Im Dezember 2014, so der aktuelle Planungsstand, wird die japanische Raumfahrtagentur JAXA als Nachfolgemission für ihre in den Jahren 2003 bis 2010 aktiv gewesene Raumsonde Hayabusa eine weitere Mission zu einem Asteroiden starten. Mit an Bord wird sich ein größtenteils vom DLR entwickelter Lander befinden, der nach seiner Landung auf dem Asteroiden diverse Messungen an verschiedenen Orten auf der Oberfläche durchführen soll.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2013, DLR.
Als Ziel für die zukünftige Raumsonde Hayabusa-2 – so der Name der neuen Mission der JAXA – wurde der Asteroid 1999 JU3 ausgewählt. Bei diesem im Jahr 1999 im Rahmen des „LINEAR-Projektes entdeckten Asteroiden handelt es sich um einen Vertreter der sogenannten Apollo-Asteroiden, deren Umlaufbahnen in ihrem sonnennächsten Abschnitt die Umlaufbahn der Erde kreuzen und die somit eine potentielle Gefahr bezüglich einer Kollision mit der Erde darstellen.
Der etwa 900 Meter durchmessende Asteroid 1999 JU3 zählt zur Klasse der C-Asteroiden. Somit dürfte sich an seiner Oberfläche Material befinden, welches sich seit der Entstehung des Asteroiden vor etwa 4,5 Milliarden Jahren kaum verändert hat, und dessen eingehende Untersuchung den Wissenschaftlern einen Einblick in die Frühzeit unseres Sonnensystems liefern wird. Vermutlich handelt es sich bei dem Zielasteroiden um einen sogenannten Rubble Pile – eine aus einer Ansammlung von Lockermaterial bestehende „kosmische Schutthalde“, welche lediglich durch Gravitationskräfte zusammengehalten wird.
Nach ihrer Ankunft im Jahr 2018 wird die Raumsonde Hayabusa-2 in eine Umlaufbahn um den Asteroiden eintreten, diesen zunächst auf seinem Flug durch das Sonnensystem begleiten und dabei mit verschiedenen Instrumenten dessen Oberfläche vermessen. Nach einer ersten Kartografierungsphase, bei der das Landegebiet eines von der Raumsonde mitgeführten, auf den Namen MASCOT (Kurzform für „Mobile Asteroid Surface Scout“) getaufte Asteroidenlanders ermittelt werden soll, wird dieser schließlich zum Einsatz kommen.
Der etwa schuhkartongroße und lediglich rund zehn Kilogramm schwere Lander soll hierzu von der Raumsonde abgetrennt werden, die Asteroidenoberfläche aus etwa 100 Metern Höhe „im freien Fall“ erreichen und sich anschließend anhand von Sensordaten mit einem speziellen „Push-up-Mechanismus“ ausrichten. Für dieses Manöver ist der Lander mit einem stabilen und dennoch sehr leichtem Gehäuse versehen, welches die elektronischen Komponenten und die im Inneren befindlichen Instrumente vor den auftretenden Belastungen schützen soll.
Nach dem Erreichen der Oberfläche wird der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Kooperation mit der französischen Raumfahrtagentur CNES und der japanischen Raumfahrtagentur JAXA entwickelte Lander zunächst die Umgebung seines Landegebietes mit vier mitgeführten Instrumenten untersuchen und analysieren:
- Ein vom DLR entwickeltes Radiometer ermittelt dabei die Temperatur der Asteroidenoberfläche
- Ein von der TU Braunschweig beigesteuertes Magnetometer untersucht die Magnetisierung der Oberfläche
- Das Infrarot-Spektrometer MicrOmega der französischen Raumfahrtagentur CNES dient der Analyse der Minerale und Gesteine
- Eine ebenfalls vom DLR entwickelte Kamera bildet dagegen die Oberfläche im Landegebiet in hoher Auflösung ab
„Hüpfend“ zum nächsten Ziel
Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen an seiner Landestelle ist die Arbeit von MASCOT aber keineswegs beendet. Mittels eines vom DLR-Zentrum für Robotik und Mechatronik in Oberpaffenhofen entwickelten „Hopping-Mechanismus“ wird sich der Lander anschließend vielmehr „hüpfend“ über die Asteroidenfläche fortbewegen und seine Messungen an zwei weiteren Orten wiederholen.
Auf diese Weise erhalten die an der Mission beteiligten Wissenschaftler über einen Zeitraum von voraussichtlich etwa 16 Stunden, dies entspricht zwei vollständigen Tag-/Nachtzyklen auf dem Asteroiden, Daten von gleich drei verschiedenen Orten auf dem Asteroiden. Die Kontrolle über den Lander wird in diesem Zeitraum von dem in Köln beheimateten DLR-Kontrollzentrum des Nutzerzentrums für Weltraumexperimente (MUSC) aus erfolgen.
Parallel dazu wird auch der den Asteroiden umkreisende Orbiter Hayabusa-2 weiterhin seine Untersuchungen aus der Umlaufbahn heraus fortsetzen. Neben weiteren Messungen durch die Instrumente des Orbiters besteht das Ziel dabei in der Sammlung von Proben, welche durch eine Art Saugrüssel bei dichten Vorbeiflügen der Raumsonde an dem Asteroiden von dessen Oberfläche entnommen werden sollen. Diese Proben sollen anschließend zwecks einer ausführlichen Laboruntersuchung zur Erde transportiert werden.
MASCOT: Referenzdaten für die Analyse der zurückzuführenden Proben
Die von MASCOT „vor Ort“ gesammelten Daten, so die beteiligten Wissenschaftler, werden dabei eine bedeutende Ergänzung der Daten des Asteroidenorbiters und der Ergebnisse der Laboranalysen darstellen und dabei als Referenzdaten dienen, mit denen sich die Daten der zurückgebrachten Proben – deren Eintreffen auf der Erde ist bei einem Start im Jahr 2014 für das Jahr 2020 vorgesehen – im richtigen Kontext interpretieren lassen können.
Durch die so von Hayabusa-2 und MASCOT gewonnenen Informationen und den Analysen der Materialproben von 1999 JU3 erhoffen sich die Planetenforscher weitere Erkenntnisse darüber, wie der seit 4,5 Milliarden Jahren fast unveränderte Asteroid beschaffen ist. Hierdurch ergeben sich dann auch weitere Rückschlüsse über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des gesamten Sonnensystems und somit auch über unseren Heimatplaneten.
Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt besteht in der von den erdnahen Asteroiden ausgehenden Gefahr einer Kollision mit der Erde. Da 1999 JU 3 zur Klasse der Apollo-Asteroiden gehört, welche den Großteil der erdnahen und potentiell gefährlichen Asteroiden bilden, können Aussagen über dessen Beschaffenheit und innere Zusammensetzung in Zukunft dann wichtig werden, wenn ein auf Kollisionskurs mit der Erde befindlicher Asteroid entdeckt wird.
Die hier kurz erläuterte Mission der Raumsonde Hayabusa-2 und deren Lander MASCOT wurde am heutigen Tag auf dem European Planetary Science Congress 2013, einer gegenwärtig in London stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.
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