Physiker der Uni Potsdam untersuchen Gammastrahlenausbruch. Eine Medieninformation der Universität Potsdam.
Quelle: Universität Potsdam.
Am 20. Juli 2018 meldeten mehrere Weltraumobservatorien kurz nacheinander einen Gammastrahlenausbruch. Dieser Ort am Himmel wurde sogleich von verschiedenen Observatorien ins Visier genommen. Ins Blickfeld von H.E.S.S. kam diese Stelle erst zehn Stunden später. Das H.E.S.S.-Team suchte nach dem Nachglühen des Ausbruchs. Extrem energiereiche kosmische Explosionen produzieren Gammastrahlenausbrüche, die meist nur einige zehn Sekunden dauern. Darauf folgt ein länger andauerndes Nachglühen, dessen Helligkeit rasch abklingt. Die Gammastrahlen des unmittelbaren Ausbruchs sind meist einige Tausend bis Millionen Mal energiereicher als sichtbares Licht und nur von Satelliten aus beobachtbar. Weltraumobservatorien konnten aber auch schon einzelne noch energiereichere Photonen nachweisen. Bis zu welchen Energien diese Ausbrüche Strahlung emittieren und ob auch Gammastrahlung dabei ist, die mindestens 100 Milliarden Mal energiereicher als sichtbares Licht ist, blieb bislang offen.
Dieser Nachweis gelang nun mit dem großen H.E.S.S.-Teleskop, das für derartige Beobachtungen besonders geeignet ist. In den Beobachtungsdaten, die zehn bis zwölf Stunden nach dem Gammastrahlenausbruch aufgezeichnet wurden, war an der Stelle des Ausbruchs eine neue, punktförmige Gammastrahlen-Quelle sichtbar. 18 Tage später verschwand sie wieder. Der Gammastrahlenausbruch war sehr stark und dauerte etwa 50 Sekunden, eine relativ lange Zeit, die auf den Tod eines massereichen Sterns hindeutet. Dabei kollabiert dessen Kernbereich zu einem schnell rotierenden Schwarzen Loch. In einer sich um das Schwarze Loch drehenden Materie-Scheibe heizt sich das umgebende Gas sehr stark auf. Senkrecht zur Scheibenebene ausgestoßene lichtschnelle Düsenstrahlen erzeugen die Gammablitze. „Die jetzt entdeckte höchstenergetische Gammastrahlung demonstriert nicht nur die Anwesenheit von extrem beschleunigten Teilchen, sondern zeigt auch, dass diese Teilchen noch relativ lange nach der Explosion existieren bzw. erzeugt werden“, sagt Dr. Clemens Hoischen von der Universität Potsdam. Als kosmischen Beschleuniger sehen die Physiker sehr wahrscheinlich die von der Explosion ausgehende Schockwelle. Vor dieser H.E.S.S.-Beobachtung gingen die Forscher davon aus, dass solche Ausbrüche vermutlich nur in den ersten Sekunden und Minuten bei diesen extremen Energien beobachtbar sind.
Zum Zeitpunkt der H.E.S.S.-Messungen hatte das Nachglühen im Röntgenlicht stark abgenommen. Als erstaunlich betrachten es die Forscher, dass „Helligkeit“ und spektrale Form im Röntgen- und höchstenergetischen Gammabereich übereinstimmen. Wie diese auf sehr hohe Energien beschleunigten Teilchen höchstenergetisches Gammalicht erzeugen, kann theoretisch auf verschiedene Art und Weise geschehen. Die H.E.S.S Ergebnisse grenzen die möglichen Emissionsmechanismen zwar stark ein, geben aber auch neue Rätsel auf, da sie recht extreme Parameter des Ausbruchs als kosmischen Teilchenbeschleuniger erfordern. Clemens Hoischen ist von der neuen Entdeckung begeistert: „Als ich anfing, mich mit den Gammastrahlenausbrüchen zu beschäftigen, hatte man bereits seit etwa 20 Jahren erfolglos versucht, sogenannte Gamma-Ray Bursts mit Cherenkov-Teleskopen zu beobachten. Dass die Detektion nun gelungen ist, wird uns dabei helfen, dieses Phänomen in den kommenden Jahren noch deutlich besser untersuchen zu können.“
Das H.E.S.S. Telescope Array
Die Ergebnisse wurden mit dem H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) Experiment in Namibia erzielt. Dieses System aus vier Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von je 13 m und dem riesigen HESS II Teleskop mit 28 m Spiegeldurchmesser (dem größten optischen Teleskop der Welt) bilden die leistungsfähigste Forschungseinrichtung zur Untersuchung hochenergetischer Gammastrahlung. Das Experiment wird von der H.E.S.S. Kollaboration betrieben, die aus über 250 Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich, Namibia, Südafrika, Polen, England, Österreich, Japan, Irland, Armenien, Australien, Schweden und den Niederlanden gebildet wird. Die Forscher und ihre Institutionen werden von nationalen Forschungsorganisationen unterstützt.
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