Hunderte Kometen bei dem Stern Beta Pictoris

Ein französisches Astronomenteam hat mit dem HARPS-Instrument am La Silla-Observatorium der ESO in Chile die bislang umfangreichste Zählung von Kometen um einen fremden Stern durchgeführt und dabei fast 500 einzelne Kometen untersucht, welche den Stern Beta Pictoris umkreisen. Dabei stellte sich heraus, dass diese Kometen zwei unterschiedlichen Gruppen von Exokometen angehören.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO.

ESO, IAU, Sky & Telescope
Der in dieser Auffindkarte mit einem roten Kreis markierte Stern Beta Pictoris ist der zweithellste Stern des südlichen Sternbildes Maler (lat. Pictor) und kann mit seiner Helligkeit von 3,85 mag bereits mit dem bloßen Auge betrachtet werden. Für die Beobachtung der den Stern umgebenden Staubscheibe und seines Planeten sind allerdings professionelle Großteleskope und anspruchsvolle Aufnahmetechniken notwendig. Selbst mit dem Einsatz dieser Techniken können jedoch die dort befindlichen Kometen nur indirekt nachgewiesen werden.
(Bild: ESO, IAU, Sky & Telescope)

Das System des rund 63 Lichtjahre von der Erde entfernt gelegenen und etwa 20 Millionen Jahre alten Sterns Beta Pictoris wird von den Astronomen als ein ursprüngliches, noch in der Entstehungsphase befindliches Planetensystem angesehen. Bereits im Jahr 1983 konnte mit dem Infrarotsatelliten IRAS eine Staubscheibe entdeckt werden, welche diesen Stern umgibt und die über einen Durchmesser von bis zu 1.000 Astronomischen Einheiten verfügt. Eine Astronomische Einheit – kurz AE – beschreibt den mittleren Abstand zwischen der Erde und der Sonne und beträgt rund 150 Millionen Kilometer. Der im Sternbild Maler (lat. „Pictor“) gelegene Stern Beta Pictoris war einer der ersten Sterne, bei denen eine solche Scheibe nachgewiesen werden konnte.

Seit dem Jahr 2008 ist zudem bekannt, dass sich innerhalb dieser Scheibe ein Exoplanet um den Stern bewegt. Beta Pictoris b – so der Name dieses Planeten – verfügt in etwa über den 1,7-fachen Durchmesser und die siebenfache Masse des Planeten Jupiter und umrundet seinen Stern in einer mittleren Entfernung von rund 8,5 Astronomischen Einheiten (1,275 Milliarden Kilometern). Der Exoplanet konnte in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) direkt abgebildet und mittels adaptiver Optik untersucht werden.

Exokometen
Noch vor der Entdeckung dieses Exoplaneten stießen die Astronomen jedoch auf Hinweise darauf, dass sich innerhalb der den Stern Beta Pictoris umgebenden Staubscheibe auch Kometen befinden. Den Grund für diese Annahme lieferte die fast 30 Jahre andauernde Untersuchung des von diesem Stern ausgehenden Lichts, welches minimale Veränderungen aufweist.

Kometen sind kleine, lediglich wenige Kilometer durchmessende Objekte aus Eis, Staub und gefrorenen Gasen. Sobald sich ein Komet seinem Stern nähert sublimieren die leichtflüchtigen Bestandteile des Kometenkerns – in erster Linie handelt es sich dabei um gefrorenes Wasser, Kohlenstoffdioxid, Methan und Ammoniak – aufgrund der steigenden Temperaturen und entweichen mit Geschwindigkeiten von bis zu einigen hundert Metern in der Sekunde in das umgebende Weltall. Dabei reißen diese freigesetzten Gase regelrechte Fontänen aus Staub mit sich.

ESO, L. Calçada
Diese künstlerische Darstellung zeigt die Exokometen, welche den Stern Beta Pictoris umkreisen. Die Astronomen, die rund 500 verschiedenen Exokometen mit dem HARPS-Instrument am La Silla-Observatorium der ESO untersuchten, haben zwei Familien von Exokometen um diesen nahegelegenen jungen Stern entdeckt. Die erste Gruppe besteht aus alten Exokometen, die den Stern bereits mehrfach in großer Nähe passiert haben müssen. Die zweite Familie, welche in dieser Darstellung gezeigt wird, besteht aus jüngeren Exokometen, die sich auf ähnlichen Umlaufbahnen bewegen und vermutlich erst kürzlich durch den Zerfall eines oder mehrere größerer Objekte entstanden sind.
(Bild: ESO, L. Calçada)

Obwohl Kometen deutlich kleiner als Planeten sind können diese bei fremden Sternen durch spektroskopische Untersuchungen des Sternenlichts doch relativ einfach nachgewiesen werden.

Sobald sich ein solcher Exokomet auf seiner Umlaufbahn genau zwischen seinen Stern und der Erde bewegt, weist das von dem Stern ausgehende Licht eine minimale Veränderung auf. Zum einen absorbieren die Kometenschweife dieser auch als „Falling Evaporating Bodies“ (kurz „FEB“) bezeichneten Objekte einen Teil des Sternlichts. Zum anderen treten – bedingt durch die Gase des Kometenschweifs und der darin enthaltenen Staubpartikel – zusätzliche Absorptionslinien auf.

