IAC 2018: JAXA, CNES, DLR wollen Marsmonde erforschen

Auf dem Internationalen Astronautischen Kongress 2018 (International Astronautical Congress 2018, IAC 2018) unterzeichneten Vertreter der Raumfahrtagenturen aus Japan, Frankreich und Deutschland eine Absichtserklärung, der zufolge man zusammen ein Projekt zur Erforschung der Marsmonde Phobos und Deimos vorantreiben will. Ziel ist der Start einer entsprechenden Mission unter der Bezeichnung MMX im Jahre 2024.

Quelle: IAC 2018, JAXA.

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Die Unterzeichnung erfolgte im Lichte der erfolgreichen Mission des Asteroidenlanders MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout), den die Japanische Agentur für Luft- und Raumfahrtforschung (Japan Aerospace Exploration Agency, JAXA) an Bord ihrer Sonde Hayabusa 2 für das Französische nationale Raumfahrtzentrum (Centre national d’études spatiales, CNES) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum Asteroiden Ryugu gebracht hatte.

Passend zur Bezeichnung MMX (Martian Moons eXploration) will man unter der Führung der JAXA eine Mission vorbereiten, die das Ziel hat, die Marsmonde Phobos und Deimos zu untersuchen, Lander auf ihnen abzusetzen und Proben zur Erde zurückzubringen. Den für MMX vorgesehenen Rover zur Vorerkundung sollen CNES und DLR beisteuern.

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Bei und nach der Unterzeichnung der Erklärung zu MMX
(Bilder: RN)

Der MMX-Rover soll vor dem Lander mit der Hardware für die Probenrückführung abgesetzt werden. Ihm kommt nämlich eine wichtige Aufgabe zu: Um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Probenentnahme und die Chance auf relvante wissenschaftliche Ergebnisse zu vergrößern, soll der Rover eine detaillierte Vorerkundung des Regoliths auf der Oberfläche von Phobos oder Deimos durchführen. Auf welchem der Monde man schließlich landen möchte, wird derzeit noch untersucht. Die Menge des zurückzuführenden Materials steht aber fest: Mindestems 10, im Idealfall 100 Gramm Material aus einer Tiefe von rund 10 cm sind einzusammeln.

Im Gegensatz zu MASCOT, dessen chemische Primärzellen seine aktive Lebensdauer auf etwa einen Tag begrenzten (MASCOT arbeitete auf Ryugu schließlich ~17 Stunden), ist für den MMX-Rover eine Versorgung mit elektrischer Energie durch Solarzellen vorgesehen. Die Auslegung will man derart gestalten, dass der Rover mehrere Monate aktiv und mobil sein kann.

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MMX-Rover-Modell neben MASCOT-Modell am CNES-Stand auf dem IAC 2018
(Bild: RN)

Die in Bremen am 3. Oktober 2018 getroffene Vereinbarung unterzeichneten für die JAXA deren Präsident Hiroshi Yamakawa, für das CNES dessen Präsident Jean-Yves Le Gall, sowie die DLR-Vorstandsvorsitzende Pascale Ehrenfreund, außerdem das DLR-Vorstandsmitglied Hansjörg Dittus, im Vorstand zuständig für den Bereich Raumfahrtforschung und -technologie.

Aus Frankreich kommt ein weiterer Beitrag für MMX. Das Infrarot-Spektrometer MacrOmega (Macroscopique Observatoire pour la Minéralogie, l’Eau, le Glaces et l’Activité) vom Institut d’Astrophysique Spatiale (IAS) in Orsay bei Paris ist laut seiner Bezeichnung ein makroskopisches Observatorium für Mineralorgie, Wasser, Eis und Aktivität. Es kann Emissionen im nahen Infrarot bis zu Wellenlängen von 4 µm erfassen. Gewonnene Daten können Informationen über die Verteilung von wasserhaltigen und organischen Substanzen auf einem Marsmond enthalten. Solche Informationen will man bei der Auswahl von zu beprobenden Stellen an der Oberfläche nutzen.

