Im Hitzeschild: Das MEDLI-Suite

Bei dem MEDLI-Suite handelt es sich um insgesamt 14 im Hitzeschild integrierte Sensoren, welche während der Abstiegsphase des Rovers Curiosity diverse Druck- und Temperaturdaten innerhalb der Marsatmosphäre sammeln werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter

Techniker der Firma Lockheed Martin in Denver/Colorado, wo der Hitzeschild des Rovers gefertigt wurde, bei der Montage der einzelnen MEDLI-Sensoren.
(Bild: Lockheed Martin)

Obwohl es nicht zu den 10 „offiziellen“ wissenschaftlichen Instrumenten des Marsrovers Curiosity zählt, wird auch das MEDLI-Suite den Wissenschaftlern und speziell den Ingenieuren der NASA wichtige Daten über den Mars und über dessen Atmosphäre liefern können. „MEDLI“ ist die Abkürzung für das „MSL Entry Descent and Landing Instrument“. Der Namenszusatz MSL bildet dabei die früher verwendete Namensabkürzung für den Rover, welcher ursprünglich als Mars Science Laboratory bezeichnet wurde. Die Begriffe „Entry Descent and Landing“ (kurz „EDL“) stehen dagegen für die drei Einzelphasen der Landung auf unserem äußerem Nachbarplaneten: dem Eintritt des Rovers in die Marsatmosphäre, dem danach erfolgenden Abstieg und der Landung auf der Planetenoberfläche.

Das MEDLI setzt sich aus insgesamt 14 Sensoren zusammen, welche im Hitzeschild des Rovers integriert sind und von denen sieben während der mehrminütigen Abstiegsphase den Atmosphärendruck in unterschiedlichen Höhen über der Marsoberfläche ermitteln sollen. Zudem soll mit sieben weiteren Sensoren die Temperaturen ermittelt werden, welchen der Hitzeschild dabei ausgesetzt sein wird. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse, so das primäre Ziel der NASA für dieses Sensorenpaket, werden in zukünftige Missionen einfließen, bei denen ebenfalls die Marsatmosphäre durchquert werden muss.

Ähnlich wie bei dem Wiedereintritt von Raumfahrzeugen in die irdische Atmosphäre muss ein Raumfahrzeug auch bei dem Eintritt in die Marsatmosphäre und bei deren Durchquerung enormen Temperaturbelastungen standhalten können. Aus diesem Grund sind die Landekapseln mit einem die Hitze absorbierenden Schutzschild versehen. Die bisherigen Marsmissionen verfügten allerdings lediglich über begrenzte Informationen bezüglich der Zusammensetzung und Dichte der Atmosphäre des „Roten Planeten“ und der bei deren Passage auftretenden Beanspruchungen. Präzise Vorhersagen der zu erwartenden Temperaturen beim Eintritt in die Marsatmosphäre oder der dabei auftretenden Strömungsverhältnisse waren dabei leider nur bedingt möglich. Aus diesem Grund wurde der Hitzeschutz bei den bisherigen Landungen auf dem Mars aus Sicherheitsgründen immer mit einer großen Toleranzen konzipiert. Die daraus resultierenden überdimensionierten Hitzeschutzschilde wirkten sich aufgrund des sich dabei ergebenden Gewichtes allerdings stets negativ auf den Umfang der wissenschaftlichen Nutzlasten der Raumfahrzeuge aus. Durch die Messungen der MEDLI-Sensoren soll sich dies in Zukunft ändern.

Die zentrale Elektronikeinheit des MEDLI. Um Vibrationen möglichst optimal abzufedern ist diese auf vier Vibrationsisolatoren platziert.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Für eine grundlegende Verbesserung der Eintrittstechnologie ist dabei eine exakte Vorhersage der Verteilung des Hitzeflusses auf der Oberfläche der Landekapseln, welche mit Hyperschallgeschwindigkeit in die Marsatmosphäre eintreten, unerlässlich. Zur Modellierung der bei der Atmosphärendurchquerung auftretenden Hochtemperaturströmungen werden in erster Linie Computersimulationen eingesetzt. Für diese numerischen Strömungssimulationen wird unter anderem auch das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte TAU-Rechenverfahren genutzt.

