An Bord der Internationalen Raumstation haben fünf der sechs Raumfahrer alle Hände voll zu tun, während der Tourist Schwerelosigkeit und Ausblick weitgehend genießen kann.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA.
Nach dem Abkoppeln der Raumfähre Discovery am 25. März wurden Vorbereitungen für die Ankunft der neuen Stammbesatzung getroffen. Dazu gehörte beispielsweise die Konfiguration eines HDTV-Kanals vom russischen Segment. Dessen Daten gelangen über den US-basierten Teil über Houston und Oberpfaffenhofen nach Moskau. Das Raumschiff Sojus-TMA 14 mit dem Kommandanten Gennadi Padalka, dem Arzt Dr. Michael Barratt und dem Weltraumtouristen Charles Simonyi gelangte planmäßig auf eine Anfangsbahn zwischen 190 und 230 Kilometern Höhe bei einer Bahnneigung von 51,6°. Während es gegenüber der Station aufholte, konnten sich die drei Raumfahrer an die Schwerelosigkeit anpassen und die Kopplung vorbereiten.
In der ISS begannen für den Kommandanten Michael Fincke und den Bordingenieur Juri Lontschakow dagegen die Arbeiten für die Rückkehr zur Erde. So wurden die Sokol-Raumanzüge geprüft und mittels warmer Luft gründlich getrocknet. Auch der Anti-Schwerkraftanzug Kentaur wurde ausprobiert. Darüber hinaus wurden verschiedene gesundheitliche Tests durchgeführt. Juri trug die Unterdruckhose Tschibis, die durch einen verminderten Luftdruck die Beine auf eine Art belastet, die der Wirkung der Schwerkraft auf der Erde vergleichbar ist. Außerdem wurden an beiden Langzeitfliegern mit unterschiedlichen Apparaturen (CCIS, Pneumokard) Blutdruckmessungen vorgenommen und ein EKG angefertigt. Bei Fincke kamen außerdem Messungen der Hirndurchblutung hinzu. Komplettiert wurden die Landevorbereitungen durch Hörtests im Bereich von 250 bis 10.000 Hz (O-OHA). Bei vergangenen Expeditionen hatte man eine vorübergehende Verminderung des Hörvermögens festgestellt. Dieses Phänomen will man genauer untersuchen.
Die russischen Piloten Lontschakow und Padalka arbeiteten mit einem speziellen Flugsimulationsprogramm, das die Reaktionsfähigkeit in Stresssituationen feststellen soll (Pilot-M/NEURO), testeten bzw. trainierten die Kommunikation zwischen Station und Raumschiff beim Ablegemanöver und überprüften das ASN-M, eine Komponente des russischen Satelliten-Navigationssystems an Bord der Station. Zur Nachbereitung der Kopplung der neuen Besatzung am Heck der Station wurden außerdem verschiedene Arbeiten vorgenommen. So wurde das Kopplungsaggregat inspiziert, die Sojus an Bordnetz und Luftstrom der Station angeschlossen, verschiedene Geräte im Raumschiff deaktiviert, die Sokol-Anzüge getrocknet und die speziell angepassten Sitzschalen für Simonyi und Wakata in den Raumschiffen Sojus-TMA 13 bzw. 14 getauscht. Simonyi kehrt in der nächsten Woche mit Fincke und Lontschakow zur Erde zurück.
Parallel zum Transfer biologischer Proben für verschiedene Experimente aus dem Raumschiff in eine spezielle Kühleinrichtung der Station (Konjugatsija, Bioemulsija, Bioekologija, Astrovaccine und Polygen in CryoGem 03) wurde DAKON-M, ein Beschleunigungsmesser des Systems IZGIB deaktiviert. Mit diesem Gerät können Beschleunigungen, die im normalen Betrieb oder bei besonderen Ereignissen, in diesem Falle der Kopplung von Sojus-TMA 14 an die Station, genauer gemessen werden.
