häufigkeit von erdähnlichen Planeten in Keplers Beobachtungsgebiet, spricht wissenschaftlich alles dafür, dass diese Häufigkeit von erdähnlichen Planeten auch auf unsere direkte galaktische Nachbarschaft zutrifft, womit sich dann die Entwicklung von neuen Missionen zur gezielten Suche nach habitablen Planeten in unserer Nachbarschaft rechtfertigen lässt.

Derzeit gibt es viele Ideen für mögliche Nachfolgemissionen, sowohl bei der NASA als auch bei der ESA, deren Finanzierung aber zumindest zum Teil von Keplers Missionserfolg abhängt. Daher bleibt nun erstmal abzuwarten, ob, und wenn ja, wie viele erdähnliche Exoplaneten Kepler entdeckt. Mit ersten Bekanntgaben von Exoplaneten, die durch die Instrumente des Satelliten Kepler entdeckt wurden, ist Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Allerdings werden diese Planeten noch keine erdähnlichen sein. Mit der Entdeckung solcher Planeten können wir erst im Jahr 2012 rechnen, da für eine Bestimmung als Exoplanet mindest drei Transitereignisse registriert werden müssen, was bei einem Planeten wie der Erde um einen sonnenähnlichen Stern folglich mindestens drei Jahre dauert.

Aber nichts spricht gegen die Möglichkeit, dass Kepler den ersten Transit einer zweiten Erde bereits erfolgreich aufgezeichnet hat.

Raumcon:

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