Der am 24. Juni 2016 gestartete US-amerikanische militärische Kommunikationssatellit MUOS 5 war bisher nicht in der Lage, einen annähernd geostationären Orbit (GEO) zu erreichen. Stattdessen kreist er auf einem gegenüber dem Aussetzen im All nach dem Start angehobenen Geotransferorbit (GTO) um die Erde.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Lockheed Martin, ULA, USAF, USN.
Satellit im Abseits
Einer Mitteilung der US-Marine zufolge hatte letztere erwartet, MUOS 5 werde um den 3. Juli 2016 herum einen geosnychronen, also an die Erdrotation angepassten Orbit erreichen. Tatsächlich habe man die Bahnanhebungsmanöver des Satelliten jedoch unterbrechen müssen, was dazu führte, dass der Satellit die vorgesehene Testposition im Bereich von Hawaii nicht erreicht hat.
An Bord des Raumfahrzeugs mit einer Startmasse von 6.740 Kilogramm ist nach Angaben der US-Marine eine Anomalie aufgetreten. Über Art und Ursache der Anomalie machte die US-Marine bis dato keine Angaben. Wegen der Anomalie sei der Satellit umkonfiguriert worden. Die Bahn des Satelliten sei stabil, die Situation und das weitere mögliche Vorgehen würden untersucht, meldete die US-Marine am 8. Juli 2016.
Bahnanhebung vielleicht in der Verlängerung
Kurz nach dem Start hatte die US-Marine in einer Pressemitteilung vom 24. Juni 2016 erklärt, dass der Satellit auf Kommandos des Marine-Satellitenkontrollzentrums (Naval Satellite Operations Center, NAVSOC) auf der Marinebasis Ventura County, Point Mugu, Kalifornien reagiere. Außerdem sei mit den Manövern zur Bahnanhebung begonnen worden, welche den Satelliten schließlich in eine geosynchrone Bahn bringen würden, wo er dann Solarzellenausleger und Antennen entfalten sollte.
Amateurbeobachter haben MUOS 5 auf einer Umlaufbahn mit einem der Erde nächsten Bahnpunkt von rund 15.240 Kilometern über der Erde und einem erdfernsten Bahnpunkt von rund 35.700 Kilometern gefunden. Die ermittelte Neigung der Bahn des Satelliten gegen den Erdäquator lag bei 9,8 Grad.
Gefangen im Mittelfeld
Für eine Erdumrundung benötigt der Satellit derzeit rund 15,7 Stunden. Bei regelmäßigen vom Satelliten ausgehenden Leuchterscheinungen könnte es sich um Reflexionen von Sonnenlicht handeln, welche durch eine Spinstabilisierung des Raumfahrzeugs ausgelöst werden. Es gibt also einen Hinweis darauf, dass der Satellit zur Lagestabilisierung in Rotation um eine seiner Achsen versetzt worden ist.
Nach dem Aussetzen von der Centaur-Oberstufe der Atlas-V-Rakete am 24. Juni 2016 war der Kommunikationssatellit auf einer Bahn mit einem der Erde nächsten Bahnpunkt von etwa 3.900 Kilometern und einem erdfernsten Bahnpunkt von rund 35.650 Kilometern unterwegs. Die Bahnneigung betrug rund 19 Grad.
Fünfmeterraum nicht erreicht, Tor nicht in Sicht
Eigentlich sollte sich MUOS 5 jetzt auf einer etwa 5 Grad gegen den Erdäquator geneigten annähernd kreisförmigen Bahn in rund 35.900 Kilometern Höhe befinden, und im Empfangsbereich einer Bodenstation auf Hawaii dreiachsstabilisiert ersten Tests im Rahmen einer umfangreichen Inbetriebnahmephase unterzogen worden sein. Nach Abschluss der Inbetriebnahme wollte man den Satelliten auf eine Position über dem Indischen Ozean versetzen.
Bei MUOS 5 alias MUOS SV3 handelt es sich um den dritten produzierten Satelliten für das Mobile User Objective System. Wegen fehlerhafter Lötverbindungen, die im Zuge von Tests mit dem MUOS-Raumfahrzeug Nr. 3 in einer Vakuumkammer an einer UHF-Antenne aufgefallen waren, wurde die Startreihenfolge der einzelnen Raumfahrzeuge der inklusive eines Reservesatelliten insgesamt fünf Satelliten umfassenden Serie verändert.
