Galaxiencrash – Arp 226

Astronomen haben eine spektakuläre neue Aufnahme der Galaxie Arp 226 erstellt. Das jetzt zu sehende kosmische Durcheinander entstand bei dem Zusammenstoß zweier Galaxien. Es bietet den Wissenschaftlern eine hervorragende Gelegenheit, zu untersuchen, wie die Verschmelzung von Galaxien die Entwicklung des Universums beeinflusst.

Ein Beitrag von Hans J. Kemm. Quelle: ESO 1044.

Zusammenstöße von Galaxien sind nichts außergewöhnliches, sie gehören zu den für die Entwicklung des Universums wichtigsten Prozessen. Die Untersuchung solcher Kollisionen liefert wichtige Hinweise über die Vorfahren heutiger Galaxien.
Bei diesem Objekt, Arp 226 oder auch NGC 7252, handelt es sich um 2 kollidierende Galaxien in rund 220 Millionen Lichtjahren Entfernung im Sternbild Wassermann. Es wurde am 26. Oktober 1785 von William Herschel entdeckt. Der Name Arp 226 stammt aus dem Atlas of Peculiar Galaxies, einem astronomischen Katalog. In ihm sind von Halton Arp in den 1960ern 338 ungewöhnliche Galaxien mit photographischen Aufnahmen aufgeführt.

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Arp 226 aufgenommen mit dem Wide Field Imager der ESO am 2,2 m-MPG/ESO-Teleskop am La Silla-Observatorium
(Bild: Eso_arp226)

Was die Astronomen jetzt zu sehen bekommen, ist eine Momentaufnahme einer möglichen Verschmelzung, auf der das gesamte Ausmaß des Durcheinanders der Kollision deutlich wird. Als vorläufiges Endergebnis dieses komplexen Zusammenspiels gravitativer Wechselwirkungen sind die deutlich sichtbaren Ausläufer der Galaxien, die aus Strömen von Sternen, Gas und Staub bestehen, zu sehen. Die Aufnahme zeigt außerdem Gas und Sterne, die aus den zusammenstoßenden Galaxien herausgerissen wurden und sich in mehreren Lagen als Hülle um den gemeinsamen Kern gewickelt haben. Während ein großer Teil des Materials in den Weltraum hinaus geschleudert wurde, sind andere Bereiche komprimiert worden.

Solche „merger remnants“ befinden sich noch während oder schon am Ende eines Verschmelzungsprozesses. In dieser Phase wird das vorhandene Gas komprimiert und neue Sterne werden gebildet. Arp 226, auch unter dem Namen „Atoms for Peace Galaxie“ bekannt, ist ebenfalls ein „merger remnant“.

Nach Abschluss des Verschmelzungprozesses bleibt ein dreidimensionales, spheroidisches Gebilde zurück, in dem kaltes Gas kaum mehr zu finden ist sowie eine elliptische Galaxie. Auffallend ist, dass bei Kandidaten für eine Verschmelzung sehr viele Kugelsternhaufen-Bewerber aufzufinden sind. Die Fachleute erwarten, dass diese Kugelstern-Anwärter im Laufe ihres Lebens durch stellare Winde und dynamische Prozesse wie Evaporation und Gezeitenwechselwirkung Masse verlieren, und nach und nach den normalen Kugelsternhaufen der Milchstraße immer ähnlicher werden.

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NGC 7252 / Kugelsternhaufen W3 im K-Band
(Bild: National Radio Astronomy Observatory, USA)

Im rechten Seitenarm von Arp 226, auf dem Bild bei 1.00 Uhr, befindet sich der bisher bekannte größte Sternhaufen, W3. Ob es sich aber hierbei um einen Kugelsternhaufen handelt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Angenommen wird, dass dieses Gebilde durch möglicherweise mehrfache Annäherungen der beiden Vor-Galaxien entstanden ist. Es könnte aber auch sein, dass sich dieser Sternhaufen bereits in der Vorzeit gebildet hat, als eine der jetzt zusammengeführten Galaxien sich eine Zwerggalaxie einverleibt hat. Das ist auch ein normaler Prozess, wobei die Begleitgalaxien keine Chance des Entweichens haben.

Nach Informationen aus Astronomenkreisen steht solch ein Prozedere wie Arp 226 unserer Milchstraße auch bevor. Astronomen haben ermittelt, dass die Milchstraße in drei bis vier Milliarden Jahren mit der Andromedagalaxie zusammenstoßen dürfte. Für den Ablauf solch einer angenommenen Kollision können mangels Kenntnis der Raumgeschwindigkeiten und wegen der Komplexität der beim Zusammenstoß ablaufenden Prozesse nur Wahrscheinlichkeitsaussagen gemacht werden.

Sorgen um unsere Sonne muss man sich bei einem möglichen Crash allerdings keine machen: Die Abstände zwischen den einzelnen Sternen innerhalb einer Galaxie sind so groß, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass die Sonne während des Verschmelzungsprozesses einen Frontalzusammenstoß mit einem anderen Stern erleiden wird. Es könnte allerdings passieren, dass sie aus dem Verbund der Milchstraße hinausgeschleudert wird. Wenn es dazu doch kommen sollte, dann haben die Wissenschaftler schon einen Namen für das neue Gebilde bestimmt. Milkomeda wurde vorgeschlagen, eine Verschmelzung des englischen Milky Way mit dem griechischen Andromeda.

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