Am Morgen des 05. Juli 2016 erreichte Juno den größten Planeten unseres Sonnensystems, den sie die kommenden Monate ausgiebig erforschen wird.
Erstellt von Viktoria Schöneich. Quelle: NASA
Junos Reise begann vor fast fünf Jahren am 5. August 2011 mit dem Start auf einer Atlas V551. Dieser Träger besitzt 5 Feststoffbooster als Starthilfe sowie eine wiederzündbare Centaur-Oberstufe, mit der der Einschuss in die Transferbahn zu Jupiter vorgenommen wurde. Kurz nach dem Start wurden die Instrumente der Raumsonde überprüft sowie erste Kurskorrekturen vorgenommen. Ein gutes Jahr nach dem Start wurden schließlich zwei längere Bahnmanöver durchgeführt, die jeweils etwa 30 Minuten dauerten und die Flugbahn korrigierten. Im Oktober wurde Juno mittels eines Swing-By Manövers an der Erde auf ihre Endgeschwindigkeit beschleunigt und auf Jupiterkurs gebracht.
Für den Einschuss in die Jupiterumlaufbahn wurden neben den wissenschaftlichen Instrumenten auch einige Softwarefeatures deaktiviert, um einem plötzlichen Neustart oder anderen Anomalien während dieser kritischen Phase vorzubeugen. Einige Minuten vor dem Einschuss wurde die Nutationsrate (Nickbewegung) gedämpft und das Raumschiff von zwei auf fünf Umdrehung pro Minute aufgespint, um die Lagestabilität zu verbessern. Die Triebwerkszündung selber nahm 35 Minuten in Anspruch und wurde mit dem Deep Space Network der NASA überwacht, das die Signale nach etwa 48 Minuten empfing.
Nun befindet sich Juno in einem Capture Orbit, den sie bis zum 14. Oktober beibehalten wird; in diesem Zeitraum werden zwei Jupiterumrundungen vollendet. Hier werden die wissenschaftlichen Instrumente wieder hochgefahren, getestet und kalibriert. Während des zweiten Orbits wird Junos Haupttriebwerk erneut für 22 Minuten zünden und die Raumsonde auf den Wissenschaftsorbit einschießen. Ab dem vierten Orbit, der am 16. November beginnen wird, soll die wissenschaftliche Arbeit aufgenommen werden.
Die Umweltbedingungen um den Gasriesen zeichnen sich insbesondere durch ein extremes Magnetfeld aus, das bis zu zwanzigmal stärker ist als das der Erde. Ähnlich wie unser Heimatplanet fängt das Magnetfeld geladene Teilchen vom Sonnenwind (und Jupiters Vulkanmond Io) ein und zwingt sie in Gürtel um den Planeten. Aus diesem Grunde ist eine Annäherung an Jupiter für die Elektronik einer Raumsonde sehr gefährlich. Auf der anderen Seite muss Juno, um die gewünschte Messgenauigkeit zu erzielen, so nah wie möglich an Jupiters Wolkendecke heranfliegen (auf 4200 km – 7900 km Entfernung am Perijovum, dem jupiternächsten Punkt). Die Wahl des Wissenschaftsorbits spiegelt diese Problematik.
Junos Orbit führt über die Jupiterpole, wo die Strahlenbelastung für die Raumsonde am geringsten ist. Da sich der Planet um die eigene Achse dreht, bekommt Juno im Laufe der Mission die ganze Planeten“oberfläche“ zu Gesicht. Ein weiterer Vorteil dieses Orbits ist, dass der Jupiter sich nicht zwischen der Sonde und der Sonne/Erde befindet, was für die Energieversorgung und Kommunikation von Bedeutung ist. Gleichzeitig ist der Orbit hochelliptisch; eine Umrundung dauert 14 Tage. Dadurch ist die Geschwindigkeit der Raumsonde umso größer, je näher sie sich am Perijovum befindet und ihre Aufenthaltszeit in den gefährlichen Strahlungsgürteln geringer.
Insgesamt sollen 32 Wissenschaftsorbits vollendet werden. Bei jedem Orbit wird der Fokus auf ein bestimmtes Instrument gelegt und die Lage der Raumsonde so angepasst, wie es für das jeweilige Instrument am günstigsten ist. Nachdem die wissenschaftliche Arbeit abgeschlossen ist, soll Juno auf Kollisionskurs mit Jupiter gebracht werden. Dies hat vor allem den Zweck, dass die Sonde nicht mit einem der Jupitermonde kollidiert und ihn versehentlich mit irdischem Leben kontaminiert. Der Eintritt in die Atmosphäre ist für den 20. Februar 2018 geplant.