Diese Simulationsmodelle sind allerdings für Objekte optimiert, welche in der irdischen Atmosphäre operieren. Auf dem Mars, der über eine mehr als hundertmal dünnere Atmosphäre verfügt als die Erde, welche zudem zu über 95 Prozent aus Kohlendioxid besteht, herrschen dagegen gänzlich andere Ausgangsbedingungen. MEDLI soll jetzt die Daten liefern, mit denen die bisherigen Computermodelle möglichst optimal auf die Marsbedingungen angepasst werden können. Die Sensoren werden während des Eintittes und der Abstiegsphase die genauesten und – aus zeitlicher Sicht betrachtet – längsten Daten liefern, welche bisher bei Landemanövern auf dem Mars gesammelt werden konnten

Die Verteilung der 14 Sensoren auf dem Hitzeschild. Die Sensoren T1 bis T7 markiert die MISP-Sensoren, P1 bis P7 die MEADS-Sensoren. Die rote Farbe zeigt den Bereich des Schildes an, auf dem während der Abstiegsphase die höchsten Temperaturen auftreten werden. Die blaue Farbe markiert dagegen den Bereich mit den niedrigsten Temperaturen.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Sieben der dazu verwendeten Sensoren, die „MEDLI Integrated Sensor Plugs“ (kurz „MISP“) sind dabei für die Ermittlung der Temperaturen bestimmt, welchen der Hitzeschild an verschiedenen Punkten und in unterschiedlichen Tiefen beim Eintritt und beim Abstieg durch die Marsatmosphäre ausgesetzt sein wird. Hierfür verfügt jeder der MISP-Sensoren über vier Thermoelemente, welche die auftretenden Temperaturen in einer Schutzschildtiefe von etwa 2,5 Millimetern, fünf Millimetern, 11 Millimetern und 17,5 Millimetern erfassen sollen.

Weitere sieben Sensoren bilden das „Mars Entry Atmospheric Data System“ („MEADS“) und sind für die Registrierung des Atmosphärendrucks in unterschiedlichen Höhen über der Oberfläche verantwortlich. Die akkurate Ermittlung der jeweiligen Druckwerte wird dadurch ermöglicht, dass die im Inneren der Schutzschildstruktur platzierten Drucksensoren über jeweils lediglich etwa 2,5 Millimeter durchmessende Röhren verfügen, durch welche sie mit der Lufthülle des Planeten verbunden sind. Eine zentrale „Sensor Support Electronics Box“ (kurz „SSE“) befindet sich an der Innenseite des Schildes und ist für die Energieversorgung der diversen Sensoren, die Koordinierung der Datenaufzeichnung und den Transfer der gewonnenen Daten zum Bordcomputer verantwortlich.

MEDLI wird mit der Aufzeichnung der Daten bereits etwa zehn Minuten vor dem Eintritt in die Marsatmosphäre beginnen und ist bis zum Entfalten den Landefallschirmes, welcher etwa vier Minuten nach dem Eintritt in rund zehn Kilometern Höhe über der Planetenoberfläche erfolgt, aktiv. Der Großteil der dabei gesammelten Daten wird zuerst im Bordcomputer des Marsrovers Curiosity gespeichert und nach der erfolgten Landung auf dem Mars im Laufe der folgenden vier Wochen an das Rover-Kontrollzentrum in Pasadena/Kalifornien übertragen. Ein Teil der gesammelten Daten soll jedoch bereits direkt während der Abstiegsphase zusammen mit weiteren EDL-Telemetriedaten des Rovers in Echtzeit übermittelt werden.

Das MEDLI-Suite wurde vom Langley Research Center der NASA in Kooperation mit dem Ames Research Center entworfen und entwickelt. Der für die Auswertung der gesammelten Daten hauptverantwortliche Wissenschaftler ist Dr. F. McNeil Cheatwood vom Langley Research Center. Neben der weiteren Verwendung für die Planung zukünftiger Marsmissionen können die gesammelten Daten auch dazu genutzt werden, um das bisherige Verständnis der oberen Atmosphärenschichten des Mars weiter zu verfeinern.

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