In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch haben sämtliche aktiven Satelliten des von Russland betriebenen Satellitennavigationssystems GLONASS für bis zu zehn Stunden ihren Betrieb eingestellt. Die Gründe für das Totalversagen der gesamten Trabantenflotte sind bisher unklar.
Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: glonass-iac.ru, insidegnss.com, amerisurv.com, sdcm.ru, Raumcon.
Für die Nutzer der GPS-Alternative GLONASS ist am 1. April um 23:00 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit alles sehr schnell gegangen: der gleichzeitige Ausfall von 21 der 24 Satelliten im Einsatz bedeutete den sofortigen Zusammenbruch der Funktionsfähigkeit des russischen Navigationssystems. Für eine effektive Ortsbestimmung auf dem Boden ist der parallele Empfang von mindestens vier Sendern im Orbit nötig.
Zwar konnten bis 02:00 Uhr morgens immerhin sechs der Satelliten ihre Arbeit wieder aufnehmen, jedoch blieb der Rest des Netzwerks größtenteils bis Mittwoch etwa 09:00 Uhr außer Funktion. Überwiegend wurden die auftretenden Fehlfunktionen von Seiten des russischen Information-Analytical Centre (IAC) für GLONASS als „illegal ephemeris“ eingestuft – offenbar sendeten die Satelliten falsche Bahndaten aus. Zwar konnte eine Handvoll der Satelliten zwischenzeitlich wieder eine Positionsbestimmung vornehmen, jedoch blieb die Empfangsgenauigkeit für Endgeräte so schlecht, dass das Kontrollzentrum den Zustand weiterhin als Systemversagen – „failure“ – einstufte. Eine Verwertung der Signale zur brauchbaren Ortsbestimmung war erst wieder in den Morgenstunden des 2. April möglich.
Unbekannte Ursache der Störung
Obwohl es sich bei dem Ausfall um eine Beeinträchtigung von erheblichem Ausmaß handelte, sind gegenwärtig noch keine offiziellen Stellungnahmen veröffentlicht. Auf der Webseite des IAC beschreibt die letzte verfügbare Statusmeldung eine Routinewartung des GLONASS-Satelliten mit der Kennnummer 717 am 21. März. Ende März war außerdem der jüngste Spross der Satellitenfamilie – Kennnummer 754 – durch einen Sojus-Träger vom Kosmodrom Plessezk erfolgreich in eine Umlaufbahn befördert worden. Er befindet sich derzeit noch in der Phase der Inbetriebnahme. Ob ein Zusammenhang zwischen dem Systemversagen und dieser jüngsten Erweiterung der Satellitenflotte besteht, ist nicht bekannt.
Eine mögliche Erklärung von dritter Seite geht von einer Auswirkung des Weltraumwetters auf GLONASS zum Zeitpunkt der Störung aus. Diese Interpretation stützt sich auf eine Stunden zuvor gemessene, erhöhte Strahlungs- und Partikelemission der Sonne. Am 29. März war das Auftreten eines vergleichsweise starken Sonnensturms beobachtet worden. Er könnte womöglich die Funktionsfähigkeit der Satelliten beeinträchtigt haben.
Alternative Berichte sehen den Grund des Navigations-Blackouts in technischem oder menschlichem Versagen. Demnach könnten falsche Bahndaten von den Bodenstationen an die Satelliten gesendet worden sein. Diese hätten sich, gemäß der Programmierung, um Punkt 23:00 Uhr initialisiert und alle Trabanten zeitgleich lahmgelegt.
GLONASS vom Pech verfolgt
Ohnehin sah sich das russische Navigationssatelliten-Netzwerk in den vergangenen Jahren mit wiederholten Herausforderungen konfrontiert. Nachdem bis Mitte der 2000er Jahre die Infrastruktur im Orbit in Ermangelung betriebsbereiter Satelliten teilweise brach lag, musste auch das dann einsetzende Modernisierungsprogramm für GLONASS einige Rückschläge hinnehmen. Im Dezember 2010 und im vergangenen Jahr, Anfang Juli 2013, gingen jeweils drei Satelliten bei Fehlstarts verloren. Während der gesamten Zeit seines Bestehens war das russische System zudem von der Kurzlebigkeit der genutzten Satellitentypen und mehrfachen Ausfällen einzelner Trabanten bedroht.
Ende Februar 2011 wurde der erste Prototyp der nächsten Satellitengeneration GLONASS-K1 erfolgreich gestartet. Der schrittweise Einsatz dieser neuen Bauart in der Navigationsflotte soll in den kommenden Jahren deren Zuverlässigkeit und Langlebigkeit steigern.
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