Der Suchmaschinen- und Smartphoneriese steht vor größeren Investitionen im Raumfahrtbereich. So steigt Google durch die Übernahme von Skybox Imaging in die kommerzielle Erdbeobachtung ein und denkt über eine Beteiligung an Virgin Galactic nach.
Ein Beitrag von Roman van Genabith. Quelle: Digital Globe, Google, SkyBox, Titan Aerosapce, WinFuture.
Der Suchmaschinengigant steht scheinbar vor einem umfangreicheren Engagement im Raumfahrtbereich. Wie bereits länger vermutet, übernimmt Google den Satellitenbildanbieter Skybox Imaging, wie das Unternehmen am 10. Juni bekannt gab.
Bei Skybox Imaging handelt es sich um ein Startup, das hochauflösende Bilder der Erdoberfläche kommerziell vermarkten möchte. Zu diesem Zweck plant es bis 2017 eine Flotte von 24 Satelliten aufzubauen. Eine Besonderheit der Skybox-Satelliten soll ihr vergleichsweise günstiger Preis bei geringem Gewicht werden. So bemüht sich Skybox konsequent, Standard-Elektronikkomponenten, etwa aus der Automobil- und Smartphonefertigung, zu verwenden. Softwareseitig möchte Skybox auf OpenSource-Lösungen setzen.
Die Anfänge des Unternehmens liegen bei den sogenannten CubeSats, Kleinstsatelliten, die als zusätzliche Nutzlast bei Satellitenstarts mitgenommen werden, meist ohne eigenen Antrieb auskommen, und von Nachwuchsforschern oder Startupunternehmen ohne raumfahrtübliche Budgets realisiert werden. CubeSats wurden auch schon als Zusatznutzlast zur Internationalen Raumstation ISS befördert und dort von Astronauten manuell ausgesetzt, Raumfahrer.net berichtete.
Ende 2013 startete SkySat 1, der erste Satellit des geplanten Netzwerks, mit einem Arbeitsgewicht von ca. 100 kg vom russischen Jasny auf einer Dnepr-Rakete und liefert seitdem HD-Bilder und -Videos mit einer räumlichen Auflösung von bis zu einem Meter/Pixel. Zum Vergleich: NASAs Landsat 8 erzielt eine räumliche Auflösung von 50-100 Metern und verfügt über ein Gewicht von 2000 kg.
In wie weit sich die SkySat-Satelliten aufgrund der Verwendung handelsüblicher Elektronikkomponenten anfälliger gegenüber solarer und kosmischer Strahlung zeigen werden, bleibt abzuwarten. Der Einzelstückpreis der Satelliten soll jeweils unter 50 Millionen US-Dollar gehalten werden.
Eine bemerkenswerte Rolle spielte Skybox Imagings SkySat 1 vor Kurzem bei der Suche nach dem verschwundenen Flug MH370 der Malaysia Airlines, an der sich der Satellit beteiligte, leider ohne Erfolg.
Warum Google Satelliten brauchtUnternehmen wie Skybox passen hervorragend ins Portfolio des Suchmaschinenriesen. Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht, füllt der 500 Millionen US-Dollar-Zukauf bei Google eine Lücke aus. Für seinen Kartendienst Maps, und den verwandten Dienst Google Earth benötigt Google eine enorme Menge an Bildmaterial, das es bislang auf verschiedenen Quellen zusammengetragen und zu der Karte der Welt zusammengesetzt hat, auf die viele Menschen tagtäglich zugreifen, ob am Smartphone, Tablet oder Desktopcomputer.
Diese Bilder sind stellenweise schon mehrere Jahre alt und lassen allgemein auch teils an Präzision vermissen. Eine eigene Satellitenflotte würde Google von dritten Quellen unabhängiger machen. Ein weiteres Motiv hinter dem Verkauf vermuten Branchenkenner in dem Bestreben Googles bisher unterversorgte Weltregionen mit dem Internet zu verbinden. Hierfür hat Google das Prokect Loon ins Leben gerufen. Hoch fliegende, mit solarbetriebener mobiler Zugangstechnik ausgestattete Ballons sollen einen einfach realisierbaren Internetzugang ohne aufwendige bodengebundene Infrastruktur ermöglichen.
Die Ballons verfügen dabei über keinen aktiven Antrieb, sondern sollen in Windströmungen auf genau kalkulierten Bahnen um die Erde treiben, ein Ansatz, der in der Vergangenheit noch zu größeren Problemen führte. Projektleiter Mike Cassidy erläuterte in einem Blogeintrag, wie man künftig gedenke die Kurse der Ballons zuverlässiger zu halten. Eine mögliche Ergänzung der Ballonlösung durch stratosphärische Drohnen spielt womöglich ebenfalls eine Rolle bei diesem Unternehmen, so kaufte Google vor Kurzem auch das Drohnenstartup Titan Aerospace, einen Hersteller von Drohnen, die von Titan wegen ihrer hohen Flughöhe auch „Satelliten für die Atmosphäre“ genannt werden.
Die solarbetriebenen Drohnen, von denen die Größere der bislang zwei Modelle eine Spannweite von 50 Metern aufweist, sollen bis zu fünf Jahre ohne Landung arbeiten können. Gedacht sind die Geräte des US-Startups u.A. für Kommunikations- und Katastrophenhilfsdienste.
Vor Google hatte auch das soziale Netzwerk FaceBook bereits 16 Millionen für Titan Aerospace geboten, Google machte, offenbar glaubhaft, deutlich, dass es jede Offerte des Social Networks überbieten würde. Über den letztendlichen Kaufpreis wurde zwischen beiden Firmen Stillschweigen vereinbart. Facebook arbeitet an einem ähnlichen Projekt wie Google mit seinen Onlineballon, dem internet.org, einer Initiative, in der noch zahlreiche weitere IT-Größen versammelt sind, darunter Nokia und Samsung.
Im Bereich der kommerziellen Erdbeobachtung sorgt zudem gerade eine Entscheidung der US-Regierung für Aufmerksamkeit, wie der IT-Branchendienst WinFuture berichtet. Die Grenze für die höchste zugelassene Auflösung von Aufnahmen des US-Staatsgebiets wird auf Dringen des Satellitenbetreibers Digital Globe (jetzt Maxar) von 50 auf 25 Zentimeter pro Pixel reduziert, eine Änderung, von der der im August von der Vandenberg Air Force Base startende WorldView 3 von Digital Globe mit einer maximalen Auflösung von 31 Zentimeter pro Pixel nach einer halbjährlichen Übergangsfrist bereits profitieren wird.
Aber der Skybox-Deal ist nicht Googles einziger Schritt in den Raumfahrtmarkt. Erst kürzlich wurden Gerüchte, wonach sich der Internetkonzern am Weltraumtouristikunternehmen Virgin Galactic beteiligen wollte, laut.
Demnach plane Google zunächst eine Minderheitenbeteiligung in Höhe von 30 Millionen US-Dollar, zusätzlich überlege man einige hundert Millionen US-Dollar in ein Gemeinschaftsunternehmen zu investieren, über das Google Zugriff auf Ressourcen von Virgin Galactic gewinnen könnte. Ob hier auf Technologie oder Patente spekuliert wird, steht dahin.
Und während die Engagements im Satelliten- und Drohnenmarkt relativ gut nachvollzogen werden können, gibt es für den Einstieg bei Virgin Galactic zunächst noch keine plausible Erklärung, zumal der Geschäftsbetrieb von Virgin Galactic bislang noch mit zahlreichen Fragezeichen behaftet ist.
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