Bei einem Treffen in Noordwijk sollen kühne Ideen und gewagte Konzepte für Raumfahrtmissionen kommender Jahrzehnte besprochen werden.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: ESA. Vertont von Dominik Mayer.
Raumfahrzeuge müssen sich weiterentwickeln. Der Fortschritt in der Raumfahrt besteht nicht nur darin, alte Komponenten durch neue, bessere zu ersetzen. Es ist an der Zeit, im Ganzen zu überdenken, was eine Raumfahrtmission erreichen soll und wie sie ihre Ziele erreichen kann. Weltweit anerkannte Experten versammeln sich am 21. Februar bei der ESA, um neue Ideen auszutauschen und unkonventionelles Denken über künftige Raumfahrtsysteme in Gang zu setzen.
„Wir sind der Ansicht, dass die Zukunft der Raumfahrt darin besteht, neue Systeme zu nutzen, neue Architekturen und die Konzeption von Raumfahrtmissionen neu zu erfinden“, sagte Dario Izzo vom Advanced Concept Team (ACT) der ESA.
In diesem Sinne versammeln sich die Experten für einen Tag intensiven Brainstormings bei der ESTEC, dem Forschungs- und Entwicklungszentrum der ESA. Sie werden über folgende Neuerungen diskutieren: Superdünne Kabel zur Stromversorgung aus dem Weltraum bei der Erforschung der Planeten und Monde des äußeren Sonnensystems; fortgeschrittene Antriebe für Asteroiden-Ablenkmissionen oder Missionen außerhalb des Sonnensystems; Schwärme kleiner Satelliten in Formation zur Erstellung größerer Strukturen wie Teleskope und Solarwindsegel; Konstellationen von Satelliten, die sich wie starre Objekte verhalten und Keplers Gesetzen zu spotten scheinen.
„Dieser Workshop wird Missionen und Architekturen diskutieren, die vielleicht in 20 bis 30 Jahren starten könnten. Wir werden über neue Ansätze reden, wie Raummissionen gebaut, kontrolliert und ausgeführt werden können“, sagt Roger Walker, einer der Ko-Organisatoren der Veranstaltung.
Ein Schwerpunkt des Workshops wird die koordinierte Bewegung von Satellitenschwärmen sein. Primitive, zielorientierte Instinkte werden in das Kontrollsystem jedes Einzelsatelliten programmiert, der eine kleine, begrenzte Aufgabe ausführen soll, ohne sich „bewusst“ zu sein, dass das Gesamtkollektiv ein weit komplexeres Ziel verfolgt. Dies entspricht dem Verhalten von Ameisen und Termiten. In diesem Sinne verkörpert ein Satellitenschwarm eine kollektive Intelligenz.
Große Strukturen könnten so gebaut werden. Oder viele kleine Teleskope könnten in Formation fliegen und so eine weit größere Abbildungsleistung erzielen als jedes denkbare Einzelteleskop. Auf der Erde gibt es ja bereits heute solche Teleskop-Arrays – warum also nicht auch im Weltraum mit seinen weit besseren Beobachtungsbedingungen. Satellitenschwärme könnten auch in koordinierter Weise zusammen arbeiten, um viele Asteroiden auf einmal zu erkunden und einen großen Querschnitt von vergleichbaren Informationen zur selben Zeit zu erhalten, statt nur einen Schnappschuss eines einzelnen Asteroiden, wie es derzeit üblich ist.
Der Innovationsworkshop wird am 21. Februar bei der ESTEC in Noordwijk statt finden. Er wird organisiert vom Advanced Concepts Team, einem kleinen Team von jungen, promovierten Wissenschaftlern, die fortgeschrittene Forschung an Raumfahrtsystemen, neuen Konzepten und Arbeitsmethoden fördern.
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