Wie Astronomen des Harvard Smithsonian Center for Astronomy gestern bekanntgaben, konnten Hunderte weiterer Planetenkandidaten festgestellt werden. Den größten Zuwachs gab es bei den kleineren Planeten.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA, Harvard Smithsonian Center for Astrophysics.
Der NASA-Satellit Kepler ist ein Weltraumteleskop, welches seine Optik ständig auf eine bestimmte Region in den Sternbildern Schwan und Leier gerichtet hat und dort die Helligkeiten von mehr als 150.000 Sternen überwacht. Werden regelmäßige Schwankungen in der Helligkeit festgestellt, so werden diese darauf untersucht, ob sie durch einen vor dem Stern vorbeiziehenden Planeten verursacht werden können oder durch andere astronomische Ereignisse wie Doppelsterne, Sonnenflecken oder veränderliche Sterne hervorgerufen werden. Wurde ein nicht ausgesiebtes Signal mehrfach gemessen, so kommt ein Planet auf die Kandidatenliste. Die Stärke der Helligkeitsschwankung lässt Aussagen über die Größe des Planeten zu, die Zeit zwischen zwei Ereignissen ist die Umlaufzeit. Aus der recht gut zu berechnenden Masse des Sterns lässt sich dann der Bahnradius berechnen.
Die Messungen begannen im Mai 2009 und wurden seitdem kontinuierlich fortgeführt. Nach nur 43 Tagen hatte man bereits eine Liste von 706 Kandidaten. Im Februar vergangenen Jahres wurde die erste Langzeitauswertung veröffentlicht, in der 2.321 Planetenkandidaten enthalten waren. Die neue Zahl von insgesamt 2.740 Kandidaten bezieht sich auf einen Zeitraum von rund 22 Monaten vom Mai 2009 bis zum März 2011. Damit werden nur Planeten erfasst, derem Umlaufzeit unter 600 Tagen liegt, die also ihren Stern auf vergleichsweise engen Bahnen umlaufen.
Darunter finden sich nun 351 Kandidaten mit einer Größe, die der der Erde recht nahe kommt. Ihr Radius liegt zwischen 80 und 125% des Erdradius. Dies ist der insgesamt größte Zuwachs in den einzelnen Gruppen, nämlich um 43%. Die Anzahl der vermuteten sogenannten Supererden (bis 2-facher Erdradius) liegt nun bei 816 (21% Zuwachs), die der neptunähnlichen (bis 6-facher Erdradius) bildet mit 1.290 Kandidaten weiterhin die größte Gruppe. Jupiterähnliche Planeten (bis 15 Erdradien) vermutet man 202 und noch größere Gasriesen 81. Fast die Hälfte der Planeten umläuft ihren Stern gemeinsam mit einem oder mehreren weiteren Satelliten.
Man hat mittlerweile durch Vergleiche mit der vorherigen Studie sowie Computersimulationen auch weitere Erkenntnisse gewonnen. So entstanden offenbar sowohl um sonnenähnliche Sterne als auch um Zwergsterne kleinere und mittelgroße Planeten gleichermaßen. Lediglich die Entstehung von Gasriesen setzt offenbar auch einen großen Stern voraus. Erdähnliche Planeten sind nicht selten sondern existieren bei mindestens 17% der Sterne unserer Galaxie. Kepler erfasst ja nur die Planeten, welche die Sichtlinie von uns zu dem jeweiligen Stern kreuzen. Hochrechnungen ergeben damit eine weit höhere Zahl an Planetensystemen und Planeten in der beobachteten Region und im Rest unserer Milchstraße.
Mittlerweile wurden 105 Kandidaten durch unabhängige Messungen anderer Astronomen mit anderen Techniken bestätigt. Hier ist vor allem die Radialgeschwindigkeitsmethode zu nennen. Dabei zieht ein umlaufender Planet seinen Stern auch immer ein wenig in seine Richtung, so dass der Stern eine Schlingerbewegung ausführt, wie etwa ein Hammerwerfer beim Schwungholen. Dadurch kommt der Stern einmal auf uns zu und bewegt sich dann wieder von uns weg. Diese geringen Geschwindigkeitsunterschiede kann man durch Rot- oder Blauverschiebung von Spektrallinien heute bereits recht genau messen. Daraus lassen sich ebenfalls Umlaufzeit und Bahnradius berechnen. Zusätzlich bekommt man aber auch noch eine Vorstellung von der Masse des Planeten.
Schwierig wird es, wenn mehrere Planeten denselben Stern umlaufen, da sich dadurch mehrere Schlingerbewegungen überlagern. Durch Computeranalysen bekommt man aber auch dies heraus, so dass die Bestätigungen recht sicher sind.
In den kommenden Jahren wird Kepler auch Planetenkandidaten entdecken, deren Umlaufzeit über 600 Tagen liegt. In unserem Sonnensystem gibt es 8 Planeten, nur bei vier davon liegt die Umlaufzeit unter 600 Tagen. Man kann also noch auf eine Fülle von Neuentdeckungen gefasst sein.
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