Die Chancen auf die Rückkehr der japanischen Asteroidensonde sind weiter gesunken, da nur noch ein Ionentriebwerk voll funktionsfähig ist. Die JAXA hat das wissenschaftliche Material der Mission im Internet frei gegeben.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: JAXA/JSpace. Vertont von Karl Urban.
Zur Vorbereitung der Rückkehr der pannengebeutelten japanischen Asteroidensonde Hayabusa hat das Team Tests der vier Ionentriebwerke an Bord unternommen. Auf einer Pressekonferenz der japanischen Weltraumbehörde JAXA am 24. März 2007 wurde das Ergebnis verkündet: Die Aussichten für eine erfolgreiche Rückkehr haben sich weiter verschlechtert.
Schon lange bekannt war, dass von den ursprünglich drei Drallrädern – die zur Lageregelung im Raum benötigt werden – mittlerweile nur noch eines funktioniert. Außerdem sind vier von elf Zellen der Bordbatterie defekt. Die vier Ionentriebwerke, mit denen die Sonde bis zum Asteroiden Itokawa geflogen ist und bis 2010 zurück kehren soll, machten bisher noch am wenigsten Probleme.
Die Tests haben nun aber Folgendes ergeben:
- Triebwerk A: 0 Betriebsstunden, instabile Funktion von Anfang an.
- Triebwerk B: 9.600 Betriebsstunden, stabile Funktion, aber nachlassende Leistung.
- Triebwerk C: 6.500 Betriebsstunden, instabile Funktion.
- Triebwerk D: 11.100 Betriebsstunden, voll funktionsfähig.
Somit soll für die Rückkehr vor Allem das Triebwerk D genutzt werden.
Ionentriebwerke setzen elektrische Energie (von den Solarpaneelen) in einen geringen Schub um, dies aber kontinuierlich über lange Zeiträume. Die nominelle Lebensdauer jedes Triebwerks von Hayabusa beträgt 14.000 Stunden. Für die Rückkehr zur Erde werden 8.000 bis 10.000 Stunden Betriebsdauer veranschlagt, so dass dadurch das Triebwerk D über seine vorgesehene Lebensdauer hinaus betrieben würde. Unmöglich ist das zwar nicht: Auf der Erde wurden solche Triebwerke schon bis zu 20.000 Stunden getestet, dann wurden die Tests abgebrochen.
Andererseits haben offensichtlich gleich drei der vier Triebwerke von Hayabusa ihre nominelle Lebensdauer erst gar nicht erreicht, so dass man auch für Triebwerk D nicht gerade optimistisch sein kann. Dazu kommen noch die Probleme mit der Batterie und dem einen Drallrad, das auch jederzeit ausfallen kann. Prof. Kawaguchi räumte ein, dass es beim Ausfall des Triebwerks D oder des Drallrades wirklich schwierig werden würde, heimzukehren. Er bezeichnete den Status der Mission vielsagend mit „Heimkehr nicht unmöglich“.
Allerdings scheint die JAXA insofern auch einmal Glück zu haben, dass gerade die Kombination aus dem verbliebenen Triebwerk und dem verbliebenen Drallrad günstig ist, da das Rad nur wenig Drehmoment zu korrigieren hat. Das Drallrad ist für 3.500 Umdrehungen pro Minute ausgelegt, wird derzeit mit 3.000 U/min betrieben und soll auf bis zu 1.800 U/min herunter gefahren werden. Auch können die Triebwerke A bis C zumindest unterstützend eingesetzt werden, es soll mit etwa 1.000 zusätzlichen Betriebsstunden zu rechnen sein.
Auf der Pressekonferenz wurde auch bekannt gegeben, dass das gesamte wissenschaftliche Material der Hayabusa-Mission im Internet für jedermann frei gegeben wurde, ohne Login oder Passwort. Das Material soll sowohl Rohdaten als auch bearbeitete Daten enthalten, ist allerdings noch nicht vollständig; mit Ergänzungen im Laufe der Zeit ist noch zu rechnen.
Ein Grund, warum die JAXA die Mission überhaupt noch weiter verfolgt, ist sicher die Hoffnung, Probenmaterial des Asteroiden „Itokawa“ zur Erde zurück zu bringen. Es gibt zwar Anzeichen dafür, dass der Probensammelmechanismus der Sonde nicht ausgelöst wurde, aber bei der Landung auf dem Asteroiden dürfte wahrscheinlich Regolith aufgewirbelt worden und könnte bis in den Sammelbehälter gelangt sein. Im Januar 2007 gelang es dem Team, diesen Behälter zu schließen und zu sichern – jetzt muss er nur noch bis zur Erde zurück gelangen. Der Aufbruch zu dem langen Heimflug soll in diesen Tagen stattfinden, dann könnte die Sonde 2010 hier sein. Abschließend muss nur noch die Fallschirmlandung gelingen… was auch keine Selbstverständlichkeit ist, siehe Genesis.
Sollte der Heimflug aus irgendwelchen Gründen abgebrochen werden müssen, würde sich die Rückkehr bis frühestens 2013 verzögern. Bis dahin könnte es aber auch dem russisch-chinesischen Team der Mission „Phobos Explorer“ gelungen sein, Proben vom Marsmond Phobos zur Erde zu bringen. Da Phobos als eingefangener Asteroid gilt, wäre die Chance des Hayabusa-Teams, als erste Asteroidenmaterial zur Erde gebracht zu haben, dann dahin.
Eine NASA- oder ESA-Sonde mit vergleichbarem Verlauf wäre bestimmt längst aufgegeben worden. Warum macht sich die JAXA also so viel Mühe, die schwer angeschlagene Sonde mit der geringen Aussicht auf Erfolg zur Erde zurück zu bringen? Steckt dahinter die Absicht, junge Ingenieure und Wissenschaftler in einer schwierigen Situation sich bewähren zu lassen? Oder sind Japaner einfach zäher?