Gestern wurden, teilweise sehnsüchtig erwartet, die ersten Bilder des generalüberholten Hubble Space Telescopes (HST) veröffentlicht. Während mehrerer Außenbordeinsätze waren im Mai neue astronomische Instrumente eingebaut und andere repariert worden, die mittlerweile erfolgreich kalibriert und getestet worden sind.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA.
Zu den neuen Geräten gehört eine Weitwinkelkamera, wobei „Weitwinkel“ relativ zu sehen ist. Das Sichtfeld der Wide Field Camera 3 umfasst im Infrarotbereich 123 x 137 Bogensekunden (ca. ein Dreißigstel Grad) und im Bereich des sichtbaren Lichts bzw. ultravioletter Strahlung 160 x 160 Bogensekunden (etwa ein Zweiundzwanzigstel Grad). Die neue Wide Field Camera 3 ersetzt die 1993 in Hubble eingebaute Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC 2). Untersuchungsobjekte sind wie bei der Vorgängerin vergleichsweise großflächige Objekte wie Galaxien, Sterne in unserer Galaxis und Objekte in unserem Sonnensystem. Die Kamera verfügt dazu über zwei erweiterte Beobachtungskanäle. Für nahes UV-Licht und den kompletten sichtbaren Bereich existiert der UVis-Kanal mit einem CCD-Sensor mit 16 Megapixeln. Dieser kann das Licht der Wellenlängen 200 bis 1.000 Nanometer etwa 35-mal empfindlicher detektieren als die Advanced Camera for Surveys (ACS), die sich ebenfalls an Bord von Hubble befindet und während der Shuttle-Mission STS 125 instand gesetzt wurde.
Der Kanal für nahes Infrarot (NIR) verfügt über einen hochempfindlichen Halbleitersensor aus Quecksilber-Cadmium-Tellurid, der gekühlt wird und damit Wellenlängen von 850 bis 1.700 nm und darüber hinaus detektieren kann. Er verfügt über 1 Megapixel und ist etwa 15-mal empfindlicher als bisherige NICMOS-Sensoren im Hubble Space Telescope (Near Infrared Camera and Multi-Object Spectrometer).
Ebenfalls neu ist der Cosmic Origins Spektrograph COS. Er wurde anstelle der 1993 installierten und mittlerweile überflüssig gewordenen Korrekturoptik eingebaut. Alle neuen Geräte korrigieren den Spiegelfehler selbstständig.
Spektrographen zerlegen das einfallende Licht in einzelne Wellenlängen, beim sichtbaren Licht spricht man auch von Farben. Da chemische Elemente bestimmte charakteristische Farblinien aussenden bzw. absorbieren, kann man auch aus Millionen Lichtjahren Entfernung messen, welche Zusammensetzung ein selbstleuchtender Körper oder eine durchleuchtete Gaswolke hat. Außerdem kann man auch Angaben über Temperatur und Geschwindigkeit des beobachteten Objekts gewinnen.
COS dient vor allem der Grundlagenforschung. Man will damit Erkenntnisse über die Struktur des Universums im großen Maßstab gewinnen. Dazu verfügt der Spektrograph über zwei Kanäle im Bereich der Ultravioletten Strahlung. Kanal 1 (Far Ultraviolet = FUV) arbeitet im Bereich von 115 bis 177 Nanometern. Dafür steht ein 32 Megapixel-Detektor bereit. Im Unterschied zu unseren Digitalkameras gewinnt dieser aber keine Bilder sondern Daten über die Stärke der Strahlung verschiedener Wellenlängen des angegebenen Bereiches. Dazu löst das einfallende UV-Licht Elektronen aus einem Material heraus, die in einer Mikrokanalplatte (Micro Channel Plate) vervielfacht werden und einen messbaren Impuls ergeben. COS ist dabei 30-mal empfindlicher als der Space Telescope Imaging Spectrograph (STIS), der seit 1997 im Hubble Space Telescope installiert ist.
Kanal 2 arbeitet im nahen Ultraviolettbereich (Near Ultraviolet = NUV) von 175 bis 300 Nanometern Wellenlänge. Sein Sensor ist ein Multi-Anode Microchannel Array (MAMA) mit 1 Million Sensorzellen und doppelt so gut wie ein entsprechender STIS-Sensor. COS besitzt gegenüber STIS nicht nur eine größere Empfindlichkeit sondern erweitert mit dem FUV-Kanal auch den Wellenlängenbereich. Das sichtbare Licht hat übrigens Wellenlängen von etwa 350 nm (violett) bis 700 nm (rot).
Mit den neuen Geräten wurde sowohl das Auflösungsvermögen bedeutend verbessert als auch der Wellenlängenbereich, in dem Untersuchungen angestellt werden können, sowohl in den lang- als auch in den kurzwelligeren Bereich erweitert. Dass die Bilder und Messwerte genauer werden, kann man auf den ersten Veröffentlichungen deutlich sehen.
„Das ist der Anfang eines neuen Hubble-Teleskops“, sagte Ed Weiler, NASA-Verantwortlicher für die Mission des Weltraumteleskops: „Das Teleskop hat eine umfassende Generalüberholung bekommen und ist nun deutlich leistungsstärker als vorher – damit ist es bestens gerüstet, weit bis ins nächste Jahrzehnt hinein Beobachtungen anstellen zu können.“
Siehe auch:
Ausführlicher Artikel zur Generalüberholung:
Raumcon: