JWST: Start des bisher größten Spiegelteleskops

Mit einem Spiegeldurchmesser von 6,5 Metern wird das James Webb Space Telescope (Webb) das mit Abstand größte Spiegelteleskop im Weltraum sein. Webb ist der Nachfolger des bekannten Hubble-Teleskops. Mit dem neuen Weltraumteleskop wollen Forscher*innen aus aller Welt noch tiefer in die Ursprünge des Universums eintauchen. Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien war an der Entwicklung des Teleskops beteiligt. Eine Pressemitteilung der Universität Wien.

Quelle: Universität Wien.

Künstlerische Darstellung auf das James Webb Space Telescope (Webb) im Weltraum. (Bild: NASA)

Wien, 17. Dezember 2021 – Nach dem geplanten Start vom Guiana Space Centre am 24. Dezember 2021 hat das James Webb Space Telescope eine Reise von 1,5 Millionen Kilometern vor sich, eine Strecke etwa vier Mal so lang wie die Distanz Erde-Mond. Etwas außerhalb der Erdbahn wird das Teleskop um die Sonne kreisen. Das Teleskop ist nicht etwa in einem Rohr eingeschlossen, sondern fliegt frei durch den Weltraum. Es steht dabei auf einem 21 Meter großen Sonnenschild, das das Teleskop vor direkter Sonneneinstrahlung schützen soll. Schon jetzt wird das Webb als die kosmische Sternwarte der nächsten Generation bezeichnet und löst damit das 1990 gestartete Hubble-Teleskop ab, das einen Spiegeldurchmesser von 2,4 Metern hat. Die Entwicklung und Konstruktion des Weltraumteleskops dauerten über 30 Jahre. Die internationalen Weltraumorganisationen NASA (National Aeronautics and Space Administration), ESA (European Space Agency) und die Canadian Space Agency arbeiteten dabei zusammen.

An Bord hat das Teleskop einige Instrumente wie Kameras und Spektrographen für Beobachtungen und Messungen. Bei der Entwicklung von MIRI (Mid Infrared Instrument), einer abbildenden Kamera und Spektrometer in einem, ist Manuel Güdel, Leiter des Instituts für Astrophysik an der Universität Wien, seit 2003 federführend beteiligt. MIRI kann die Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub aufnehmen und ist damit das zentrale Instrument, um Moleküle, Chemie und die Zusammensetzung von feinstem Staub im Universum zu untersuchen. Im Fokus dabei steht an der Universität Wien besonders die Erforschung von Exoplaneten und protostellaren Scheiben um junge Sterne, in denen Planeten entstehen. Das Observatorium wird auch andere hochkarätige astrophysikalische Forschungsaktivitäten unterstützen, wir zum Beispiel die Suche nach den ersten Galaxien des Universums.

Suche nach erdähnlichen Atmosphären
„Die Spektrographen von MIRI werden umfassende Spektren von Planetenatmosphären aufnehmen, die in dieser Qualität noch nie aufgezeichnet worden sind“, berichtet Güdel. Auf Grund von sogenannten „Spektrallinien“, die als Abschwächungen an bestimmten Wellenlängen auftreten, kann dieses Teleskop damit die Zusammensetzung der Planetenatmosphären bestimmen, den Schlüssel zum Verständnis der Umgebungsbedingungen auf einem Exoplaneten. Dazu gehört auch die Frage, ob bei erdähnlichen Planeten Atmosphären wie die der Erde oder alternative Atmosphären wie die der Venus gefunden werden.

„Mit umfangreichen Modellrechnungen kann man diese Spektren weiter modellieren und so auch andere physikalische Eigenschaften der Atmosphären bestimmen. Damit trägt Webb in zuvor nicht möglicher Tiefe zur Charakterisierung von Exoplaneten bei“, erklärt Güdel: „Unser Ziel wird es sein, besser zu verstehen, wie es im Universum überhaupt zu lebensfreundlichen Planeten wie der Erde kommen kann“.

Eine protoplanetare Scheibe, die neben Exoplaneten zu den Hauptobjekten der Untersuchung der Universität Wien zählen wird. (Bild: ESO/L. Calçada​​​​​​​)

Untersuchung der Planetenentstehung
Ein weiterer Untersuchungspunkt sind sogenannte protoplanetare Scheiben, das sind riesige Gasscheiben von der Größe eines ganzen Sonnensystems, die sich während der Entstehung eines Sterns formen und um den Stern kreisen. In diesen Scheiben spielt sich der Aufbau von Molekülen ab, aber auch die gesamte Planetenentstehung vom Staub bis zum erdähnlichen oder jupiterähnlichen Planeten. Die Scheiben verschwinden nach einigen Millionen Jahren wieder und hinterlassen im Idealfall ein ganzes Planetensystem.

„MIRI ist besonders gut geeignet, um die Scheiben chemisch zu untersuchen, aber auch die festen Bestandteile wie mikroskopisch kleinen „Staub“ zu erforschen. Mit entsprechenden Modellen kann man den Aufbau von diesen Scheiben und dadurch ihre Rolle in der Planetenentstehung erforschen“, sagt der Astrophysiker. Die räumliche Auflösung von MIRI erlaubt auch das Studium der Struktur der Scheiben sowie Aussagen über ihre Evolution. Selbst aus den letzten Stadien der Planetensystementstehung wird Webb neue Erkenntnisse gewinnen können: Nachdem die Planeten und Kleinplaneten gewachsen sind, werden noch zahlreiche Kollisionen zwischen ihnen neue Trümmer produzieren. Auch auf diesem Gebiet wird die Forschungsgruppe an der Universität Wien mit bisher unerreichten Webb-Beobachtungen Neuland betreten.

Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:

Startthread im Raumcon-Forum:

Nach oben scrollen