Fengyun 3G gestartet – erstes Regenradar aus China im All

Am 16. April 2023 startete vom Jiuquan Satellite Launch Center aus eine Rakete des Typs Langer Marsch 4B, um den chinesischen Wettersatelliten Fengyun 3G in den Weltraum zu bringen. Ein Beitrag von Thomas Weyrauch.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quellen: CAST, CNSA, CMA, NSMC, WMO.

Start der Rakete vom Typ Langer Marsch 4B mit Fengyun 3G (FY-3G) an Bord. (Bild: China Meteorological Administration (CMA))

Der Start, ursprünglich einmal für das Jahr 2019 vorgesehen, erfolgte um 3:36 Uhr MESZ vom Startkomplex 43/94 des Jiuquan Satellite Launch Center (JSLC) im Nordwesten Chinas. Die Rakete hob um 9:36 Uhr Pekinger Zeit (1:36 Uhr Weltzeit (UTC)) am 16. April 2023 ab. Das dreistufige Projektil des Typs Langer Marsch 4B (Chang Zheng 4B, CZ-4B) flog die 471. Mission einer Rakete mit dem Namensbestandteil Langer Marsch.

Langer Marsch 4B mit Fengyun 3G (FY-3G) an Bord passiert den Startturm. (Bild: CNSA)

Das von ihr ins All gebrachte Raumfahrzeug Fengyun 3G erreichte nach Informationen aus China die vorgesehene Umlaufbahn. Der auch als FY-3G bezeichnete dreiachsstabilisierte Satellit wurde von der China Aerospace Science and Technology Corporation (CASC) entwickelt. Er umkreist jetzt in Höhen zwischen 414 und 423 Kilometern die Erde. Die Neigung seiner Bahn gegen den Äquator liegt bei etwa 50 Grad und deckt so mittlere und niedrige Breitengrade ab. Für einen Erdumlauf benötigt das Raumfahrzeug dort 92,8 Minuten.

Als Auslegungsbetriebsdauer des Satelliten, der von Chinas Nationalem Wettersatellitenzentrum (NSMC, National Satellite Meteorological Center) für die Chinesische Wetterbehörde (CMA, China Meteorological Administration) eingesetzt werden soll, werden fünf, nach abweichenden Informationen mindestens sechs Jahre genannt.

An Bord des Satelliten befindet sich eine gegenüber den auf Orbits in rund doppelter Flughöhe gebrachten Vorgängersatelliten eine geänderte Instrumentierung. Sie setzt sich wie folgt zusammen:

  • GNOS-2 GNSS Radio Occultation Sounder – 2
  • HARC High Accuracy Radiometric Calibrator (Testnutzlast)
  • MERSI-RM MERSI-Rainfall Measurement
  • MWRI-RM Micro-Wave Radiation Imager for the Rainfall Mission
  • PMR Precipitation Measurement Radar
  • SIPMAI Short-wave Infrared Polarized Multi-Angle Imager (Testnutzlast)
Precipitation Measurement Radar (PMR). (Bild: National Satellite Meteorological Center The Eighth Research Institute of China Aerospace Science and Technology Corporation)

Spezielle Aufgabe des neuen Satelliten ist es, Niederschlagsmengen zu ermitteln. Es handelt sich um die erste solche Mission aus China und der erste chinesische Beitrag zur internationalen globalen Global Precipitation Measurement Mission (GPM) Konstellation. Das besondere dieses Satelliten ist eine Radaranlage zur Wolken- und Niederschlagsbeobachtung, das zweikanalige Precipitation Measurement Radar (PMR) mit den Mittenfrequenzen 13,35 ± 0,01 GHz (Ku-Band) und 35,55 ± 0,01 GHz (Ka-Band). Die Anlage zur aktiven weltraumgestützten Niederschlagserkennung soll in der Lage sein, Informationen zur dreidimensionalen Struktur von Wetter- und Sturmsystemen und Wolkenformationen zu liefern sowie Daten zur Art des Niederschlags (Regen, Schnee…) und seiner Intensität zu erfassen. Die Breite des Beobachtungsstreifens kann bis zu 300 Kilometern betragen.

Micro-Wave Radiation Imager-RM (MWRI-RM). (Bild: National Satellite Meteorological Center The Eighth Research Institute of China Aerospace Science and Technology Corporation)

Der Micro-Wave Radiation Imager-RM für die Mission ist eine weiterentwickelte Version des auf den Vorgängersatelliten eingesetzten Geräts und besitzt 26 Empfangskanäle und dient insbesondere der Erfassung schwacher Niederschläge. Das Mikrowellenradiometer kann außerdem Korrekturdaten für die Radaranlage liefern, um Fehler, die sich durch in der Atmosphäre vorhandene Feuchtigkeit ergeben, zu kompensieren. Wasserdampf der Atmosphäre beeinflusst die Geschwindigkeit der Radarimpulse.

Medium Resolution Spectral Imager-RM (MERSI-RM). (Bild: National Satellite Meteorological Center The Eighth Research Institute of China Aerospace Science and Technology Corporation)

Für Beobachtungen im nahen Infrarot und im Bereich des sichtbaren Lichts und der Bestimmung von Parametern wie der Wolkenoberseitentemperatur, der Wolkenobergrenzenhöhe, des effektiven Partikelradius und der Wolkenmorphologie gibt es an Bord von Fengyun 3G das Instrument Medium Resolution Spectral Imager-RM (MERSI-RM). Das Instrument ist eine vereinfachte Variante des MERSI-II der Vorgängersatelliten. Es besitzt acht Kanäle für Wellenlängen von 0,65, 0,865, 0,94, 1,38, 1,64, 3,8, 10,8 und 12 Mikrometern. Die Breite des Beobachtungsstreifens beträgt rund 1200 Kilometer.

GNSS Radio Occultation Sounder 2 (GNOS-2) Elektronik-Boxen. (Bild: National Satellite Meteorological Center The Eighth Research Institute of China Aerospace Science and Technology Corporation)

Der GNSS Radio Occultation Sounder – 2 (GNOS-2), welcher Signale von GPS- und BeiDou-2-Navigationssatelliten empfangen kann, dient neben der Positionsbestimmung des Satelliten der Messung der lokalen Windgeschwindigkeit über der Meeresoberfläche. Die von Wasserflächen reflektierten Signale von Navigationssatelliten können Auskunft über die Rauheit der Wasseroberfläche geben, aus der sich die lokale Windgeschwindigkeit ableiten lässt. Außerdem kann GNOS-2 Daten zur Luftfeuchte und-Temperatur liefern.

Fengyun 3G (FY-3G) über der Erde – künstlerische Darstellung. (Grafik: National Satellite Meteorological Center The Eighth Research Institute of China Aerospace Science and Technology Corporation)

Die im Vergleich zu den früheren Satelliten der Serie niedrigere Flughöhe von Fengyun 3G erfordert wegen der dort relativ höheren Dichte der Restatmosphäre eine geänderte Strategie zur Bahnerhaltung. Ohne Triebwerkseinsatz würde sich die Flughöhe bei hoher Sonnenaktivität um rund 600 Meter pro Tag verringern. Die Missionsanforderungen bedingen jedoch, dass Veränderungen der Flughöhe 100 Meter pro Tag nicht überschreiten, weshalb drei Mal pro Einsatztag Bahnkorrekturen vorgenommen werden müssen.

Angepasst werden mussten gegenüber früheren Satelliten der Serie auch das Stromerzeugungssystem und das Thermalmanagement. Auf seiner inklinierten niedrigen nicht sonnensynchronen Umlaufbahn kann der Satellit seine Ausrichtung in Flugrichtung abhängig von der Richtung der Sonneneinstrahlung im Turnus regelmäßig um 180 Grad ändern. Darüber hinaus besitzt der Satellit zwei statt einem Solarzellenausleger, welche bezogen auf die Flugrichtung links und rechts am Satellitenhauptkörper montiert sind.

Wettersatelliten Chinas. (Grafik: National Satellite Meteorological Center (NSMC))

Mit dem neuen Satelliten auf besonderer Bahn hofft man, die Genauigkeit von Vorhersagen aus Daten chinesischer Wettersatelliten um rund drei Prozent zu steigern und den Vorhersagezeitraum um rund 24 Stunden verlängern zu können. Die Aktualität meteorologischer Katastrophenüberwachung soll nahezu verdoppelt werden.

Die Vorgängersatelliten der Serie sind teilweise nicht mehr im Betrieb, oder nur noch eingeschränkt nutzbar. Fengyun 3A und 3B sind stillgelegt. Fengyun 3C ist nicht mehr vollständig funktionsfähig. Fengyun 3D und 3E befinden sich im Regelbetrieb.

Fengyun 3G erfährt derzeit das In-orbit testing (IOT) und soll rund sechs Monate nach dem Start in den Regelbetrieb überführt werden.

Fengyun 3G (FY-3G), auch als Fengyun-III 07 (云三号07星) bezeichnet, und gemäß seinen Aufgaben auch FY-3RM-1 genannt, ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 56.232 bzw. als COSPAR-Objekt 2023-055A.

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