Am 19. August ist der japanische Raumfrachter HTV-5 mit Versorgungsgütern beladen erfolgreich zur Internationalen Raumstation ISS gestartet.
Autor: Martin Knipfer. Quelle: JAXA, NASA, spaceflightinsider.
Bei der Versorgung der Internationalen Raumstation ISS haben die internationalen Partner zuletzt einige Rückschläge erleben müssen: Im Oktober 2014 explodierte eine Antares-Rakete mit dem Raumfrachter Cygnus des amerikanischen Unternehmens Orbital Sciences kurz nach dem Start. Ein russischer Progress-Frachter konnte zwar im März dieses Jahres erfolgreich gestartet werden, das Raumschiff trudelte jedoch so stark, dass ein Andocken an die Station unmöglich war. Vor zwei Monaten explodierte dann eine Falcon-9-Rakete von SpaceX mit dem Raumfrachter Dragon im Flug. Umso glücklicher sind die beteiligten Parteien daher über einen erfolgreichen Versorgungsflug.
Am 19. August gelang der japanischen Raumfahrtorganisation JAXA zumindest schon mal der Start zu einer solchen Mission. Sie trägt die Bezeichnung HTV-5, da es sich um den fünften Flug des japanischen Raumfrachters HTV (H-IIB Transfer Vehicle) handelt. HTV-5 folgt damit auf HTV-4 (August 2013), HTV-3 (Juli 2012), HTV-2 (Juli 2010) und HTV-1 (September 2009). Jedes HTV erhielt den Namen „Kounotori“, was auf Deutsch so viel wie „Storch“ bedeutet. Nachdem alle Vorbereitungen für HTV-5 abgeschlossen waren, startete der Raumfrachter am 19. August um 13:51 vom japanischen Raumflughafen Tanegashima auf einer H-IIB-Rakete. Die vier Feststoffbooster wurden nach wenigen Minuten in zwei Schritten abgeworfen, es folgte die Abtrennung der Hauptstufe. Die Oberstufe beförderte das HTV dann schließlich in eine Transferumlaufbahn, auf der sich der Frachter in den nächsten Tagen der ISS weiter annähern soll, bis er dann am Montag mit dem Roboterarm der Station eingefangen und angekoppelt wird.
Das zylindrische HTV ist 9,8 m lang, 10,5 t schwer und misst 4,4 m im Durchmesser. Es besteht aus zwei Frachtsektionen, einem Avionik- und einem Antriebsmodul. Eine Frachtsektion ist mit Luft befüllt; hier können unter anderem die genormten Racks für die Forschungslabore Destiny, Columbus und Kibo transportiert werden. Das andere Frachtmodul ist nicht druckbeaufschlagt, hier können Nutzlasten befördert werden, die mit dem Roboterarm an der Außenseite der Station angebracht werden. Das Avionikmodul enthält die nötige Elektronik, um den Raumfrachter zu steuern. Als Antrieb verfügt das HTV über vier Triebwerke von Aerojet, die durch die Reaktion von diergolischen Treibstoffen 490 Newton Schub erzeugen. Zur Feinsteuerung existieren ferner 28 kleine Steuertriebwerke, die redundant ausgelegt sind. Insgesamt ist das HTV dazu in der Lage, sechs Tonnen Fracht zur ISS zu befördern.
Bei HTV-5 wurden 5,5 Tonnen dieser Kapazität ausgenutzt. Neben Wasser, Nahrung und weiteren Versorgungsgütern für die Besatzung der Raumstation sind Ersatzteile (u.a. für das Wasseraufbereitungssystem oder ein neuer SAFER (Simplified Aid For EVA Rescue, eine Art Raketenrucksack für Notfälle bei Außenbordeinsätzen)), kleine Satelliten, Proben für Experimente und mehrere wissenschaftliche Experimente selbst an Bord der druckbeaufschlagten Frachtsektion von HTV-5. Die wichtigsten davon sind ein Habitat für Versuchsmäuse, um die Alterung im Weltraum besser zu verstehen, ein leistungsfähiger Ofen zur Materialforschung und ein neuer Rack für das japanische Forschungsmodul Kibo. Auch die Nutzlast im nicht-druckbeaufschlagtem Teil des Transporters ist interessant: CALET (CALorimetric Electron Telescope). Dabei handelt es sich um einen leistungsfähigen Detektor für Gammastrahlung, die bei sogenannten gamma-ray bursts ausgestoßen wird, kosmischen Strahlungsausbrüchen. Neben neuen Erkenntnissen über die Entstehung dieser Energieausbrüche hofft man durch CALET auch, die mysteriöse dunkle Materie besser zu verstehen. Das Experiment soll an der Außenseite des Kibo-Moduls installiert werden. Nach der Mission soll HTV-5 Müll entsorgen, indem der Raumfrachter in der Erdatmosphäre verglüht.
Die JAXA plant, bis 2019 insgesamt 10 HTV-Missionen durchzuführen. Doch anders als die europäische Raumfahrtagentur ESA, die nach den geplanten fünf Flügen ihr ATV-Programm (Automated Transfer Vehicle) hat auslaufen lassen, streben die Japaner eine Verlängerung ihres Programms an. Bei dieser soll die nächste Generation des HTVs zum Einsatz kommen, die die Behörde im Mai vorgestellt hat. Bei dieser modifizierten Version sollen die Kosten des HTVs, die gegenwärtig etwa 165 Millionen Dollar pro Flug betragen, halbiert und die Leermasse des Raumschiffs um 30 % gesenkt werden. Das Antriebs- und das Avionikmodul sollen nun ineinander integriert werden, die Solarzellen zur Stromversorgung sollen nicht mehr auf die Außenhülle aufgetragen werden, sondern auf auffaltbaren Paneelen angebracht werden. Der erste Flug dieser neuen Version, genannt HTV-X, soll HTV-10 sein.
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