Die dreiköpfige Besatzung der ISS startet ihre erste vollständige Woche mit verschiedensten Tätigkeiten. Die Höhepunkte waren hier der US-Feiertag Thanksgiving, die Vorbereitung auf den Dragon-Demo-Flug und eine Bahnanhebung. (Newsbild: Die jetzige ISS-Besatzung Anton Schkaplerow, Kommandant Daniel Burbank und Anatoli Iwanischin)
Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net, Roskosmos.
Ihre ersten Tage im All nach der Abreise von Sojus-TMA 02M am 22. November verliefen weitestgehend ruhig. Lediglich eine drohende, dann aber abgesagte Notevakuierung der Station sorgte für Aufregung. Grund dafür war ein Trümmerteil des chinesischen Wettersatelliten Fengyun 1C, welcher 2007 zerstört wurde. Es drohte in den 850 Meter-Schutzbereich der ISS zu gelangen.
Weitere Bahnverfolgungsdaten des Weltraumschrotts ergaben allerdings eine Entwarnung, so dass die Besatzung auf das Besteigen ihres Sojus-Raumschiffes verzichten konnte. Sie genoss einen freien Tag, um sich von den anstrengenden Übergabeaktivitäten der letzten Tage zu erholen, beging den US-Feiertag Thanksgiving mit einem traditionellen Truthahn-Gericht und nur leichten Arbeitsaktivitäten. ISS-Kommandant Dan Burbank nutzte diesen Tag, um zu den Feierlichkeiten mit dem Sender CBS News zu sprechen. Zwei Wochen lang haben die drei Besatzungsmitglieder pro Tag eine Stunde persönliche Zeit, um sich an die Station und die Bedingungen im All zu gewöhnen.
Während der gesamten vorangegangenen Woche fanden Treibstofftransfers im russischen Stationsteil in Vorbereitung auf das nächste Bahnanhebungsmanöver statt. Nacheinander wurden vom Sarja-Modul Treibstoff (UDMH/Unsymmetrical Dimethylhydrazine) zum BG-2 Tank und Oxidator (NTO/Dinitrogen Tetroxide) in den BO-2-Tank des Swesda-Moduls geleitet. Zum Ende der Woche hatte Dan Burbank noch einige Forschungsaufgaben durchzuführen. Gleich nach dem Aufstehen hielt er seine dritte Sitzung des fünf Minuten dauernden Reaction Self Test ab. Der RST wird nochmals vor dem Schlafen gehen absolviert und soll Besatzungsmitgliedern helfen, ihre Leistungsfähigkeit durch Verschiebungen im Schlafrhythmus selbst zu beurteilen. Im Columbus-Modul bereitete er die Ultraschall-Hardware für sein erstes Integrated-Cardiovascular-Experiment vor. Bei ICV werden Veränderungen am Herzmuskel untersucht, eine Schrumpfung des Muskels tritt häufig bei Langzeitmissionen auf.
Anatoli Iwanischin arbeitete währenddessen im Rasswjet-Modul. Dort tauschte er eine elektrische Pumpe des Thermalregelsystems. Anton Schkaplerow bereitete die BTKh-43-KONSTANTA-Nutzlast vor und führte hier eine erste Sitzung durch. Dort untersucht man mit dem Recomb-K Hybrid-Bioreaktor potenzielle Effekte der Raumumgebung auf Enzyme hinsichtlich eines spezifischen Substrats. Anatoli Iwanischin übernahm die Dokumentarfotografie während der Experiment-Reihe. Vorbereitend auf den Demonstrationsflug des neuen US-Versorgers, der Dragon-Kapsel von SpaceX, sammelte Dan Burbank Hardware der CUCU (COTS UHF Communications Unit) im Harmony-Modul. Für die Zusammenlegung der beiden Demo-Flüge 2+3 ist die Software des CUCU aktualisiert worden.
Die anschließenden Prüfungen der Updates sollen sicherstellen, dass eine Kontrolle der Dragon-Kapsel mit dem Kontrollpaneel CCP (Crew Command Panel) von der ISS funktioniert, wenn das Raumschiff 2,5 Kilometer unterhalb der Raumstation fliegt. Die neue Software, Version R.2, wurde von einer DVD in die CUCU geladen, welche bereits mit STS 135 zur ISS kam. Ein Firmware-Update der zwei CCP’s wurde aus Zeitgründen verschoben.
Am Anfang dieser Woche stand ein Trainingstag auf dem Programm. Dan Burbank absolvierte seine erste Sitzung des Treadmill-Kinematics-Programms auf dem Laufband T2/COLBERT. Diese Studie soll helfen, durch Vergleiche von Lauftrainings im All und auf der Erde ein optimales Fitnessprogramm zur Gesunderhaltung von Menschen bei Langzeitmissionen zu entwickeln. Mit der Hilfe von Anton Schkaplerow ermittelte er turnusmäßig seinen Gesundheitszustand. Beide bestimmten anschließend ihre individuellen Körpermassen. Anton Schkaplerow und Anatoli Iwanischin maßen weiterhin den Umfang ihrer Waden. Angeführt vom Kommandant Dan Burbank absolvierten beide ein zweistündiges Onboard-Notfalltraining. Dabei geht es hauptsächlich um den Fall eines schnellen Druckverlustes im amerikanischen oder russischen Segment. Aber auch andere Szenarien wie Feuer an Bord oder die schnelle Evakuierung der Station wurden geprobt und die Ergebnisse abschließend mit der Bodenstation ausgewertet.
Am 1. Dezember erfolgte eine weitere Bahnanhebung mit den Antriebssystemen des Swesda-Moduls. Um 00:11 Uhr MEZ feuerten zwei KD-Triebwerke des ODU-Systems (Integrated Propulsion System) für 1 Minute und 3 Sekunden. Die dabei erreichte Änderung der Geschwindigkeit von plus einem Meter pro Sekunde steigerte die Höhe der mittleren ISS-Umlaufbahn um rund 1,75 Kilometer auf insgesamt 392,1 Kilometer. Zusammen mit einem am 9. Dezember geplanten weiteren Manöver soll die Flugbahn der Internationalen Raumstation für das demnächst ankommende bemannte Raumschiff Sojus-TMA 03M optimiert werden. Vor der Triebwerkszündung wurden alle Schutzabdeckungen an den Fenstern des US-Segments geschlossen, um Verunreinigungen an diesen zu vermeiden. Auch der Experimentalschrank für Verbrennungsexperimente (CIR = Combustion Integrated Rack) im Destiny-Modul musste präpariert werden. Hier wurden drei Schutzmechanismen installiert, die das ARIS (Active Rack Isolation System) vor dynamischen Störungen bei der Triebwerkszündung schützen sollen.
Am gestrigen Tag arbeitete Dan Burbank an der Technologiedemonstration PACE (Preliminary Advanced Colloids Experiment). Mit PACE werden Flüssigkeitsteilchen in der Schwerelosigkeit untersucht. Ebenso bereitete er einen neuen Aufbau in einem Handschuhkasten (Glovebox) vor. Im russischen Stationsteil war Anatoli Iwanischin mit dem Ausladen der 147 Frachstücke aus Sojus-TMA 22 beschäftigt. Dann arbeitete er mit dem Strahlenforschungsexperiment Matrjoschka-R. Hier sind in einem vielschichtigen Torso mehrere Lagen verschiedener Detektoren für Teilchen- und elektromagnetische Strahlung eingearbeitet. Anton Schkaplerow betreute das Experiment TEKh-22 “Identifikazija” (Identifikation) im Rasswjet-Modul. Dabei werden strukturelle Daten der Station durch einen Mikrobeschleunigungssensor bei Kopplungs- und Bahnmanövern erfasst und ausgewertet. Im Anschluss führte er Wartungsarbeiten am Ventilationssystem des Swesda-Moduls durch und entlud weitere Fracht aus dem gekoppelten Progress-Transporter.
Mittlere Bahnhöhe der ISS am 01.12.2011:
392,1 km bei einer Höhenzunahme von rund 1.460 Metern in den letzten 24 Stunden
Zukünftige Ereignisse:
- 09. Dezember, Bahnanhebung durch die Triebwerke von Swesda (TBD)
- 23. Dezember, Sojus-TMA 03M erreicht die ISS
- 25. Januar, Progress-M 13M verlässt die ISS
Raumcon: