Der unbemannte Wartungseinsatz nimmt, so scheint es, seinen Lauf. Konzepte werden entworfen, Verträge werden geschlossen…
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: AviationNow.com.
Die NASA erbittet Meinungen aus der Raumfahrt-Industrie zu ihren Konzept-Anforderungen zu dem aufwändigen Videokamera-System für die unbemannte Hubble-Wartungs- und De-Orbit-Mission (HRSDM, Hubble Robotic Servicing and De-Orbiting Mission).
Lieferfähig sein soll das Videosystem im Juli 2006, während der Start von HRSDM im Dezember 2007 sein soll. Das Videokamera-System soll an der Außenseite des Roboterfahrzeugs angebracht werden. Es soll es den Operateuren am Boden ermöglichen, das Orbit-Rendezvous mit Hubble zu überwachen und den zweiarmigen Roboter zu steuern, der das Teleskop mit neuen Akkumulatoren, Gyroskopen und Instrumenten ausstatten soll. Die Bilder von den Kameras könnten natürlich auch den Medien zur Verfügung gestellt werden, sagte NASA-Sprecherin Susan Hendrix.
In einem Konzeptentwurf vom 14. Oktober fordert die NASA von ihrem zukünftigen Vertragsparter, dass das Videosystem etwa 30 weltraumtaugliche Kameras mit niedriger Auflösung, fünf Kameras mit hoher Auflösung und ein Kompressions- und Multiplexer-System mit vier Hochauflösungs-Video- und Standbild-Kanälen umfassen soll. Der Vertragspartner hat darüber hinaus eine adäquate Beleuchtungsanlage bereit zu stellen.
Das HRSDM-Fahrzeug soll aus drei Hauptkomponenten bestehen: Ein De-Orbit-Modul, ein Austauscher-Modul, das vom Goddard-Raumfahrtzentrum gebaut wird und die Austauschteile mit sich führt, und der zweiarmige Präzisionsroboter. Lockheed Martin erhielt bereits letzten Monat den Hauptvertrag über ein Volumen von 330 Millionen Dollar. Die kanadische Firma MD Robotics wird den Roboter bauen und einen gut 6 Meter langen Greifarm, mit dem die Wartungssonde Hubble greifen und so lange fixieren soll, wie die beiden Raumfahrzeuge in einem gemeinsamen Orbit um die Erde kreisen.
Wenn die Wartung abgeschlossen ist, wird sich das Austauscher-Modul von Hubble lösen und in der Erdatmosphäre verglühen. Das De-Orbit-Modul wird hingegen an Hubble angedockt bleiben. Sein Einsatz kommt erst Jahre später, wenn Hubble nicht mehr einsatzfähig ist. Dann wird es dazu dienen, das Weltraumteleskop kontrolliert zum Absturz zu bringen, ähnlich wie im März 2001 die Russen ihre legendäre Raumstation MIR mit einer letzten Progress-Kapsel vom Himmel holten. Hubble, das immerhin die Ausmaße eines großen Schulbusses hat, überfliegt in seinem Orbit viele bewohnte Gebiete und verfügt bisher über kein eigenes Antriebssystem, so dass die NASA im Fall eines unkontrollierten Absturzes Gefahr für Leib und Leben von Menschen befürchtet.
Hubble ist per Space Shuttle bisher viermal gewartet worden. Eine fünfte derartige Wartungsmission war ursprünglich für Anfang 2004 geplant. Unter dem Eindruck des Columbia-Absturzes favorisiert die NASA aber nun eine unbemannte Lösung, da ihr das Risiko für die Astronauten zu hoch ist. Hendrix sagte, dass man mit einer endgültigen Entscheidung über die unbemannte Robotmission während der kritischen Entwurfsprüfung im nächsten August oder September rechnet.
Erschwert wird eine unbemannte Wartung dadurch, dass Hubble ursprünglich für Wartung durch Astronauten, also Menschen konzipiert und gebaut wurde, so dass der zukünftige Roboter zu solch unscheinbaren und doch diffizilen Dingen in der Lage sein müsste, wie Schrauben zu lösen und wieder festzudrehen, Kabellaschen aufzubiegen und wieder zusammen zu drücken – alles Dinge, die jeder Kfz-Mechaniker in einer Hinterhofwerkstatt „mit links“ erledigt, ohne auch nur darüber nachdenken zu müssen, während sie die Konstrukteure des Roboters mit Sicherheit allerhand Gehirnschmalz kosten wird. Allerdings soll es in den letzten Jahren soviel Fortschritt in der Robotik gegeben haben, dass die NASA und ihre Auftragnehmer es sich offensichtlich tatsächlich zutrauen, das Wagnis einzugehen.