Während sich die Mitglieder der Expedition 18 auf ihre Rückkehr vorbereiten, wird bei den Neuankömmlingen die Anpassung an die Schwerelosigkeit zum Untersuchungsgegenstand. Bei SLEEP wird der Einfluss des Lichtes auf das Befinden einer Person untersucht. Die schnellen Hell-Dunkel-Zyklen beeinflussen den Schlaf-Wach-Rhythmus der Raumfahrer. Dazu trägt der Proband eine Actiwatch, die sowohl dessen Aktivität als auch die Lichtintensität protokolliert. Die ganze Woche über war Koichi Wakata das Untersuchungsobjekt. Im Rahmen von Biophosphonates nahm er außerdem ein spezielles Medikament ein, mit dem man eine Verringerung des Knochenabbaus in der Schwerelosigkeit erreichen will. Weitere Untersuchungen betrafen Blutdruck, Herz-Kreislauf-System, ein Belastungs-EKG, Lungenfunktion und Hörvermögen. Michael Fincke nahm hingegen an den Experimenten Integrated Immune (II) und Nutrition teil. Bei Nutrition werden Blut- und Urinproben genommen, ein Fragebogen zur Ernährung ausgefüllt sowie vor und nach der Rückkehr Knochen, oxidative Beschädigungen und hormonelle Änderungen untersucht. Es handelt sich um eine komplexe Studie zur Erforschung der physischen Veränderungen im menschlichen Körper bei längerem Aufenthalt in der Schwerelosigkeit. Bei II wird zusätzlich die Entwicklung des Immunsystems beobachtet. Dazu werden Speichelproben genommen.
Koichi Wakata arbeitete erstmals mit dem japanischen Manipulator (JEM RMS). Dabei führte er eine Reihe von Bewegungen aus und kontrollierte immer wieder die Genauigkeit und Handhabbarkeit. Bei der nächsten Shuttle-Mission soll eine größere Außenplattform am Kibo-Modul angedockt werden. Viele der hier ablaufenden Experimente können ohne Außenbordarbeiten mittels Roboterarm betreut werden.
Weitere Arbeiten betrafen die Messung von Umweltparametern innerhalb der Station (Experiment EXPERT mit Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftströmung), die Aktivierung einzelner biologischer Proben (CryoGem), weitere Tests einer neuen GPS-Antenne, das Daten-Managementsystem im Columbus-Modul, die Kalibrierung einer Anlage zur Untersuchung von Flüssigkeiten und Verbrennungsprozessen (Fluids & Combustion Facility) sowie das Zuführen frischen Sauerstoffs zur Stationsatmosphäre aus dafür vorgesehenen Vorräten des Transportschiffs Progress-M 66. Reguläre Wartungen betrafen unter anderem ein Luftfiltersystem sowie eine Kondenswasser-Rückgewinnungsanlage, Neustarts verschiedener Computer, Inspektionen der Sportgeräte, das Auswechseln beziehungsweise Aufladen verschiedener Batterien in einem Feuermelder und mehreren Messgeräten, die Aufbereitung von bei Außenbordarbeiten benutzten CO2-Filtern in Quest, Sicherung und Upload wissenschaftlicher Daten (Matroschka, Econ) sowie die Inspektion aller Luken im US-basierten Teil der ISS.
Mehrfach wurde via Amateurfunk Kontakt zu Bildungseinrichtungen in Kanada, Italien und Japan aufgenommen. Erdbeobachtungen (Crew Earth Observation) hatten überwiegend Einschlags- und Vulkankrater in Ghana, Mauretanien, Algerien, Equador und Kolumbien im Visier. Am 1. April standen auch einige Inseln im Fokus der Observation und Foto-Dokumentation.
Charles Simonyi nahm nur an wenigen Aktivitäten der Stationsbesatzung teil. Er führte eigene Messungen zur Strahlenbelastung durch, hatte mehrfach via Amateurfunk, Videokonferenz oder IP-Telefon Kontakt zur Erde und fotografierte interessante Gebiete und Phänomene des Heimatplaneten.
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