Das MUOS-Kommunikationssatellitensystem ist insbesondere für Sprach- und Hochgeschwindigkeitsdatenverbindungen mobiler Benutzer der US-Marine gedacht. Die Satelliten sind Erzeugnisse des US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Lockheed Martin aus Sunnyvale in Kalifornien. Sie basieren auf dem Bus A2100. UHF-Baugruppen steuerte Boeing aus El Segundo, Kalifornien, bei.
US-amerikanische L’Équipe
Boeings UHF-Baugruppen haben eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Kompatibilität mit der Vorgänger-Satellitenkonstellation mit der Bezeichnung UFO bzw. UHF-F/O für Ultra High Frequency Follow-On. Nach Angaben der US-Marine ähneln sie der an Bord von UFO 11, dem letzten Satelliten der UFO-Konstellation, eingesetzter Technik.
General Dynamics, ein US-amerikanisches Unternehmen, das Aufgaben im Bereich des MUOS-Bodensegments zu erledigen hat, berichtete im Jahre 2013, die MUOS-Konstellation übertreffe die UFO-Konstellation in ihrer Gesamtkapazität um das sechszehnfache.
Die Harris Corporation aus Melbourne im US-Bundesstaat Florida lieferte für jeden Satelliten jeweils zwei entfaltbare Antennen mit Gitternetz-Reflektoren. Die größere der Antennen besitzt im betriebsbereiten Zustand einen Durchmesser von rund 18,7 Metern. Alternative Quellen nennen allerdings für den großen entfaltbaren Antennenreflektor, der für fortschrittliche MUOS Anwendungen gedacht ist, einen Durchmesser von 14 Metern, und für den kleineren entfaltbaren Antennenreflektor zur Nutzung mit UHF-Terminals einen Durchmesser von 5,4 Metern.
Japanischer Hauptantrieb mit Effet
Um ihnen den Weg vom Absetzorbit in den vorgesehenen Arbeitsorbit zu ermöglichen, wurde der Satellit mit einem 500 Newton starken Zweistofftriebwerk des Typs BT-4 von IHI aus Japan ausgerüstet. Dieses Triebwerk verwendet Monomethylhydrazin (MMH) als Treibstoff und eine Mischung von Stickstoffoxiden (MON-3, Stickstofftetroxid mit 3% Stickstoffmonooxid) als Oxidator.
Die Nutzung von Triebwerken aus Japan an Bord US-amerikanischer Satelliten ist nicht ungewöhnlich. Triebwerke des genannten Typs kamen und kommen außerdem beispielsweise an Bord der von Orbital ATK gebauten ISS-Versorger vom Typ Cygnus zum Einsatz.
MUOS-Satelliten besitzen neben dem BT-4 zusätzliche Einstofftriebwerke zur Lageregelung und für Bahnmanöver. Pro Satellit gibt es sechs 22 Newton starke Triebwerke vom Typ MR-106L und zwölf ein Newton starke Triebwerke vom Typ MR-103G. Beide Typen sind Produkte von Aerojet Rocketdyne aus den USA. In ihnen wird Hydrazin katalytisch zersetzt, um den gewünschten Schub zu erzeugen.
Noch unentschieden: Erfolg im Finale nicht vorhersagbar
Ob die Schwierigkeiten mit MUOS 5 auf Probleme mit seinem Antriebssystem zurückgehen, ist derzeit nicht bekannt. Im Jahre 2010 gab es Probleme mit den chemischen Antriebssystemen des ebenfalls von Lockheed Martin gebauten und mit BT-4 Triebwerk ausgestatteten militärischen US-Kommunikationssatelliten AEHF 1. Weil dieser Satellit zusätzlich elektrische, Xenon ausstoßende Triebwerke vom Aerojet-Typ BPT-4000 besitzt, konnte er letztlich erfolgreich auf eine Position im GEO gesteuert werden. Derzeit ist nicht abzuschätzen, ob und wann MUOS 5 die begonnenen Bahnanhebungsmanöver wird fortsetzen können.
MUOS 5 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.622 und als COSPAR-Objekt 2016-041A.
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