Genesis – auf der Suche nach dem Anfang der Welt

Genesis ist eine besondere Mission. Ähnlich wie das erste Buch der Bibel, nach dem die Sonde benannt ist, versucht Genesis zu ergründen, wie sich unser Sonnensystem in seiner Anfangsphase vor über vier Milliarden Jahren entwickelt hat.

Autor: Ingo Froeschmann.

Die gebräuchlichste Theorie geht davon aus, dass sich die ganze Vielfalt von Sonne, Planeten, Monden, Kometen und Asteroiden in unserem Sonnensystem aus einer riesigen Ansammlung von Staub gebildet hat, die sich aufgrund Gravitation zusammen zog und dann zum größten Teil in der Mitte zu unserer Sonne konzentriert hat. Genesis ist aber auch eine historisch bedeutende Mission. Seit dem Flug von Apollo 17 im Dezember 1972 hat es keine Mission mehr gegeben, die Proben aus dem All mitgebracht hat.

So sollten die Trägerscheiben nach der Landung eigentlich aussehen (Bild: NASA)

Die äußere Atmosphäre der Sonne bläst ununterbrochen einen Strom von elektrisch geladenen Atomen, auch Ionen genannt, ins All. Diese Teilchen bilden den Sonnenwind und sind für Sonnenwindforscher so etwas wie Fossilien aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems. Um diese Fossilien nun genauer untersuchen zu können, hat die NASA am 8. August 2001 die Raumsonde Genesis von Cape Canaveral aus ins All geschossen. Sie sollte einige dieser Teilchen einfangen und zurück auf die Erde bringen.

Die Mission ist unterwegs
Damit die Sonde nach etwas über drei Jahren Reisezeit wieder an einem bestimmten Punkt landen kann, nämlich einer unbewohnten Wüste im US Bundesstaat Utah, wurde von Mathematikern ein komplizierter Flugplan entwickelt. Das erste Ziel der Sonde war L1, oder Lagrange Punkt 1, an dem sich die Gravitationskräfte der Erde und der Sonne genau die Waage halten. Dieser Punkt liegt 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt und bietet neben einer stabilen Position für die Sonde auch eine direkte Sicht auf die Sonne, da es hier keinen Erdschatten geben kann. Zusätzlich, und das ist der wichtigste Aspekt, liegt L1 außerhalb des Magnetfeldes der Erde, welches die gesuchten Sonnenwindpartikel verändern würde.

Genesis befand sich 29 Monate im L1 und sammelte dort die winzigen Partikel auf sechseckigen Platten aus verschiedenen Materialien wie Aluminium, Silikon, Platin, aber auch Gold und Diamant. Diese Platten befanden sich in einem runden Kanister der eine Weiterentwicklung aus der Zeit der Apolloflüge in den siebziger Jahren ist. Zusätzlich führte Genesis noch ein Gerät mit, das in der Lage war, eingesammelte Sauerstoffatome zu verdichten.

Sonnenpartikel für 260 Millionen Dollar. Ein teures Stück (Bild: NASA)

Anfang April dieses Jahres wurde es Zeit für Genesis, zu packen. Die hexagonalen Platten wurden in den dafür vorgesehenen Kanistern verstaut und die Sonde wurde auf den Weg vorbei an der Erde nach L2 geschickt, quasi dem Spiegelbild des L1 auf der sonnenabgewandten Seite der Erde. Genesis musste diesen Umweg fliegen um die Landung bei Tageslicht in Utah durchführen zu können.

Eine harte Landung
Am Morgen des 8. September, einige Stunden vor dem geplanten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, warf die Sonde ihre Landekapsel ab und flog dann weiter, um auf einer der Erde ähnlichen Umlaufbahn um die Sonne zu bleiben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Mission ohne Zwischenfälle reibungslos funktioniert, aber das große Finale sollte noch kommen. Weltweit wurde die Landung mit Spannung erwartet, und der Atmosphäreneintritt der Sonde wurde sogar von Experten beobachtet, die sich sonst mit den Messungen von Meteoriten beschäftigen. Auch die NASA übertrug den Landungsversuch live im NASA TV.

Besonders gespannt waren auch zwei Teams von Stuntmen die normalerweise in Hollywood ihre Köpfe hinhalten. Ihre Aufgabe war es, mit einem Helikopter und einem daran befestigten Haken den Fallschirm der Sonde in der Luft zu fangen, um so eine noch sanftere Landung der Sonde erreichen zu können. Doch die Landung ging schief, der Fallschirm öffnete sich nicht wie geplant und die Sonde schlug mit 311 Stundenkilometern auf dem – immerhin weichen – Wüstenboden auf.

Wie üblich, hat die NASA sofort eine Untersuchungskommission eingesetzt, um die Fehlerursache zu suchen, bislang ohne Ergebnis. Es gibt eine Vermutung der NASA, wonach eine bereits beim Start geschwächte Batterie die Ursache gewesen sein könnte.

Zwischen Bangen und Hoffen
Die Masse unseres Sonnensystems ist in seiner Mitte konzentriert. Die Sonne enthält 99,15 Prozent der gesamten Masse des Sonnensystems. Die Sonne wiederum besteht zum allergrößten Teil aus Helium und Wasserstoff, aber seit während der Apollomissionen Teilchen aus dem Sonnenwind gesammelt wurden, ist bekannt dass auch über 60 andere Elemente in der Sonne vorkommen. Die genaue Zusammensetzung sollte durch Genesis herausgefunden werden. Die Ziele der Mission sind durch die Bruchlandung vom 8. September nun erheblich gefährdet.

Die Trümmer der Verzweiflung? Gott sei Dank wurden Proben gerettet, wenn gleich nicht alle (Bild: NASA)

Nach dem filmreifen Aufwand, den die NASA betrieb, um auch nur eine Landung an einem Fallschirm zu schaffen, was beim Aufprall eine Geschwindigkeit von schlappen 16 Kilometern pro Stunde bedeutet hätte, schien es zunächst fraglich, ob überhaupt ein Teil der gesammelten Teilchen noch zu Forschungszwecken genutzt werden könnte. Inzwischen sind aus dem NASA Hauptquartier in Washington aber vermehrt positive Stimmen zu vernehmen, die andeuten, dass die 260 Millionen US Dollar teure Mission doch noch ihre wissenschaftlichen Ziele erreichen könnte. Die neuesten Informationen und Ergebnisse dazu finden Sie wie immer bei uns auf Raumfahrer.net.

Die nahe Zukunft
Genesis ist nicht die einzige aktuelle Sonde, die Material aus dem Sonnensystem zur Erde bringen soll. Am 15. Januar 2006 wird die Kometensonde Stardust nach sieben Jahren im All mit Teilchen aus dem Schweif des Kometen Wild 2 zur Erde zurückkehren. Die größte Sorge der NASA dürfte derzeit wohl sein, dass Stardust mit einem ähnlichen Landemechanismus ausgestattet ist wie Genesis. Wieder wird ein Fallschirm verwendet. Da tröstet es auch nicht, dass die Amerikaner solcherart Manöver während des Kalten Krieges viele Male erfolgreich durchgeführt haben, um Informationen von Spionagesatelliten einzusammeln. Wir drücken die Daumen.

Nach oben scrollen