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MMX mit Marsmonden – Illustration
(Bild: JAXA)

Auch die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtagentur (NASA) beteiligt sich an MMX. Sie will im Rahmen ihres Discovery Programms ein Neutronen- und Gammastrahlenspektrometer beisteuern. Das MEGANE für Mars-moon Exploration with GAmma rays and NEutrons genannte Instrument wird vom Labor für angewandte Physik (Applied Physics Laboratory, APL) der Johns Hopkins Universität (JHU) entwickelt. Es ist dafür gedacht, durch die Bestimmung der Energien von vom Mond Phobos ausgesandter Neutronen- und Gammastrahlung Schlüsse auf die chemische Zusammensetzung der Oberfläche von Phobos zu ermöglichen. So gewonnene Daten will man mit denen, die man bei der Untersuchung zurückgeführter Bodenproben gewinnen kann, vergleichen.

Aus Japan kommt der Circum-Martian Dust Monitor (CMDSM). Das Instrument zur Bestimmung der Häufigkeit von Staubpartikeln >= 10 µm entsteht unter der Leitung des Zentrums für Planetenforschung des Chiba-Instituts für Technologie. Die selbe Einrichtung bereitet auch einen Laserentfernungs- und Geschwindigkeitsmesser vor. Der LIDAR (Light Detection and Ranging) ist dafür gedacht, Daten zur Oberflächenstruktur und den Rückstrahleigenschaften (Albedo) von Marsmonden zu liefern.

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MMX-Bestandteile – Illustration
(Bild: JAXA)

Die private japanische Rikkyō-Universität stellt ein im Bereich des sichtbaren Lichts arbeitendes Weitwinkelkamerasystem (Wide Angle Multiband Camera, WAM) namens OROCHI. OROCHI steht für Optical RadiOmeter composed of CHromatic Imagers. Die Arbeitsfrequenzen der einzelnen bildgebenden Detektoren liegen bei 390 nm, 480 nm, 550 nm, 650 nm, 700 nm, 800 nm, und 950 nm, zusätzlich gibt es ein panchromatisches Sensorsystem. Das Kamerasystem soll die Topographie der Monde abbilden und Daten über die Materialzusammensetzung der Oberfläche liefen.

Ebenfalls von der Rikkyō-Universität kommt die Teleskopkamera (Telescopic Camera, TL) TENGOO mit einer Fokuslänge vom 950 mm. Entsprechend ihrer Bezeichnung TElescopic Nadir imager for GeOmOrphology kann die Kamera Oberflächennahaufnahmen erstellen. Dabei will man mit dem Ritchey-Chretien-Teleskop mit seinem 120-mm-Hauptspiegel und dem CCD-Sensor der Kamera eine räumliche Auflösung im Bereich von 40 cm erreichen, aus einem abgesenkten Orbit in 11 km sogar 13 cm. Die Nahaufnahmen sollen unter anderem bei der Auswahl von zu beprobenden Stellen helfen. Im Besonderen ist TENGOO der Suche nach jungen geologischen Strukturen gewidmet.

Die Universität Osaka arbeitet am Massenspektrometer MSA (Mass Spectrum Analyzer), das Ionen erfassen könnte, die entstehen, wenn Wasser ausgast. Von ihm erwartet man sich weitere Informationen zu Eisvorkommen auf Marsmonden, Verwitterungseffekten und dem Verlust von Atmosphärensubstanz.

Aktuelle Planungen sehen eine Ankunft des Orbiters und der an Bord befindlichen Landegeräte in einer Bahn um Mars im Jahr 2025 vor. Als Gesamtstartmasse werden aktuell rund 3.400 Kilogramm genannt, von denen laut JAXA rund 1.350 Kilogramm auf das Rückkehrgerät und 150 Kilogramm auf ein Forschungsmodul entfallen. Eine Rückkehr zur Erde ist derzeit für das Jahr 2029 geplant (bei Abflug vom Mars 2028). Die zu verwendende Rückkehrkapsel könnte eine Masse von rund 50 kg besitzen, sowie einen Durchmesser von 60 cm.

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