Die Raumsonde
Juno vereint sowohl technische Neuerungen als auch Konzepte, die sich in der Raumfahrt bereits bewährt haben. Eine dieser Neuerungen fällt sofort ins Auge: Musste Rosetta noch in den Winterschlaf versetzt werden, da mit ihren Solarzellen keine Stromerzeugung in dieser Entfernung möglich war, wird Junos Energie vollständig über ihre drei 9 m langen Solarpaneele generiert. In Sonnennähe kann die generierte Leistung gedrosselt werden, um einen Überschuss an Energie zu vermeiden, den man sonst mühselig in den Weltraum abstrahlen müsste. In Schattenphasen versorgen Lithium-Ionen-Akkus die Raumsonde mit Strom.
Auch die neue Fertigungstechnologie des 3D-Drucks hält mit Juno Einzug in eine größere Raumfahrtmission: die Raumsonde hat 3D-gedruckte Titankomponenten an Bord. Diese Technik ist für die Raumfahrt besonders reizvoll, da sie die Möglichkeit bietet, andernfalls schwierig zu fertigende Komponenten in einem vertretbaren finanziellen Rahmen herzustellen. Allerdings ist diese Technik für raumfahrtrelevante Materialien stellenweise noch nicht ganz ausgereift und die Qualifikation kann sich je nach 3D-Druckverfahren komplex gestalten.
Um die empfindliche Elektronik vor der aggressiven Strahlung zu schützen, ist sie in einem 18 kg schweren Titanwürfel verbaut, die die Strahlung abschirmen soll. Diese Art von Strahlungsabschirmung ist ebenfalls ein Novum für die Raumfahrt.
Für die Lageregelung setzt die NASA hingegen auf die bewährte Drallstabilisierung. Hier rotiert das Raumschiff um eine Achse und stabilisiert hierdurch die Lage. Die Drehrate variiert von Missionsphase zu Missionsphase: in der Cruise-Phase dreht sie sich lediglich mit einer Umdrehung pro Minute. Ist eine höhere Lagegenauigkeit gefragt, wie zum Beispiel bei Bahnmanövern, wird die Drehrate auf fünf Umdrehungen pro Minute erhöht. Das Lageregelungssystem besteht aus 12 Düsen, die in vier Blöcken angeordnet sind. Dies erlaubt dem Raumschiff eine Kontrolle um alle drei Achsen. Auch das Haupttriebwerk ist mit einem Hydrazin-NTO (Stickstofftetroxid) Triebwerk eher ein alter Bekannter. Es liefert einen Schub von 645 Newton.
Die Wissenschaft
Junos Hauptziel ist ein besseres Verständnis der Entstehung von Jupiter und somit unseres Sonnensystems. Dies trägt nicht nur zur Klärung der jahrhundertealten Frage nach der Entstehung der Erde bei, sondern ermöglicht es auch, die Entstehungsprozesse extrasolarer Planetensysteme besser zu verstehen.
Momentan geht man davon aus, dass sich unser Sonnensystem aus einer Akkretionsscheibe aus Staub und Gas formte, aus der sich durch Gravitationseinflüsse allmählich die Planeten und andere Körper unseres Sonnensystems formten. Warum Jupiter die meiste Masse für sich beanspruchen konnte, ist allerdings bisher unklar. Es könnte sein, dass sich zunächst ein massereicher Kern geformt hat, der schließlich mehr Masse auf sich zog als die anderen Planetesimale („halbfertige“ Planeten) oder dass eine instabile Region in der Staubscheibe kollabiert ist. Um die Kerntheorie zu überprüfen, soll Juno mithilfe des Magnet- und Gravitationsfeldes den Kern von Jupiter vermessen. Mit diesen Informationen lassen sich auch Rückschlüsse auf die Entstehung der anderen Planeten und schließlich der Erde ziehen.
Jupiter konnte durch seine große Gravitation und die Entfernung zur Sonne die flüchtigen Gase, die bei der Entstehung des Sonnensystems vorherrschten, festhalten und hat somit die Zusammensetzung der Akkretionsscheibe konserviert. Eine Untersuchung der Komponenten von Jupiter wird somit Aufschluss auf die chemische Vergangenheit des Sonnensystems geben.
Ein weiteres Untersuchungsobjekt ist die Dynamik der Jupiteratmosphäre, die in nie dagewesener Tiefe kartografiert werden soll. Auch Jupiters Magnetfeld wird ein Untersuchungsgegenstand sein. Da der Orbit von Juno über den Polen verläuft, können Polarlichter beobachtet und analysiert werden. Junos Orbit führt sie außerdem so nah an den Jupiter heran wie kein Orbiter vor ihr. Von der JunoCam sind also spektakuläre Farbaufnahmen von Jupiters Wolken und Stürmen zu erwarten.
Wenn man das ehrgeizige Portfolio an wissenschaftlichen Zielen betrachtet, erscheinen die 1,13 Milliarden Dollar, die die NASA für die Mission geplant hat, gut investiert. Juno wird schließlich nicht nur weitere Geheimnisse der Entstehung unseres Sonnensystems und anderer Planetensysteme lüften, sondern auch eine Reihe neuer Technologien im Weltall erproben und für künftige Missionen nutzbar machen. Man darf sehr gespannt auf die Ergebnisse sein.
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum: