Zum ersten Mal konnten Forscher flüchtige Schwingungen in der Korona der Sonne nachweisen. Diese Schwingungen sind auch als Alfven-Wellen bekannt, welche Energie von der Sonnenoberfläche transportieren. Durch diesen Fund erhoffen sich Wissenschaftler aus aller Welt, das grundsätzliche Verhalten des solaren Magnetfeldes besser verstehen zu können. Dies führt zwangsweise zu einem besseren Verständnis über alle Auswirkungen, die die Sonne auf die Planeten im Sonnensystem hat.
Ein Beitrag von Martin Ollrom. Quelle: NCAR News Release.
Die Forschungsarbeit, welche von Steve Tomczyk vom National Center for Atmospheric Research (NCAR) geleitet wurde, ist letzte Woche im Science-Magazin erschienen. „Alfven-Wellen können uns einen tieferen Einblick in die Prozesse unserer Sonne und deren Auswirkungen auf die Erde gewähren“, hofft Tomczyk.
Alfven-Wellen sind sich schnell bewegende, ausstrahlende Störungen entlang der Magnetfeldlinien der Sonnenkorona, welche Energie nach außen transportieren. Seit längerer Zeit war uns die Existenz dieser Wellen in der Heliosphäre außerhalb der Sonne bekannt, doch zum ersten Mal konnten wir deren Existenz auch in der Korona direkt nachweisen. Die Korona ist die äußere Schicht der Sonnen-Atmosphäre. Alfven-Wellen sind sehr schwer zu entdecken, da sie keine großen Fluktuationen in der Sonnenkorona auslösen – wie bei anderen Wellen üblich. Zusätzlich scheinen sich die Wellen immer mit derselben Geschwindigkeit fortzubewegen, weswegen sie schwer zu erfassen sind. Normale Wellen werden meist durch eine Geschwindigkeitsänderung entdeckt.
„Unsere Untersuchungen erlauben es uns, sicher sagen zu können, dass es sich bei diesen Schwingungen um Alfven-Wellen handelt“, ist Co-Autor Scott McIntosh vom Southwest Research Institute in Boulder stolz. „Die Wellen sind zu jeder Zeit sichtbar und genehmigen sich keine Pause. Zusätzlich treten sie an allen Stellen der Korona auf, was uns etwas überraschte.“
Im Inneren der Sonne
Indem sie die Geschwindigkeit und Richtung der Wellen messen, erhoffen sich die Forscher, auf die grundlegenden Bestandteile der Sonnenatmosphäre schließen zu können. Unbekannte wie zum Beispiel Dichte oder Ausrichtung des Magnetfeldes gilt es festzustellen. In diesen Wellen könnten die Antworten auf Fragen stecken, nach denen die Physiker schon seit Generationen suchen. Die heißeste (im wahrsten Sinne des Wortes) Frage ist, warum die Korona hundertfach heißer ist als die Oberfläche der Sonne. Etwa aufgrund dieser Wellen, die Energie und somit Hitze von drinnen nach draußen transportieren?
Ein weiteres „heißes“ Thema ist die Vorhersage von Sonnenstürmen, welche tausende Tonnen von magnetisierter Materie in den Weltraum schleudern. Diese gelten als Auslöser unserer geomagnetischen Stürme auf der Erde, welche Kommunikations- und Versorgungssysteme stören können. Wie will man sich in Zukunft gegen diese Sonnenausbrüche schützen? Genau, man will sie voraussagen und somit besser auf entsprechende Folgen auf der Erde gerüstet sein. Des Weiteren ist die Sonne mit ihrer hohen Strahlung auch die größte Gefahr für mögliche Langzeitaufenthalte von Astronauten auf dem Mond oder gar dem Mars. Der Forschungsleiter Tomczyk bringt es auf den Punkt: „Wenn wir zum Mond oder Mars wollen, müssen wir wissen, was in der Sonne vor sich geht.“
Ein mächtiges Instrument
Viele werden sich nun fragen, wie Tomczyk und seine Kollegen diesen Wellen auf die Spur gekommen sind. Sie haben sich eines Instrumentes vom NCAR bedient, dass es schon jahrelang gab. Sie mussten nur einige Änderungen daran vornehmen, um es den höheren Anforderungen gerecht werden zu lassen – anders gesagt, sie haben es etwas „getuned“. Die Rede ist vom Coronal Multichannel Polarimeter (CoMP), welches auf einem Teleskop des National Solar Observatory in New Mexico installiert wurde. Es sammelte Daten über die Magnetfeldaktivitäten entlang der gesamten Grenze der Sonnenatmosphäre. Dabei arbeitete es mit außergewöhnlich hoher Geschwindigkeit – alle 15 Sekunden hat es den betroffenen Bereich in der Korona gemessen. So wurde verhindert, dass die Forscher eine Welle vielleicht verpassen könnten.
Dabei ist dieses Instrument ein Allrounder. Es konnte gleichzeitig die Intensität, Geschwindigkeit und Polarisation der Korona messen. So konnte festgestellt werden, dass diese Wellen mit einer Geschwindigkeit von 4.032 Kilometern pro Sekunde unterwegs sind.
Dieser interessante Fund beweist einmal mehr, dass wir über die Sonne bei weitem nicht alles wissen. Wir wissen auch nicht, welche Gefahr von ihr ausgehen wird beziehungsweise kann. Aber, wie Tomczyk es bereits angesprochen hat, ohne ein grundlegendes Verständnis der Sonnenprozesse werden die Astronauten auf Mond und Mars in größter Lebensgefahr schweben.