Japanischer Radaraufklärer gestartet

Am 1. Februar 2015 wurde ein neuer japanischer Erdbeobachtungssatellit mit einer Radaranlage an Bord ins All gebracht.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: FNN, JAXA, MHI, Sankei Shimbun, Raumfahrer.net.

JAXA
Startanlagen auf Tanegashima
(Bild: JAXA)

Der Start erfolgte am 1. Februar 2015 um 2:21 Uhr MEZ bei Temperaturen um die 10,4 Grad Celsius und Windgeschwindigkeiten um 4,9 Meter pro Sekunde aus nordöstlicher Richtung von der Startrampe 1 des Yoshinobu-Startkomplexes (YLP-1) an der Südküste der japanischen Insel Tanegashima.

Zum Einsatz kam eine von Mitsubishi Heavy Industries (MHI) gebaute Rakete vom Typ H-IIA in der Version 202. Das bedeutet, an den Seiten ihrer Zentralstufe waren zwei Feststoffbooster vom Typ SRB-A3 montiert. Letztere unterstützten die Beschleunigung der Rakete in den ersten rund 100 Flugsekunden maßgeblich.

Die beim Start um 10:21 Uhr japanischer Ortszeit rund 285 Tonnen schwere H-IIA-Rakete von Mitsubishi Heavy Industries (MHI) setzte den von Mitsubishi Electric (MELCO) gebauten Satelliten aus der Serie IGS nach rund zwanzig Minuten Flug im Weltraum ab. Der neue Erdtrabant kreist nun vermutlich in Höhen zwischen 480 und 500 Kilometern über der Erde auf einer um rund 98 Grad gegen den Äquator geneigten Bahn.

Es war der 27. Flug einer H-IIA-Rakete, der 21. erfolgreiche dieses Raketentyps hintereinander, und der fünfte Flug, bei dem ein Radarsatellit aus der Reihe der IGS-Raumfahrzeuge ins All transportiert wurde. IGS steht für Information Gathering Satellite, übersetzt: Satellit zum Sammeln von Informationen.

Die Raumfahrzeuge, auf japanisch als Joho Shushu Eisei (JSE) bezeichnet, gibt es in Ausführungen mit optischen Bilderfassungsystemen und als Radarsatelliten. Nach Angaben der japanischen überregionalen Tageszeitung Sankei Shimbun liegt die Bodenauflösung der Radarsatelliten im Bereich eines Meters.

Im Regelbetrieb sollten zunächst jeweils ein optischer und ein Radaraufklärer auf gleicher Umlaufbahn hintereinander Gebiete anderer Staaten, wo für Japan möglicherweise gefährliche Aktivitäten stattfinden könnten, wie zum Beispiel Nordkorea, überfliegen, um Informationen über die jeweilige Situation zu erfassen und weiterzuleiten. Neben der militärischen Nutzung wie der Feststellung gegnerischer Raketenstarts sollen die Satelliten auch für die zivile Fernerkundung eingesetzt werden. Sie bewegen sich auf annähernd polaren Umlaufbahnen in Höhen zwischen 480 und 500 Kilometern über der Erdoberfläche.

Das erste Satellitenpaar aus IGS 1A und IGS 1B war am 28. März 2003 in den Weltraum gelangt. Im selben Jahr, am 29. November, ging ein zusätzliches Satellitenpaar aus IGS 2A und IGS 2B bei der fehlgeschlagenen Mission der H-IIA mit der Flugnummer F6 verloren, weil sich ein ausgebrannter Feststoffbooster nicht wie vorgesehen von der Rakete löste. Die Rakete kam dadurch soweit von der vorgesehenen Flugbahn ab, dass sie zerstört werden musste. Die Düse des von Nissan gebauten Boosters war durchgebrannt, und eine für die Boostertrennung benötigte Einrichtung beschädigt worden.

Am 11. September 2006 gelang der Start des optischen Aufklärungssatelliten IGS 3A, und am 24. Februar 2007 konnten IGS 4A und IGS 4B ins All gebracht werden. IGS 5, ein optischer Aufklärungssatellit mit einem verbesserten Bilderfassungssystem, erreichte am 28. November 2009 eine Umlaufbahn um die Erde, ein weiterer solcher am 22. September 2011.

Der Radarsatellit IGS 7 alias IGS Radar 3 kreist seit dem 12. Dezember 2011 um die Erde. IGS Radar 4 (IGS 8A) und ein optischer Testsatellit mit der Bezeichnung IGS O5V (IGS 8B) befinden sich seit dem 27. Januar 2013 im Weltraum. Seit April 2013 werden die IGS-Raumfahrzeuge regelmäßig in einer Konstellation aus vier Satelliten, zwei optischen und zwei Radaraufklärern, betrieben. Mit dieser Konstellation ist es möglich, jede Stelle der Erdoberfläche mehr als ein Mal pro Tag ins Visier zu nehmen.

Gelingt die Inbetriebnahme des neuen, als IGS Radar Spare bezeichneten Satelliten wie geplant, steht dem japanischen Militär ein weiterer Radaraufklärer im All zur Verfügung. Vorgängersatelliten mit Radaranlagen an Bord waren wegen Problemen mit ihren Stromversorgungsanlagen ausgefallen, zuletzt der im Jahr 2007 gestartete Radarsatellit IGS 4A im August 2010. Mit IGS Spare ist nun eine Reservesatellit im All – „Spare“ bedeutet soviel wie „Reserve“.

Verläuft alles nach Plan, wird IGS Radar Spare in etwa einem halben Jahr durchgeprüft und einsatzbereit sein. Für Entwicklung und Bau des neuen Satelliten gab der japanische Staat rund 22,8 Milliarden Yen aus, für Start und Einsatz des Satelliten während seiner fünfjährigen Auslegungsbetriebsdauer sind laut Sankei Shimbun weitere 10,5 Milliarden Yen angesetzt.

IGS Radar Spare alias IGS 9A ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 40.381 und als COSPAR-Objekt 2015-004A.

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