Diese zusätzlichen Absorptionslinien sind typischerweise zu längeren Wellenlängen hin verschoben. Aus dieser Dopplerverschiebung lassen sich Rückschlüsse auf die Geschwindigkeiten der Objekte und deren Bewegungsrichtung ziehen. Das schwache Leuchten der Exokometen selber wird dagegen von dem gleißend hellen Licht des Sterns überstrahlt, weshalb sie von der Erde aus nicht direkt beobachtet werden können.

Kometen in der Staubscheibe von Beta Pictoris
Um die Exokometen von Beta Pictoris zu studieren, hat ein Team von Astronomen unter der Leitung von Flavien Kiefer 1.106 Spektren dieses Sterns analysiert, welche in den Jahren 2003 bis 2011 mit dem HARPS-Instrument am 3,6-Meter-Telskop des La-Silla-Observatoriums der Europäischen Südsternwarte in den nordchilenischen Anden angefertigt wurden.

In den Datensätzen entdeckten die Astronomen Hinweise auf zahlreiche Kometentransits, welche sich 493 verschiedenen Exokometen zuordnen ließen. Einige Kometen wurden mehrfach und über Zeiträume von mehreren Stunden beobachtet. Eine gründliche Auswertung der Daten lieferte dabei Angaben über die Bewegungsrichtungen und -geschwindigkeiten der Kometen sowie über die Ausdehnungen der Gaswolken, welche diese Kometen umgeben. Außerdem konnten verschiedene weitere Eigenschaften der Umlaufbahnen wie zum Beispiel die Form und die Orientierung der Umlaufbahn oder die Entfernung zu dem Stern Beta Pictoris abgeleitet werden.

ESO, A.-M. Lagrange et al.
Diese Kompositaufnahme zeigt die unmittelbare Umgebung des Sterns Beta Pictoris im nahen Infrarotbereich des Lichts. Die schwachen Details werden erst nach sorgfältigem Abzug des deutlich helleren Halos des Sterns sichtbar. Die äußeren Bereiche des Bildes zeigen das an einer Staubscheibe reflektierte Licht, welches bereits im Jahr 1996 mit dem ADONIS-Instrument am 3,6-Meter-Teleskop der ESO beobachtet werden konnte. Im Innenteil sind die innersten Bereiche des Systems anhand von NACO-Daten mit dem Very Large Telescope der ESO bei einer Wellenlänge von 3,6 Mikrometern dargestellt. Links oberhalb des Sterns ist der Exoplanet Beta Pictoris b erkennbar. Beide Teilbereiche des Bildes entstanden mit Hilfe adaptiver Optik.
(Bild: ESO, A.-M. Lagrange et al.)

Dies ist das erste Mal, dass gleich mehrere hundert Exokometen in einem einzigen Sternsystem untersucht wurden. Dabei stellte sich heraus, dass in dem Sternsystem von Beta Pictoris zwei unterschiedlichen ‚Familien‘ von Exokometen existieren. Auch in unserem Sonnensystem sind den Astronomen unterschiedliche Kometengruppen bekannt.

Die der ersten Kometenfamilie bei Beta Pictoris angehörenden Exokometen zeigen eine eher schwache Aktivität mit niedrigen Freisetzungsraten von Gas und Staub. Dies deutet darauf hin, dass diese Kometen ihre Vorräte an gefrorenem Material durch ihre mehrmaligen nahen Vorbeiflüge an dem Stern Beta Pictoris bereits verbraucht haben. Zudem stimmen die Bahnparameter der Umlaufbahnen dieser Kometen genau mit den Parametern überein, welche für Objekte vorhergesagt werden, die sich in einer Bahnresonanz mit einem massereichen Planeten befinden. Dieser Planet sollte sich in einer Entfernung von etwa 700 Millionen Kilometern zu dem Stern Beta Pictoris befinden.

Die Exokometen der zweiten Familie sind dagegen deutlich aktiver und befinden sich außerdem auf nahezu identischen Umlaufbahnen was darauf hinweist, dass die Mitglieder dieser Familie alle denselben Ursprung haben. Vermutlich entstanden sie erst kürzlich durch den Zerfall eines oder mehrerer größere Objekte. Diese Fragmente bewegen sich jetzt auf Umlaufbahnen, welche sie sehr nahe an den Stern Beta Pictoris heranführt. Damit weisen die Mitglieder dieser Kometengruppe eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kometen der Kreutz-Gruppe in unserem Sonnensystem auf.

„Beta Pictoris ist ein sehr spannendes Beobachtungsziel! Die genaue Beobachtung seiner Exokometen gibt uns Hinweise darauf, welche Prozesse in dieser Art von jungen Planetensystemen auftreten. Wir haben [hier] zum ersten Mal überhaupt mit einer statistischen Untersuchung die physikalischen Prozesse und die Umlaufbahnen einer großen Zahl von Exokometen bestimmt. Diese Arbeit liefert einen bemerkenswerten Einblick in die Mechanismen, die in unserem Sonnensystem kurz nach seiner Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahren am Werk waren“, so Flavien Kiefer.

Die hier kurz vorgestellten Forschungsergebnisse wurden am 23. Oktober 2014 unter dem Titel „Two families of exocomets in the Beta Pictoris system“ in der Fachzeitschrift Nature publiziert.

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