Japan stellt Entwicklung der GX-Rakete ein

Die Entwicklung des japanischen Raumfahrtträgers mit der Bezeichnung GX wird nach einem Regierungsbeschluss von Dezember 2009 eingestellt. Das fortgeschrittene Programm zum Bau eines erdgasbetriebenen Raketenmotors, der für die zweite Stufe der GX-Rakete vorgesehen war, soll in Japan jedoch weitergeführt werden.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: The Mainichi Daily News, Galaxy Express, IHI, JAXA, ULA. Vertont von Peter Rittinger.

JAXA
GX-Rakete – Illustration
(Bild: JAXA)

Weil die Entwicklung der GX-Rakete wegen steigender Kosten nicht im ursprünglich geplanten finanziellen Rahmen möglich ist, und die Rakete sich vermutlich nicht besonders profitabel vermarkten lassen wird, wird das Programm von offizieller staatlicher Seite nicht mehr unterstützt. Die japanische Regierungsstelle für Entwicklungen im Raumfahrtsektor (engl. Strategic Headquarters for Space Development, SHSD) veranschlagte die Entwicklung der Rakete sowie den Bau und Start von zwei Prototypen zuletzt auf zusammen 94 Milliarden Yen, das sind umgerechnet mehr als 716 Millionen Euro.

Im Jahr 2002 hatte man den Einsatz der zweistufigen GX-Rakete dafür vorgesehen, maximal drei Tonnen Nutzlast in eine Umlaufbahn um die Erde in 200 Kilometern Höhe zu bringen. Der Jungfernflug hätte 2006 stattfinden sollen. Die erste Stufe sollte von Lockheed Martin basierend auf klassischen Konstruktionsmerkmalen der Atlas-Rakete mit druckversteiften Tanks gebaut und mit einem NK-33-Triebwerk ausgerüstet werden. Bald ging man von der vollständigen Neuentwicklung der Startstufe ab und zog die Verwendung einer Atlas III-Startstufe mit RD180-Triebwerk als erste Stufe in Betracht. Die zweite Stufe sollte eine japanische Entwicklung mit einem erdgasverbrennenden Motor darstellen.

JAXA
Oberstufe mit LNG-Triebwerk – Illustration eines früheren Entwurfs
(Bild: JAXA)

Anfang 2007 hoffte man noch, in den Finanzjahren 2007 und 2008 die beiden eingeplanten Testflüge einer Version mit einer Atlas III-basierten Erststufe von der japanischen Insel Tanegashima aus durchführen zu können, als Nutzlast nannte man im Oktober 2007 maximal 4,4 Tonnen in einen niedrigen Erdorbit. Gestartet wäre man von der entsprechend stark überarbeiteten Rampe N, die auch als „Osaki Mid-size Launch Complex“ bezeichnet wird.

2009 sah das GX-Konzept schließlich die Verwendung einer Atlas V-Zentralstufe vor, die mit einer geeigneten Oberstufe mit Erdgasmotor maximal 6 Tonnen Nutzlast in eine Umlaufbahn in 500 Kilometern Höhe bringen können sollte. Starts hätten nicht in Japen, sondern in den Vereinigten Staten auf der Luftwaffenbasis Vandenberg stattgefunden. Dort wollte man die Rampe SLC-3E nutzen. Zuletzt war man von einem Jungfernflug im Jahr 2012 ausgegangen, nach einem weiteren Testflug hätte der kommerzielle Einsatz der GX-Rakete begonnen. Die Galaxy Express Corporation, ein Joint-Venture japanischer und US-amerikanischer Unternehmen, wollte Betrieb und Vermarktung der Rakete besorgen.

JAXA
Oberstufe mit LNG-Triebwerk – Illustration eines jüngeren Entwurfs
(Bild: JAXA)

Die für die GX-Rakete begonnene Entwicklung eines Raketenmotors, der verflüssigtes Erdgas (engl. liquified natural gas, LNG) mit flüssigem Sauerstoff verbrennt, will Japan fortführen. Im Finanzjahr 2010 sollen nach Angaben der zuständigen Regierungsstelle dafür etwa 5,8 Milliarden Yen bereitgestellt werden, umgerechnet über 44 Millionen Euro.

JAXA
LNG-Triebwerk im Test Ende Juni 2009
(Bild: JAXA)

Im Jahr 2006 hatte die japanische Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung JAXA einräumen müssen, dass das Desgin des LNG-Triebwerks einer umfassenden Überarbeitung bedarf. Bei Tests von maßstäblich verkleinerten Triebwerken waren beim Brennschluß Injektorfehler aufgetreten. Außerdem waren statische Tests der neuartigen Tankstruktur für die GX-Raketenstufe mit dem LNG-Triebwerk aus einer Kombination von Aluminium und karbonfaserverstärktem Kunststoff unbefriedigend verlaufen, und die angedachte Druckgasförderung für die Treibstoffe wurde in Frage gestellt.

Der letzte Entwurf einer Raketenstufe mit LNG-Triebwerk sieht daher die Verwendung von Tankstrukturen aus rostfreiem Edelstahl vor, und die Treibstoffförderung wird durch Pumpen unterstützt. Ein Raketenmotor geänderten Designs in Orginalgröße wurde Ende Juni 2009 durch seinen Hersteller, die IHI Aerospace Corporation, in einer Reihe von Testzündungen erfolgreich in einem Teststand bei der Stadt Aioi in der Präfektur Hyogo betrieben.

Statischer Brennversuch mit einem LNG-Triebwerk:

Raumcon:

Nach oben scrollen