Internationale Forschungskooperation zeigt Einfluss von Jod-Chemie auf die Entstehung neuer Partikel in der marinen Atmosphäre und Recycling von Jod während Partikelwachstum. Eine Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz.
Quelle: JGU 27. Oktober 2022.
27. Oktober 2022 – Die natürlichen Stoffkreisläufe zwischen der Biosphäre und der Atmosphäre sind für das Klimasystem der Erde von großer Bedeutung. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Kreislauf des Kohlenstoffs zwischen der Atmosphäre, der Landbiosphäre und dem Ozean. Er ist wesentlich verantwortlich für lebensfreundliche mittlere Temperaturen an der Erdoberfläche. Aber auch andere Elementkreisläufe spielen eine wichtige Rolle, so zum Beispiel der des Schwefels. Es wird vermutet, dass durch die Freisetzung von Schwefelverbindungen durch Phytoplankton in die marine Atmosphäre Wasserdampf-Kondensationskeime entstehen und es damit zur Wolkenbildung kommt – und somit ein natürlicher Rückkopplungseffekt existiert, der letztlich die Erdoberflächentemperatur stabilisieren könnte. Jetzt hat ein internationales Forschungsteam ein weiteres Element identifiziert, das ebenfalls in Zusammenhang mit Meeresalgen steht und bemerkenswerte ineinandergreifende, zyklische Reaktionen in der marinen Atmosphäre zeigt – das Jod. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
Jod gehört zu den Halogenen, eine Gruppe von Elementen, die in großen Mengen im Meerwasser vorkommen. Zwar ist die Jodkonzentration wesentlich geringer als zum Beispiel die Chlorkonzentration in Form von Meersalz, allerdings zeigt Jod einige chemische Besonderheiten. „Zunächst verläuft der Mechanismus ähnlich wie beim Schwefelkreislauf“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Hoffmann von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Phytoplankton überführt im Meerwasser vorhandenes Jodat in Jodid, wahrscheinlich um Jodid als einfaches anorganisches Antioxidans zu nutzen und so die Zellwände der Meeresalgen zu schützen. Jodid reagiert an der Meeresoberfläche aber auch mit atmosphärischem Ozon und setzt dabei molekulares Jod frei. Dieses molekulare Jod bildet über eine Reihe von schnellen atmosphärischen Reaktionen Jodoxide, die ein außergewöhnlich hohes Potenzial zur Bildung von Aerosolpartikeln haben. „Diese Teilchen können zu größeren Partikeln heranwachsen und dann als Wolkenkondensationskerne dienen und damit die Wolkenbildung beeinflussen“, beschreibt Hoffmann den Prozess. „Allerdings ist bei Jod im Gegensatz zu Schwefel der Vorgang hier noch nicht zu Ende.“
Jod als Katalysator für Partikelneubildung?
In der PNAS-Studie zeigen die Autorinnen und Autoren, wie in den wachsenden atmosphärischen Partikeln aus den zuvor gebildeten Jodoxiden wieder molekulares Jod entsteht und in die Gasphase freigesetzt wird. „Soweit wir heute wissen, ist Jod das einzige Element, das nach der Freisetzung von der Erdoberfläche die Atmosphäre nicht wieder verlässt, sondern durch Redoxreaktionen in der Partikelphase wieder in die Gasphase zurückgeführt werden kann“, bemerkt Hoffmann, Professor am Department Chemie der JGU. Damit könnte Jod eine wichtige katalytische Rolle bei der Bildung von Wolkenkondensationskeimen spielen. Eine Reihe ungelöster Fragen bleibt, zum Beispiel wie menschliche Aktivitäten, die an verschiedenen Stellen in diesen Mechanismus eingreifen, den einzigartigen Stoffkreislauf des Jods im Erdsystem beeinflussen.
An der Arbeit waren außer Forschenden der JGU Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, der Technischen Hochschule Kaliforniens in Pasadena (Caltech) und der Universität Galway beteiligt.
Veröffentlichung:
Ru-Jin Huang et al.
Heterogeneous iodine-organic chemistry fast-tracks marine new particle formation
Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2. August 2022
DOI: 10.1073/pnas.2201729119
https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2201729119
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