Die kleine Demonstrationssonde IKAROS (Interplanetary Kite-craft Accelerated by Radiation Of the Sun) hat am 10. Juni ihr quadratisches Sonnensegel erfolgreich entfaltet.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: JAXA.
Außerdem liefern die auf einem kleinen Teil des 173 m² großen Segels aufgebrachten Dünnschichtsolarzellen elektrische Energie. Damit sind die grundlegenden Ziele bereits erreicht und die Mission kann als Erfolg angesehen werden. Etwa einen Monat lang will man nun das Verhalten von Sonde und Segel beobachten, bevor man versucht, aktiv zu steuern.
IKAROS war am 21. Mai gemeinsam mit 3 Kleinsatelliten und zwei weiteren Raumsonden an der Spitze einer H2-A-Trägerrakete ins All gebracht worden. Nachdem die drei Cubesats im Erdorbit abgesetzt worden waren, zündete die Oberstufe ein zweites Mal und brachte die weitere Nutzlast auf Fluchtgeschwindigkeit und auf den Weg in Richtung Venus. Die erste Sonde, Akatsuki, soll im Dezember in eine Umlaufbahn um die Venus einschwenken, während IKAROS diese nur passieren wird. Der dritte im Bunde ist die Studentensonde UNITEC 1, zu welcher der Kontakt allerdings kurz nach dem Start verlorenging.
Am 31. Mai hatte man die 4 Pilotmassen, durch deren Fliehkraft das zu Bändern zusammengefaltete Segel aus dem Sondenkörper von IKAROS gezogen werden sollte, gelöst. An den folgenden Tagen wurden Kameras sowie Abrollmechanismus getestet und das Segel anschließend in mehreren Schritten herausgezogen. Gestern klappte man schließlich die acht motorgetriebenen Rollen nach unten und gab damit das Segel zur Entfaltung frei. Der Sondenkörper ist mit diesem über mehrere Leinen und Kabel verbunden, durch die sowohl elektrische Energie als auch Daten zwischen beiden ausgetauscht werden.
Das Segel besteht aus vier identischen Trapezen Polymerfolie aus zwei unterschiedlichen Materialien. Die Folie hat eine Dicke von etwa 8 Mikrometern und trägt Solarzellen, schaltbare Reflektoren sowie Staubdetektoren. Das ganze Segel hat eine Masse von nur knapp 2 kg.
Hauptaufgabe der Sonnensegelmission ist die Erprobung neuer Technologien für zukünftige japanische Tiefraummissionen. So will man in einigen Jahren größere Sonnensegel nutzen, um mehr wissenschaftliche Nutzlast obendrein schneller ans Ziel zu bringen. Dazu dient nicht nur das Sonnensegel und seine ausgeklügelte Steuerung. Mit großflächigeren Dünnschichtsolarzellen will man ausreichend Energie für den Dauerbetrieb eines Ionentriebwerks gewinnen. Dabei dürfte der Ionenantrieb mehr Schub erzeugen als der auf das Segel wirkende Lichtdruck der Sonne. Dafür benötigt das Sonnensegel allerdings keinen Treibstoff, da der Antriebsimpuls ja von den Photonen des Sonnenlichts stammt.
Gesteuert werden soll das Sonnensegel über schaltbare Reflektoren, die ebenso wie die Solarzellen einige Prozent der Oberfläche des IKAROS-Segels bedecken. Ohne angelegte Spannung reflektieren sie diffus. Dabei wirkt ein Teil des ohnehin schwachen Impulses in verschiedene Richtungen und hebt sich gegenseitig auf. Wird das Licht dagegen direkt in die ankommende Richtung zurückgeworfen, so wirkt der Impuls genau senkrecht auf das Segel. Sind die Reflektoren auf einem Viertel des quadratischen Segels auf direkte Reflexion geschaltet, so wirkt hier eine stärkere Kraft. Das Segel und damit auch die mit diesem durch Kabel verbundene Sonde drehen sich langsam quer zur Flugrichtung.
Die Antriebwirkung ist allerdings in jedem Falle sehr gering. Bei maximaler Wirkung, also hundertprozentiger, senkrechter Reflexion liegt die Kraft bei knapp 1,6 Millinewton. Dies entspricht etwa dem Gewicht einer Briefmarke auf der Erde. Die rund 315 kg träge Sonde erreicht damit eine Beschleunigung von etwa 0,000.005 m/s². In einer Stunde würde sie also etwa 2 cm/s schneller, an einem Tag 43 cm/s, in einem Monat knapp 13 m/s. Erst mit sehr großen Segeln kann man deutlich höhere Werte erreichen. Dafür ist allerdings das Gelingen dieser Pilotmission von immenser Bedeutung.
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