Die Auswertung der zwischenzeitlich durch die Raumsonde Rosetta gesammelten Daten, durch welche unter anderem Aussagen bezüglich der Größe, des Volumens und der Masse des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko getätigt werden sollen, liefert mittlerweile genauere Ergebnisse als noch vor wenigen Wochen. Diese Daten sind extrem wichtig für die Planung der weiteren Aktivitäten der Raumsonde. Außerdem werden dieser Daten letztendlich einen entscheidenden Einfluss auf das Absetzen des von Rosetta mitgeführten Kometenlanders Philae haben.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.
Nach einem mehr als zehn Jahre andauernden Flug durch unser Sonnensystem, bei dem eine Distanz von rund 6,4 Milliarden Kilometern zurückgelegt wurde, erreichte die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 das Ziel ihrer Reise – den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (der Einfachheit halber ab hier als „67P“ abgekürzt). Seitdem ‚begleitet‘ Rosetta diesen Kometen auf seinem Weg in das innere Sonnensystem und untersucht dieses Relikt aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems intensiv mit elf wissenschaftlichen Instrumenten.
Während der letzten Wochen und Monate wurden dabei von den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern auch Daten gewonnen, welche erste Aussagen über die Form und Gestalt, das Volumen, die Masse, die Orientierung der Rotationsachse und die Rotationsdauer dieses Kometen ermöglichten.
Mittlerweile konnten diese Angaben dank genauerer Beobachtungsdaten präzisiert werden…
Der Kern des Kometen 67P setzt sich, wie bereits seit dem Juli 2014 bekannt ist, aus zwei Hauptkörpern zusammen. Die kleinere dieser beiden Komponenten, der ‚Kopf‘ des Kometen, verfügt laut den aktuellsten Analysen über eine Abmessung von 2,5 x 2,5 x 2,0 Kilometern. Der ‚Körper‘ von 67P misst dagegen 4,1 x 3,2 x 1,3 Kilometer. Daraus resultiert ein Volumen von insgesamt 25 Kubikkilometern. Die Masse des Kometenkerns wird nach wie vor mit einem Wert von etwa zehn Milliarden Tonnen angegeben, woraus sich – dementsprechend unverändert zu den vorherigen Aussagen – eine mittlere Dichte von etwa 0,4 Gramm pro Kubikzentimeter ableiten lässt.
Diese Form des Kometenkerns machte es den beteiligten Wissenschaftlern ‚relativ einfach‘, die Rotationsachse des Kometen zu bestimmen und so dessen
Rotationsperiode zu ermitteln. Für eine vollständige Drehung um seine Rotationsachse benötigt 67P demzufolge ziemlich genau 12,4043 Stunden. Eine entsprechende Publikation wurde mittlerweile in der Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlicht und kann auf dieser Internetseite aufgerufen werden. Die Rotationsachse des Kometen verfügt über eine Rektaszension von 69 Grad und eine Deklination von 64 Grad.
Weitere Daten stehen über die Freisetzungsrate von Wasserdampf zu Verfügung. Anfang Juni 2014 gab 67P pro Sekunde etwa 300 Milliliter Wasser frei. Im Juli stieg diese Rate auf etwa ein Liter pro Sekunde an – im August wurden laut den Messungen des MIRO-Instruments bereits fünf Liter pro Sekunde freigesetzt. Die an der Mission beteiligten Wissenschaftler gehen davon aus, in Kürze auch das Massen-Verhältnis des ’normalen‘ Wasserstoffs zu seiner ’schwereren‘ Variante Deuterium bestimmen zu können. Bei weiteren von dem Kometen freigesetzten und von den Instrumenten der Raumsonde detektierten Gasen handelt es sich bisher um Kohlenstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid, Ammoniak, Methan und Methanol.
Diese am heutigen Tag im Rosetta-Blog der ESA veröffentlichten Daten sind allerdings nur vorläufiger Natur und werden auch weiterhin durch aktuellere Messdaten und Auswertungen verfeinert. Trotzdem haben diese Angaben letztendlich entscheidenden Einfluss auf die endgültige Auswahl des Landeplatzes für den von Rosetta mitgeführten Komentenlander Philae, der am 12. November 2014 auf dem Kometen 67P niedergehen soll und dessen Oberfläche anschließend mit weiteren zehn Instrumenten eingehend untersuchen wird.
Das nebenstehende Bildmosaik setzt sich aus vier Einzelaufnahmen der Navigationskamera der Raumsonde Rosetta zusammen, welche am 26. September 2014 aus einer Entfernung von 26,3 Kilometern zum Zentrum des Kometen angefertigt wurden. In diesem Zeitraum hat sich die Raumsonde allerdings bereits auch mehrere Kilometer über die Oberfläche von 67P hinweg bewegt. Aus dieser ‚Eigenbewegung‘ resultieren auch die in diesem Mosaik erkennbaren ‚unförmigen‘ Übergänge zwischen den einzelnen Aufnahmen.
Es stellt selbst für die Bildbearbeitungs-Profis der ESA eine Herausforderung dar, diese vier Einzelaufnahmen ‚fließend‘ zusammenzusetzen. Sollten Sie bessere Ergebnisse erzielen, dann nur zu! Die Mitarbeiter der Rosetta-Mission würden sich freuen, wenn Sie Ihre Resultate auf der Internetseite des Rosetta-Blog mit der Öffentlichkeit teilen.
Besonders die von der Oberfläche des Kometen ausgehenden „Jets“ stehen bei diesen Aufnahmen derzeit im Fokus der Wissenschaftler, welche die Landung von Philae vorbereiten. Bei dem mehrere Stunden andauernden Flug des Kometenlanders zu der Oberfläche von 67P spielt das inhomogene Schwerkraft-Feld des Kometen eine eher untergeordnete Rolle. Um Philae erfolgreich am vorgesehenen Landeplatz abzusetzen muss die Raumsonde vor dem Abkoppeln mehrere minimale Bahnkorrekturmanöver durchführen. Speziell die exakte Ausführung dieser Manöver ist entscheidend dafür, dass Philae am 12. November 2014 den ausgewählten Landeplatz erreicht.
Aber auch nach der Abtrennung kann die Gasaktivität des Kometen den geplanten ‚Schweb-Flug‘ des Kometenlanders in das gewünschte Landegebiet weit stärker ablenken als das unregelmäßige Gravitationsfeld des Kometen 67P, so der Flugdynamiker Vicente Companys in einem Interview von ESA.de.
Die finale Entscheidung über den Landeplatz von Philae wird am 14. Oktober 2014 getroffen (Raumfahrer.net berichtete).
Diskutieren Sie mit im Raumcon-Forum:
Verwandte Seiten bei Raumfahrer.net: