Nach dem frühen Ausfall des zuletzt gestarteten indischen Kommunikationssatelliten GSAT 6A geht die indische Weltraumforschungsorganisation (ISRO) wohl auf Nummer sicher. Die Mondsonde Chandrayaan 2 und der Kommunikationssatellit GSAT 11 werden zusätzlichen Tests unterzogen.
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: Antrix, Arianespace, ISRO, NDTV, SAC, Times Of India, Twitter.
GSAT 6A war am 29. März 2018 auf der GSLV-Rakete mit der Flugnummer F08 ins All transportiert worden. Nach dem Aussetzten hatten die üblichen Bahnanhebungsmanöver begonnen, die der Vorbereitung der Positionierung des Satelliten an einer Position bei 83 Grad Ost im Geostationären Orbit (GEO) dienten. Nach dem zweiten Bahnanhebungsmanöver war am 1. April 2018 der Kontakt zum Satelliten nach Angaben der ISRO jedoch abgebrochen, Raumfahrer net berichtete.
Zuletzt wurde der Satellit auf einer rund 3,3 Grad gegen den Erdäquator geneigten Bahn mit einem der Erde nächstliegenden Bahnpunkt 25.986 Kilometer über der Erde und einem erdfernsten Bahnpunkt 36.377 Kilometer über der Erde beobachtet. Seine Bahn hat sich nach dem Kommunikationsabriss nur um Nuancen verändert.
Die Times Of India teilt in ihrer Internetausgabe mit, dass der Direktor des Vikram Sarabhai Space Centre (VSSC) S. Somanath zwischenzeitlich berichtete, dass man analysiert und verstanden habe, was an Bord von GSAT 6A passiert sein könnte. Somanath beschrieb die Schwierigkeiten als ein Problem im Stromversorgungssystem aus Akkumulatoren, Solarzellenauslegern und elektronischen Schaltungen. Unterstellt wird ein Kurzschluss, der im Verein mit möglicherweise versagenden Schutzschaltungen Leitungen zerstört habe.
Sabotage beim Bau des Satelliten wollte S. Somanath im Gespräch mit Journalisten ausschließen. Die Satellitensysteme seien beim Bau immer wieder getestet worden. Wissenschaftler versuchten noch immer, die Kontrolle über das Raumfahrzeug wiederzuerlangen. Nicht völlig ausgeschlossen ist, dass sich der Satellit noch in einen sogenannten Sicherheitsmodus („safemode“) versetzt oder versetzen konnte, in dem er schließlich irgendwann auf Funksignale reagiert.
Die Tests der annähernd fertiggestellten und zuletzt für einen Start im April 2018 vorgesehenen Mondsonde Chandrayaan 2 sollen ausgedehnt werden. Ihren Start auf der Rakete GSLV-F10 verschob die ISRO auf Oktober 2018. Angesichts des geplanten Missionsverlaufs gibt es nur in einigen Monaten geeignete Startfenster, die etwa einen oder zwei Tage breit sind. Im April wäre ein passendes Startfenster, das jetzt sicher verpasst wird. Weitere geeignete Startfenster gibt es im Oktober und November. Aktuell anvisiert ist die erste Oktoberwoche.
Chandrayaan 2 (Gesamtmasse 3.290 Kilogramm) besteht aus einem Mondsatelliten, einem Lander für eine weiche Landung auf der Mondoberfläche und einem kleinen sechsrädrigen Rover. Das Programm baut auf den mit der Sonde Chandrayaan 1 gemachten Erfahrungen auf und soll die Möglichkeiten der indischen Mondforschung deutlich ausweiten. Chandrayaan 1 war am 22. Oktober 2008 gestartet worden.
Chandrayaan 1 hatte am 8. November 2008 einen Mondorbit erreicht. Sie arbeitete anschließend bis zum 29. August 2009. Verbesserungen bei Chandrayaan 2 betreffen unter anderem das Thermalmanagement. Bei Chandrayaan 1 hatte der Energieeintrag durch die Rückstrahlung der Mondoberfläche für ernste Temperaturprobleme an Bord der Sonde gesorgt, Raumfahrer.net berichtete.
Indiens bisher modernster Kommunikationssatellit GSAT 11 hat Ende März 2018 das europäische Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guayana erreicht. An sich hatten Arianespace und ISRO vorgesehen, GSAT 11 zusammen mit einem weiteren Kommunikationssatelliten im Mai 2018 (möglicherweise am 25. Mai 2018) an Bord der Ariane-5-Rakete mit der Flugnummer VA243 in den Weltraum zu transportieren. Zwischenzeitlich wurde jedoch bekannt, dass man GSAT 11 zurück nach Indien bringen will.
Eine offizielle Bestätigung durch den Startanbieter Arianespace oder den indischen Satellitenbetreiber zum Startaufschub für GSAT 11 liegt aktuell noch nicht vor. Beobachter des indischen Raumfahrtprogramms sind sich indes sicher, dass die Mission VA243 vermutlich nicht im Mai 2018 starten kann. Über den Kurznachrichtendienst Twitter wird verbreitet, VA243 habe derzeit den Status „abgesagt“, indisches Personal habe den Rückweg nach Indien angetreten.
GSAT 11 erst nach einer gründlichen Überprüfung zu starten erscheint plausibel. Für das indische Raumfahrprogramm im allgemeinen und das indische Kommunikationssatellitenprogramm insbesondere hat das neue Raumfahrzeug mit einer Startmasse von rund 5.870 Kilogramm eine herausragende Bedeutung. Indischen Angaben zufolge ist es als das bisher schwerste aus Indien mit neuen technischen Lösungen versehen sowie mit Ausstattungsdetails, die modernsten technischen Stand repräsentieren.
Hervorzuheben ist auch, dass GSAT 11 zum ersten Mal einen Hauptkörper besitzt, der aus der Kombination zweier Grundstrukturelemente besteht. Das eine der Elemente ist ein bisher mehr oder weniger übliches für Bussysteme und Nutzlastkomponenten mit einem klassischen Zentralrohr, das zweite zusätzliche Element ist eines für zusätzliche Nutzlast und mit einem eigenen Zentralrohrabschnitt.
Der neue dreiachsstabilisierte Satellit soll einen Gesamtdatendurchsatz von über 12 Gigabit pro Sekunde ermöglichen (laut Antrix 2017: 10 Gbps) und von einer Position bei 74 Grad Ost im GEO internetbasierte Kommunikationsdienste und Anbindungen an VSAT-Netzwerke bereitstellen. Mit 16 Ausleuchtzonen im Ku-Band könnte er das indische Mutterland und umliegende Inseln inklusive der zu Indien gehörenden Andamanen und Nikobaren versorgen und auch abgelegene Landesteile anbinden. Zwei spezielle Ka-Band-Ausleuchtzonen sind zur Versorgung der Großräume Neu-Delhi und Bangalore bzw. Bangaluru gedacht.
Um seine Aufgaben während seiner Auslegungsbetriebsdauer von mindestens 15 Jahren erfüllen zu können, ist der Satellit – eine Konstruktion, die auf dem neuen indischen Satellitenbus I-6K basiert – mit insgesamt 40 Transpondern ausgestattet, die beim Raumfahrtanwendungszentrum der ISRO (Space Applications Centre, SAC) in Ahmedabad entstanden. Der Energieerzeugung dienen Solarzellen auf zwei neu entwickelten Auslegern, welche die Systeme von GSAT 11 mit einer elektrischen Leistung von bis zu 11 Kilowatt versorgen können.
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