Als Folge des Atomunfalls im japanischen Fukushima wird Meerwasser vor der Küste Japans mit radioaktiven Partikeln verseucht. Unter Ägide der französischen Raumfahrtagentur CNES erstellt das LEGOS-Labor der SIROCCO-Gruppe Vorhersageberechnungen über die Verteilung der radioaktiven Belastung im Wasser.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: CNES.
Auf Anfrage der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) arbeitet die SIROCCO-Gruppe seit der Havarie der Reaktoren im Kraftwerk Fukushima Daiichi an Vorhersagen der Verteilung radioaktiver Substanzen wie z.B. Cäsium 137 im Meerwasser.
Den Kern der für die Vorhersagen verwendeten Softwarewerkzeuge bildet ein 3D-Modell der Ozeanzirkulation. Die Konzentrationen der vor dem Kraftwerksgelände im Meer befindlichen radioaktiven Substanzen werden in der Nähe des Kraftwerks gemessen, die entsprechenden Werte ins Vorhersagesystem eingespeist. Bildmaterial von den Erdbeobachtungssatelliten Envisat und Jason 2 wird bei den Berechnungen berücksichtigt. Vom französischen Ozeanzustandsvorhersagesystem Mercator gelieferte Informationen, die beispielsweise den Salzgehalt und die Temperatur des Wassers betreffen, gehen in die Berechnungen mit ein.
Erschwert werden die Vorhersagen durch das Zusammentreffen zweier Meeresströmungen in der betrachteten Ozeanregion. Dort trifft warmes Wasser des Kuroshio-Stroms, der auch als Japanstrom bezeichnet wird, auf kälteres Wasser. Temperaturunterschiede zwischen 12 und 15 Grad Celsius sorgen für die Bildung riesiger Wirbel, die radioaktive Elemente Richtung Norden oder Richtung Süden verteilen können. Hier helfen Satellitenbilder von Regionen starker Zirkulation.
Ende April 2011 lagen die bedeutendsten Konzentrationen radioaktiver Substanzen im Meerwasser nach Angaben der CNES vor der Küstenlinie im Abstand von 50 Kilometern nördlich und südlich des Kraftwerks. Zwischen 100 und 10.000 Becquerel pro Liter, abhängig von der Entfernung vom Kraftwerk, seien ermittelt worden. Weiter draußen auf See kommt das radioaktive Material laut CNES jeweils zehnfach verdünnt vor.
Über die Menge an radioaktiven Elementen, die sich im für die Kühlung der Reaktoren verwendeten und anschließend ins Meer eingeleiteten Wasser befindet, können die Berechnungen keine Aussagen machen. Angaben zur Menge von radioaktive Partikeln, die als Fallout auf das Meer gelangten, und zur Menge solcher, die über Land verteilt und anschließend ins Meer gewaschen wurden, sind ebenfalls nicht möglich.
Das erarbeitete Modell wird täglich mit neuen Daten aktualisiert, und so die Genauigkeit des vorhergesagten Szenarios immer größer.