Zwei Sonden zur Vermessung des Schwerefeldes des Mondes und daraus ableitbarer Erkenntnisse über den inneren Aufbau unseres natürlichen Trabanten stehen startbereit in Cape Canaveral an der Spitze einer Delta-II-Trägerrakete.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NASA, Raumcon, Wikipedia.
Gestern musste der Start aufgrund zu starker Höhenwinde abgesagt werden. Während eine Rakete in Richtung ihrer Längsachse recht stabil gebaut ist – immerhin muss sie Schubkräfte vom Mehrfachen ihres Gewichtes aushalten – ist sie gegen seitliche Störungen vergleichsweise empfindlich. Starke Seitenwinde können zu Verformungen und größeren Kursabweichungen führen.
GRAIL (Gravity Recovery and Interior Laboratory) besteht aus zwei identischen Sonden, die den Mond auf gleichen Bahnen in geringem Abstand umlaufen sollen und dabei ein sehr stabiles Funksignal zur Erde senden. Aus Veränderungen der Trägerfrequenz beim Empfang durch Bodenstationen aufgrund des Doppler-Effekts lassen sich selbst geringste Geschwindigkeitsänderungen der Sonden nachweisen. Diese werden zum Teil durch die ungleichmäßige Verteilung der Masse im Mond verursacht, weshalb man auf dessen innere Struktur schließen kann.
Der Weg zum Mond ist bereits ungewöhnlich. Um Masse zu sparen, fliegen die beiden Sonden zunächst zum Lagrangepunkt 1 des Sonne-Erde-Systems. Dieser liegt zwischen Sonne und Erde, wobei sich die Anziehungskräfte der beiden Himmelskörper und die Fliehkraft dort weitgehend aufheben. Von hier aus kann mit einem insgesamt geringeren Antriebsaufwand eine Bahn um den Mond erreicht werden, da man Bahndrehimpuls von der Erde „übernimmt“. Allerdings dauert der Flug dadurch etwa dreieinhalb Monate.
Der Zielorbit um den Erdtrabanten liegt in etwa 50 Kilometern Höhe über dessen Oberfläche und verläuft über die Pole. Stabilisiert wird er durch den Einsatz kleiner Triebwerke. Jede der beiden GRAIL-Sonden bezieht zudem etwa 700 W elektrischer Leistung aus Solarzellen. Der mondnächste Punkt soll zwischen 15 und 50 Kilometern Höhe variieren, der Abstand der Sonden voneinander zwischen etwa 65 und 225 Kilometern. Damit lassen sich sowohl großflächige als auch lokale Dichteschwankungen, aber auch Auswirkungen von Massen, die tief im Mondinneren liegen, erforschen.
Die Primärmission soll nur 90 Tage dauern. Weitere 40 Tage nach der Abschaltung der Systeme wird der Absturz der Sonden auf den Mond erwartet. Monbahnen sind aufgrund der stark variierenden Masseverteilung unter dessen Oberfläche besonders instabil. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse wird allerdings längere Zeit in Abspruch nehmen. Deren räumliche Auflösung soll bestenfalls 30 x 30 km betragen, die Variationen in der Fallbeschleunigung mit einer Genauigkeit von etwa 0,0001 m/s² messbar sein.
Erklärte Ziele der Mission sind die Kartierung der Struktur der Mondkruste sowie des lithosphärischen Mantels, ein besseres Verständnis der asymmetrischen thermischen Entwicklung des Mondes, die Bestimmung der Struktur von Einschlagsbecken unter der Oberfläche und des Ursprungs der großräumigen Bereiche erhöhter Gesteinsdichte, der sogenannten Mascons, sowie Erkenntnisse über Mondgeröll (Brekzie), Magnetismus, Gezeitenwirkungen der Erde auf den Mond und bessere Abschätzungen zur Größe eines möglichen Mondkerns.
Der Start ist für den 10. September 2011, ab 14:29 Uhr MESZ vorgesehen.
Raumcon: