Der ESA-Umweltforschungssatellit Envisat sendet seit dem 8. April 2012 keine Signale mehr auf die Erde. Am Boden wird nun nach der Ursache geforscht. Dazu bedient man sich auch anderer Satelliten im Orbit.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: ESA, Spaceflightnow, Wikipedia, Raumcon.
So lieferte Pleiades am 15. April 2012 eine optische Aufnahme im Vorbeiflug mit etwa 30.000 Kilometern pro Stunde aus etwa 100 km Entfernung. Darauf ist Envisat genau wie auf einer bereits zuvor am Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik Wachtberg mit einer 49-Meter-Antenne gemachten Radaraufnahme intakt zu erkennen. Befürchtet worden war eine Kollision mit Weltraumschrott, die auch jetzt noch nicht ganz auszuschließen ist. Wahrscheinlicher ist allerdings ein Hard- oder Softwaredefekt, da größere Schrotteile im Orbit erfasst werden und man ausweichen könnte.
Envisat wurde im März 2002 gestartet und hatte gerade sein zehnjähriges Jubiläum erreicht. Der Satellit stellt den bisher anspuchvollsten Umweltforschungskomplex im All dar. Mit einer Vielzahl an Instrumenten können verschiedene Aspekte erkundet werden. Um alle Gebiete der Erde erfassen zu können, befindet sich Envisat auf einer sogenannten sonnensynchronen Bahn. Dabei überfliegt er im Abstand von 35 Tagen jede Stelle der Erde jeweils zur selben Tageszeit.
„Envisat-Daten werden kontinuierlich über Ölteppiche, Meereseis, verschiedene meteorologische Vorhersagen, Wasserstände, für atmosphärische Überwachungssysteme und ebenso für die Überwachung von Bodenabsenkungen verschiedener Städte in Europa und anderswo genutzt“, sagte Volker Liebig, ESA-Direktor für Erderkundung. Mit seinen Vorgängern ERS 1 und 2 und Envisat sind somit 20 Jahre Daten über Phänomene auf der Erdoberfläche gesammelt worden.
Ursprünglich war eine Funktionsdauer von 5 Jahren geplant. Aufgrund der vorhandenen Reserven und weiterhin guten Funktion der Systeme und Forschungsgeräte wurde die Mission des Umweltwächters mehrfach verlängert. Zuletzt hoffte man, Envisat bis 2014 nutzen zu können. Dann sollen mehrere Sentinel-Satelliten als Nachfolger im Einsatz sein. Sie sollen als kleinere Einheiten und mit verbesserter Technik die Aufgaben von Envisat übernehmen.
Durch den plötzlichen Ausfall würde Envisat auf seiner Flugbahn in derzeit etwa 774 Kilometern Höhe selbst zu unkontrollierbarem Weltraumschrott. Mit 8 Tonnen Masse und etwa 30 Meter größter Ausdehnung böte er ein großes Ziel für Einschläge von kleinen und größeren Schrottteilen auf verschiedenen Umlaufbahnen, wodurch weitere gefährliche Bruchstücke entstehen würden. Eigentlich wollte man Envisats Bahn 2014 mit dem dann noch verbliebenen Treibstoff deutlich absenken, so dass er nach einigen Jahren in die dichten Schichten der Erdatmosphäre eintreten würde. In der gegenwärtigen Bahn würde er aber noch viele Jahrzehnte die Erde umlaufen.
Die Techniker am Kontrollzentrum in Darmstadt forschen nun intensiv an den Ursachen. Bei fehlender Kommunikation mit dem Satelliten ist die Hoffnung, Envisat weiter nutzen zu können aber eher gering. Bei anderen Satelliten war es allerdings in der Vergangenheit bereits mehrfach gelungen.