Die Berichterstattung indischer Medien zum jüngsten Fehlstart eines indischen Satellitenträgers ist teilweise tendenziös: Bei der Besprechung möglicher Fehlerursachen wird bedauerlicherweise wie öfter bei Fehlschlägen des Raumfahrtprogramms der indischen Raumfahrtorganisation (ISRO) auf aus dem Ausland bezogene Komponenten abgehoben.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: IANS, IBN, ISRO, sify news.
Ob die in der am 25. Dezember 2010 im Flug zerstörten Rakete GSLV-F06 verbauten Teile aus dem Ausland den Anforderungen der in einer neuen Konfiguration zum ersten Mal gestarteten Rakete überhaupt gewachsen sein konnten, ob Einzelteile angemessen getestet und mit der notwendigen Sorgfalt montiert worden waren, wird allerdings nicht diskutiert. Raketenbauteile müssen oft extremen Belastungen, wie sehr großen Drücken, dem Vakuum, heftigen Schwingungen und Vibrationen, sehr hohen und außerordentlich niedrigen Temperaturen standhalten und unter diesen Bedingungen für einen vorgesehenen Zeitraum arbeitsfähig bleiben.
Der indische Fernsehsender IBN brachte am 5. Januar 2011 als Überschrift (übersetzt): „GSLV versagt, da in Deutschland hergestellte Steckverbinder getrennt“. Die sify news titeln am gleichen Tag nur wenig neutraler (übersetzt) „In Deutschland hergestellte Steckverbinder getrennt: ISRO“ und berichten, nach Angaben der ISRO seien die Steckverbinder, deren vorzeitige Trennung die Zerstörung der Rakete zur Folge hatte, aus Deutschland importiert wurden. Der Grund für die Trennung der aus einer Art Stecker und Buchse bestehenden Verbinder soll durch ein bereits eingesetztes Komitee gefunden werden. Bei der Trennung sollen auch in der Rakete vorhandene Backupleitungen unterbrochen worden sein.
Bisher gibt es von offizieller Seite keinerlei Informationen darüber, welche Kräfte während des Fluges der GSLV-F06 auf die fraglichen Verbinder gewirkt haben und ob sich diese Kräfte im erwarteten Rahmen bewegten. Weitere Details von Interesse liegen ebenfalls im Dunklen. So wurde bisher nicht bekannt, ob die ISRO den fertig montierten Träger oder ein adäquates Ingenieursmodell angesichts der neuen Abmessungen und Massenverteilung Vibrationstests unterzogen hat. Die GSLV-F06 war insbesondere wegen einer für größere Treibstoffkapazität verlängerten dritten Raketenstufe namens C15 mit 51 Metern 2 Meter höher als das Gros der zuvor geflogenen GSLV-Raketen, und einen Meter höher als die im April 2010 gescheiterte GSLV-D3. Unter der Nutzlastverkleidung an der Spitze der GSLV-F06 befand sich der schwerste bisher auf eine GSLV-Rakete aufgesetzte Satellit (2.310 kg Startmasse). Wegen der neuartigen Konfiguration waren Anpassungen des Navigationssystems sowie bei Flug- und Aerodynamik erforderlich, berichtete vor dem Start jedenfalls die indische Nachrichtenagentur IANS unter Bezugnahme auf eine der ISRO nahestehende Quelle.
In einem vorläufigen Bericht zum Versagen der Rakete teilte die ISRO am 31. Dezember 2010 mit, dass der Flug der Rakete bis 47,5 Sekunden nach dem Start planmäßig verlief. 47,8 Sekunden nach dem Start begann eine Reihe von Ereignissen, die zur Zerstörung der Rakete führte. 53,8 Sekunden nach dem Start brach die Rakete unter den auf sie wirkenden Lasten auseinander. Als eigentliche Ursache wurde eine vorzeitige Trennung von 10 Verbindern identifiziert, die sich am unteren Ende der dritten Raketenstufe befanden, und, wäre der Flug weiter wie geplant verlaufen, 292 Sekunden nach dem Start bei der Abtrennung der dritten Raketenstufe von der ausgebrannten zweiten Stufe getrennt worden wären. Die Verbinder saßen an Leitungen, durch die der Bordcomputer der Rakete u.a. mit der Steuerungstechnik zur Lenkung der ersten Stufe kommunizierte. Als möglich Gründe für die Trennung könnten laut ISRO externe Kräfte in Betracht kommen. Untersucht werden soll beispielsweise, ob Vibrationen oder der dynamische Druck eine maßgebliche Rolle gespielt haben könnten.
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