Geheimnisvolle Exoplaneten

Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble zwischen September 2012 und August 2013 haben zu neuen Erkenntnisse über die atmosphärische Beschaffenheit der beiden Exoplaneten GJ 436b und GJ 1214b geführt. Beide scheinen noch deutlich interessantere Studienobjekte darzustellen, als auf den ersten Blick zu vermuten war.

Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: NASA, Nature.com.

GJ 436b und GJ 1214b befinden sich, mit einer Distanz von nur 36 bzw. 40 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem, in kosmischer Nähe zur Erde innerhalb der Milchstraße.

GJ 436b wird dem Planetentyp „Hot Neptune“ zugerechnet, ist also ein kleiner Gasriese mit ähnlicher Aufbau wie der namensgebende äußerste Trabant unseres Sonnensystems, kreist jedoch in viel größerer Nähe um sein Zentralgestirn als Neptun. Nach seiner Entdeckung im Jahr 2004 stellte sich heraus, dass dieser Exoplaneten sogar einen Bahnradius von weniger als 0,028 AE aufweist. Dies entspricht nicht einmal 4,5 Millionen Kilometern, immerhin nur rund einem Zehntel des Abstands des innersten Planeten Merkur zu unserer eigenen Sonne. Die Temperatur innerhalb der Gasschichten beträgt entsprechend wohl über 500 Grad Celsius. GJ 436b umrundet seinen Stern, einen vergleichsweise strahlungsarmen Roten Zwerg, unter diesen Voraussetzungen in weniger als drei Tagen.

Wie auch GJ 1214b, eine sogenannte „Supererde“, ist der nun nochmals genauer unter die Lupe genommene Gasplanet ein Musterexemplar jener relativ häufigen Art von Exoplaneten, auf denen grundsätzlich lebensermöglichende Bedingungen vorzufinden sein könnten. GJ 1214b ist deutlich kleiner als GJ 436b, besitzt die sechs- bis siebenfache Masse der Erde und etwa den zweieinhalbfachen Durchmesser unseres Heimatplaneten. Er bewegt sich auf seinem Orbit in nur 0,014 AE Entfernung zum Zwergstern GJ 1214.

Künstlerische Darstellung des heißen Exoplaneten GJ 436b, dessen grundlegender Aufbau dem unseres Gasplaneten Neptun ähneln.
(Bild: NASA/JPL-Caltech)
Künstlerische Darstellung des heißen Exoplaneten GJ 436b, dessen grundlegender Aufbau dem unseres Gasplaneten Neptun ähneln.
(Bild: NASA/JPL-Caltech)

Beide Exoplaneten wurden bisher mehrfach mit der Transit-Methode beobachtet, also durch die Feststellung und Vermessung ihres Durchgangs vor dem jeweiligen Gestirn. Dies ist möglich, da die Umlaufbahnen beider Himmelskörper so orientiert sind, dass die Erde sich in ihrer Ekliptikebene befindet. Anhand der Frequenz, mit der die Sterne, von der Erde aus betrachtet im Hintergrund, regelmäßig durch den Schattenwurf der Planeten verdunkelt werden, lassen sich damit beispielsweise deren Bahndaten errechnen. Relevant ist diese Vorgehensweise im Fall von GJ 436b und GJ 1214b auch, da sie noch eine weitere Gelegenheit zu astronomischem Erkenntnisgewinn bietet: Sobald ein durchgehender Exoplanet von hinten durch seinen Stern angestrahlt wird, ist für erdnahe Teleskope seine Atmosphäre besonders gut sichtbar. Eine Spektralanalyse der Strahlung die dabei durch die Gashülle des Planeten dringt, offenbart deren individuelle Absorptionseigenschafen und damit zugleich die Element- und Molekülzusammensetzung.

Zunächst einmal schienen die zwei Exoplaneten GJ 436b und GJ 1214b nach ihrer Entdeckung in dieser Hinsicht wenig aufschlussreich: Die Zusammensetzung und der Aufbau ihrer Atmosphären ließ sich nicht abschließend bestimmen. Es existierten parallel mehrere plausible Interpretationsansätze zu den bis dahin vorhandenen spektroskopischen Daten.

Unter Zuhilfenahme des Hubble-Weltraumteleskops und dessen Beobachtung jeweils mehrerer Transits konnte die Auflösung bisheriger Messungen nun so deutlich übertroffen werden, dass erstmals wesentlich konkretere Aussagen möglich geworden sind.

Das scheinbar unspektakuläre Spektralmuster von GJ 436b etwa, lässt jetzt nur noch zwei mögliche Szenarien zu: Entweder besitzt der Planet eine hohe Wolkenschicht, die Strahlung aus der unteren Atmosphäre abschirmt, oder aber die gesamte Atmosphäre ist besonders reich an schweren Molekülen wie zum Beispiel Wasserdampf, Kohlenstoffmonoxid oder Kohlenstoffdioxid. In letzterem Fall wäre dort kaum Wasserstoff nachweisbar, was den Himmelskörper stark von seinem angenommenen Verwandten Neptun unterscheiden würde. Der achte Planet unserer Sonne hält in seiner äußeren Gasschicht immerhin rund 80 Prozent Wasserstoff.

Ganz ähnliche Befunde haben sich offenbar für GJ 1214b ergeben. Für diesen Planeten war bisher schon von einer hochgelegenen Wolkendecke ausgegangen worden, jedoch bestand auch die Möglichkeit sein Atmosphären-Spektrum alleine mit einer schweren molekularen Zusammensetzung zu erklären. Nun scheint klar: GJ 1214b besitzt auf jeden Fall eine relevante Wolkenschicht, der sich unterhalb womöglich zusätzlich die vermutete schwere Atmosphäre anschließt.

Beide Beispiele zeigen nach Ansicht der beteiligten Forscher, dass extrasolare Planeten in unserer Galaxie in Variationen vorkommen, die uns aus unserem eigenen Sonnensystem weitgehend unbekannt sind. Gasplaneten mit einer schweren Atmosphäre und geringer Entfernung zum Zentralstern, wie GJ 436b und GJ 1214b, bilden dabei offenbar einen bisher nicht befriedigend erforschten Typus planetarer Körper zwischen einerseits Gesteins- und Wasserplaneten etwas über Erdgröße und andererseits kleineren Gasriesen wie Neptun.

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