Bei der Auswertung der Daten des Weltraumteleskops Kepler entdeckten Astronomen einen ungewöhnlichen Exoplaneten. Kepler-413 b umkreist nicht nur ein enges Doppelsternsystem – er verfügt dabei auch über eine ungewöhnliche Umlaufbahn.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL.
Seitdem im Jahr 1995 erstmals die Entdeckung eines Planeten bekannt gegeben wurde, welcher einen fremden Stern umkreist, gelang den Astronomen der Nachweis von bisher 1.075 Exoplaneten. Bei einer der dabei angewandten Nachweismethoden handelt es sich um die so genannte „Transitmethode“. Sobald ein Exoplanet von der Erde aus gesehen direkt vor seinem Mutterstern vorbeizieht, nimmt die Helligkeit des beobachteten Sterns um einen winzigen Bruchteil ab, da der Planet einen Teil des von seinem Zentralgestirn ausgehenden Lichts abschirmt. Durch wiederholte Beobachtungen dieser periodisch auftretenden Helligkeitsveränderungen kann unter anderem die Dauer der Umlaufzeit des Planeten bestimmt werden.
Bisher konnten mit dieser Methode 435 Exoplaneten in 331 Sternsystemen nachgewiesen werden. Ein nicht unwesentlicher Teil der so nachgewiesenen Planeten wurde durch das Weltraumteleskop Kepler entdeckt, welches ab dem März 2009 über einen Zeitraum von vier Jahren im Bereich der Sternbilder Schwan und Leier systematisch über 150.000 Sterne anvisiert und nach Anzeichen für Planetentransits Ausschau gehalten hat. Obwohl dieses Weltraumteleskop aufgrund des Ausfalls von zwei für die Lagestabilisierung benötigten Reaktionsrädern seit dem Mai 2013 nicht mehr genutzt werden kann gelingen den Wissenschaftlern auch weiterhin interessante Entdeckungen. Bei der Auswertung der durch Kepler gesammelten Daten sind die Astronomen zum Beispiel erst kürzlich auf ein ungewöhnliches Planetensystem gestoßen.
Das Sternsystem Kepler-413(AB)
Das im Sternbild Schwan gelegene Doppelsternsystem Kepler-413(AB) befindet sich in einer Entfernung von rund 2.300 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem. Bei diesen beiden Sternen handelt es sich um zwei eng zusammenliegende Zwergsterne der Spektralklassen „K“ und „M“, welche ihr gemeinsames Massezentrum innerhalb von 10,1 Tagen umkreisen. Beide Sterne werden zudem von einem Exoplaneten umkreist. Kepler-413(AB) b, so der Name dieses Planeten, wurde bereits kurz nach dem Beginn der Kepler-Mission erstmals beobachtet und konnte daraufhin zunächst in regelmäßigen Abständen von 66 Tagen erneut detektiert werden. Eigentlich hätte somit in den Beobachtungsdaten des Weltraumteleskops Kepler alle 66 Tage eine sich wiederholende Helligkeitsveränderung registriert werden müssen. Zur Überraschung der Astronomen war dies jedoch nicht der Fall.
„Wir haben das System über eine Zeitraum von 1.500 Tagen hinweg mit Kepler beobachtet. In den ersten 180 Tagen haben wir dabei drei Transits – einen Transit alle 66 Tage – registriert. In den folgenden 800 Tagen zeigten sich keine Anzeichen für weitere Vorbeizüge. Erst danach haben wir dann gleich weitere fünf Transits hintereinander beobachtet“, so Veselin Kostov vom Space Telescope Science Institute (STScI) und der Johns Hopkins University (JHU) in Baltimore/USA.
Aus diesen zunächst nur schwer zu begründenden Beobachtungsdaten haben die Astronomen mittlerweile ein Sternsystem rekonstruiert, welches dieses ungewöhnliche Transitverhalten erklären kann. Bei Kepler-413(AB) b handelt es sich demzufolge um einen Planeten, welcher in etwa über die Größe und Masse des in unserem Sonnensystem befindlichen Planeten Neptun verfügt, und der das gemeinsame Massezentrum des gesamten Systems Kepler-413(AB) in einer Entfernung von 0,3553 Astronomischen Einheiten – dies entspricht rund 53 Millionen Kilometern – innerhalb von 66,262 Tagen einmal umkreist.
Im Bezug auf die Ebene, in der die beiden Zwergsterne einander umkreisen, ist die Bahn des Planeten zudem um 2,5 Grad geneigt. Die Lage dieser Bahn im Raum ist allerdings nicht konstant. Der Orbit des Planeten unterliegt vielmehr einer „Taumelbewegung“, welche über eine Periode von etwa elf Jahren verfügt. Dies führt dazu, dass der Planet Kepler-413(AB) b von der Erde aus betrachtet nicht permanent vor seinen beiden Zentralsternen vorbeizieht und somit nicht alle 66 Tage ein Transit sichtbar ist. Die Astronomen gehen davon aus, dass die nächste „Transitphase“ dieses Planeten erst im Jahr 2020 zu beobachten sein wird. Unter anderem ist hierfür auch die Gesamtneigung des kompletten Systems in Bezug auf die Erde verantwortlich.
Warum „wackelt“ der Planet?
Wie lässt sich die Neigung der Umlaufbahn des Planeten gegenüber der Ebene des Systems und diese mit elf Jahren doch recht kurzperiodische Taumelbewegung erklären? Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass sich in diesem Sternsystem entweder ein oder sogar mehrere weitere massereiche Planeten befinden, welche die Umlaufbahn von Kepler-413(AB) b durch ihre gravitativen Einflüsse stören.
Einen vergleichbaren Einfluss könnte zudem auch ein dritter, bisher jedoch noch unentdeckter Stern ausüben, welcher ein fester Bestandteil dieses dann „Dreifach-Sternsystems“ ist. Ebenfalls in Betracht gezogen werden muss, dass dieses System in der Vergangenheit in relativ kurzer Entfernung von einem „systemfremden“ Stern passiert wurde, welcher dabei die Umlaufbahnen verändert hat.
Die hier kurz vorgestellten Forschungsergebnisse zur Untersuchung des Planetensystems bei dem Doppelsternsystem Kepler-413(AB) werden demnächst von Veselin Kostov et al. unter dem Titel „Kepler-413b: a slightly misaligned, Neptun-size transiting circumbinary planet“ in der Fachzeitschrift „Astrophysical Journal“ publiziert.
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