Galileo-Testsatellit GIOVE-B geht in Rente

Die Europäische Raumfahrtorganisation (ESA) meldete am 24. Juli 2012, dass der Orbit des am 27. April 2008 gestarteten zweiten Galileo-Testsatelliten jetzt schrittweise angehoben wird, um die endgültige Außerdienststellung des Raumfahrzeugs vorzubereiten.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ESA.

ESA / S. Corvaja
Sojus-Start mit GIOVE-B am 27. April 2008
(Bild: ESA / S. Corvaja)

Basierend auf Alcatels Proteus-Satellitenbus von Astrium gebaut war GIOVE-B unterschiedlichen Quellen zufolge auf 27 bzw. 50 Monate Betrieb im Weltraum ausgelegt worden. Nach etwas über vier Jahren im All wurde am 23. Juli 2012 die Navigationsnutzlast des Satelliten abgeschaltet.

An Bord von GIOVE-B befinden sich entsprechend seiner Bezeichnung (GIOVE steht für Galileo In-Orbit Validation Element, Galileo-Testelement für Überprüfungen in einer Umlaufbahn) zahlreiche Komponenten, die für einen künftigen Einsatz im Weltraumsegment des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo zu testen waren.

Unter anderem besitzt GIOVE-B Atomuhren in zwei für Galileo-Satelliten vorgesehenen Varianten. Die beiden Rubidium-Uhren der Navigationsnutzlast ermöglichten exakte Zeitinformationen mit einem Fehler von etwa drei Sekunden in einer Millionen Jahre. Eine neuartige Wasserstoff-Maser-Uhr mit einem passiven Wasserstoff-Maser (engl. Passive Hydrogen Maser, PHM), auf GIOVE-B zum allerersten Mal überhaupt im Weltraumeinsatz, zeichnete sich durch noch wesentlich geringere Gangabweichungen aus. Ihr Fehler liegt bei nur rund einer Sekunde alle drei Millionen Jahre (~1 Nanosekunde pro Tag).

ESA
Ingenieurmodell einer Wasserstoff-Maser-Uhr
(Bild: ESA)

Zur Ausstrahlung von Testsignalen, insbesondere solchen zur Untersuchung eines gemeinsamen Betriebs von Galileo und des US-amerikanischen Satellitennavigationssystems (GPS), besitzt GIOVE-B verschiedene Antennen, zur Erzeugung und Aufbereitung der Signale entsprechende Generatoren und Verstärker. Außerdem an Bord ist ESAs standardisierter Strahlungsmonitor zur Erforschung der Charakteristik der Strahlung in der Umgebung eines Satelliten auf seiner Bahn um die Erde.

Die während des Regelbetriebs von GIOVE-B in rund 23.222 Kilometern über der Erde gewonnen Erkenntnisse bestätigten, dass Galileo künftig so funktionieren kann, wie es beim Entwurf des Systems angedacht worden war. Zusätzlich sicherte GIOVE-B im Zusammenspiel mit dem ersten Testsatelliten GIOVE-A die künftige Verwendung bestimmter Frequenzen durch Galileo-Satelliten, indem die Frequenzen im Einklang mit den Regelungen der International Telecommunications Union (ITU) regelmäßig benutzt wurden.

Damit der demnächst vollständig deaktivierte GIOVE-B anderen Satelliten nicht unmittelbar gefährlich werden kann, ist eine Anhebung seiner Bahn um rund 600 Kilometer vorgesehen. Eine erste diesbezüglich abgewickelte Triebwerksbrennphase sorgte am 24. Juli 2012 für eine Bahnanhebung um rund 30 Kilometer. Nach einer Reihe weiterer Brennphasen wird der Testsatellit laut Plan voraussichtlich Mitte August seinen sogenannten Friedhofsorbit erreicht haben.

ESA
GIOVE-B über der Erde – Illustration
(Bild: ESA)

Beginnend ab 2013 sollen die Galileo-FOC-Seriensatelliten (FOC für Full Operational Capability, engl. für volle Einsatzkapazität) in den Weltraum gebracht werden. Die ersten beiden Satelliten der Galileo-Testkonstellation (IOV, in orbit verification, engl. für Überprüfung im Orbit) befinden sich seit dem 21. Oktober 2011 im All. Ergänzt wird die IOV-Testkonstellation durch zwei weitere Satelliten voraussichtlich im Oktober 2012.

GIOVE-B alias GSTB V2/B ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 32.781 bzw. als COSPAR-Objekt 2008-020A.

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