Am 12. Juni 2018 gelangte ein weiterer japanischer militärischer Aufklärungssatellit ins All. Mutmaßlich ist der Satellit mit einem aktiven Radar ausgerüstet. Bezeichnet wird das neue Raumfahrzeug als IGS Radar 6.
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: JAXA, Mitsubishi Heavy Industries, Ltd., NHK, The Japan Times.
Das IGS-Programm …
… verfügt seit 2003 über Satelliten zur Informationsgewinnung im Weltraum. Die Bezeichnung der Satelliten folgt ihren Aufgaben: IGS steht für Information Gathering Satellite (情報収集衛星, jōhō shūshū eisei), die Ergänzung Optical oder Radar weist auf die konkrete Ausrüstung eines Raumfahrzeugs der Serie hin.
Anfangs erfolgte der Einsatz der Raumfahrzeuge des IGS so, dass jeweils ein mit optischen Bilderfassungssystemen und ein mit einer Radaranlage ausgerüsteter Satellit hintereinander Stellen von Interesse am Erdboden untersuchten. Seit Anfang 2013 nutzt man je zwei Satelliten mit optischen Bilderfassungssystemen und mit Radaranlagen zusammen in einer Konstellation, die es ermöglicht, jeden Punkt am Erdboden mindestens ein mal pro Tag abzutasten.
Im All befanden sich nach Angaben der japanischen Fernsehgesellschaft NHK vor dem heutigen Start vier Radarsatelliten und drei mit optischen Bilderfassungssystemen. The Japan Times hat 2017 gemeldet, Japan verfüge über jeweils drei kontrollierte Satelliten beider Bauarten. Jeweils ein Satellit beider Bauarten diene als Backup.
Mit Datum vom 12. Juni 2018 berichtete The Japan Times, Japans Regierung betreibe vier Radarsatelliten und zwei mit optischen Bilderfassungssystemen. Die Satelliten würden benutzt, um zum Beispiel militärische Einrichtungen in Nordkorea zu überwachen und um Bilder von Gebieten aufzunehmen, die von Naturkatastrophen betroffen sind. Ziel sei es, schließlich eine Gruppe von zehn einsatzfähigen Satelliten zu bekommen, unter denen sich dann auch Relaissatelliten befinden sollen.
Die Erde umkreisen die Satelliten auf annähernd polaren, rund 98 Grad gegen den Erdäquator geneigten Umlaufbahnen in Höhen zwischen 480 und 500 Kilometern. Betrieben werden sie im Auftrag des japanischen Kabinetts von dessen Zentrum für Satellitenaufklärung. Der Nutzen des Systems liegt japanischen Angaben zufolge insbesondere in der Erkennung möglicher Gefahren, die in den Nachbarstaaten Japans entstehen.
Neben der Aufklärung möglicherweise bedenklicher Aktivitäten in den Nachbarstaaten, wie zum Beispiel der Vorbereitung von Starts militärischer Raketen, wird eine Nutzung des Satellitensystems auch für zivile Zwecke behauptet. Unter anderem soll das System japanische Hilfskräfte in humanitärem Einsatz bei der Bewältigung von großen Unfällen und Naturkatastrophen unterstützen können.
Die Bodenauflösung der Radarsatelliten, die auch bei Bewölkung den Boden abtasten können, liegt nach Angaben aus Japan vermutlich im Bereich eines Meters. Schärfere Bilder erfassen können die Satelliten mit optischen Bilderfassungssystemen, sie sind allerdings auf geeignete Wetterbedingungen am zu beobachtenden Ort angewiesen. Hersteller bzw. Hauptauftragnehmer für den Bau der Satelliten ist die japanische Mitsubishi Electric Corporation (MELCO).
Der Start von IGS Radar 6 …
… erfolgte auf einer von Mitsubishi Heavy Industries (MHI) gebauten Rakete vom Typ H-IIA. Der in der Version 202 eingesetzte Raumfahrtträger war seiner Versionsbezeichnung entsprechend mit zwei seitlich an der Zentralstufe montierten Feststoffboostern vom Typ SRB-A3 ausgerüstet.
Zuletzt war der Start für den 11. Juni 2018 geplant. Wegen der Ausbildung einer möglicherweise ungeeigneten Wettersituation verschob man den Start am 9. Juni schließlich auf den 12. Juni 2018. Am 12. Juni 2018 um exakt 4:20 Uhr Weltzeit (6:20 Uhr MESZ) hob die Rakete dann am Anfang eines 13 Minuten und 57 Sekunden umfassenden Startfensters von der Rampe Nummer 1 des Yoshinobu-Startkomplexes (YLP-1) an der Südküste der japanischen Insel Tanegashima ab.
Konkrete Daten zum Ablauf des Fluges der H-IIA mit der Flugnummer F39 machten japanische Stellen nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die beim Abheben gezündeten Feststoffbooster der Anfangs rund 53 Meter hohen Rakete nach rund einer Minute und 48 Sekunden Flug abgeworfen wurden. Anschließend muss das flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff verbrennende Haupttriebwerk vom Typ LE-7A am Heck der ersten Stufe, das vor dem Abheben gezündet worden war, alleine für den weiteren Gewinn an Geschwindigkeit und Flughöhe gesorgt haben.
Rund vier Minuten nach dem Abheben dürfte die Nutzlastverkleidung abgetrennt worden sein, nach rund sechseinhalb Flugminuten schließlich auch die erste Stufe der Rakete. Danach begann die zweite Stufe mit einem Triebwerk des Typs LE-5B, das ebenfalls flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff verbrannte, mit ihrer Arbeit.
Vermutlich rund 20 Minuten nach dem Abheben wurde IGS Radar 6 dann von der zweiten Stufe nach einer einzigen Brennphase auf einer Erdumlaufbahn ausgesetzt. Nach Angaben der japanischen Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung (Japan Aerospace Exploration Agency, JAXA) und des Raketenherstellers MHI verlief der Flug der Rakete wie geplant, die korrekte Abtrennung des IGS Radar 6 sei bestätigt worden.
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