Fährt Opportunity in den Krater?

Der Rover steht bereit, in den Victoria-Krater zu fahren. Die NASA muss nun endlich die schwierige Entscheidung treffen, ob er es wirklich wagen soll. Derweil kämpfen die Ingenieure der noch nicht gestarteten Phoenix-Landesonde mit vertrackten Details.

Ein Beitrag von Axel Orth.

Opportunity steht am „Victoria Crater“ wieder nahe der Stelle, wo er den Krater einst erreichte – an der so genannten „Duck Bay“. Und es scheint, dass diese erste Stelle auch schon die beste Stelle war, um in den Krater zu fahren, denn wenn die Entscheidung fällt, dies zu tun, dann soll es genau hier statt finden.

„Sollen wir da wirklich runter?“ – über diesen Abhang soll Opportunity in den Victoria-Krater einfahren. (Bild: NASA/JPL/Raumfahrer.net)

Die Entscheidung für dieses heikle Manöver setzt aber laut Forschungsleiter Steve Squyres eine sorgfältige Sicherheitsanalyse voraus, die auch die Meinung des NASA-Hauptquartiers einbeziehen muss. Denn der Rover soll dem Krater nicht etwa „geopfert“ werden; er soll also nur hinein fahren, wenn er auch wieder heraus kommen kann. So wichtig ist der Krater dann auch wieder nicht.

Vielleicht hat dies damit zu tun, dass er im unteren, wissenschaftlich interessanteren Teil schon vollständig versandet ist. Dort tritt offensichtlich keinerlei Gestein mehr an die Oberfläche, das Opportunity untersuchen könnte – und die Marsrover sind ja erklärtermaßen eine mars-geologische Mission. Im oberen Teil von „Victoria“ dürften die Sockel der Felsvorsprünge die tiefsten verfügbaren und damit interessantesten Untersuchungsobjekte sein. Diese scheinen aber nur bis in eine Tiefe unter der Oberfläche der umgebenden Ebene zu reichen, die Opportunity bei seinen Untersuchungen im „Endurance Crater“, seinem ersten großen Ziel, auch schon erreicht hat. „Endurance“ ist noch nicht so versandet wie „Victoria“; dort war lediglich der unterste Boden von einem zwar schönen, aber wissenschaftlich wertlosen Sandmuster bedeckt, das der Rover damals auch nicht befahren hat.

Die Chance, dass der Rover in seinem jetzigen Zustand in den Krater fahren und ihn auch wieder verlassen könnte, dürfte angesichts der Erfahrung mit „Endurance“ recht hoch sein. Aber wenn er einmal im Krater ist, würde er vermutlich Monate darin verbringen. Und wer kann garantieren, dass in dieser Zeit alle sechs Räder intakt bleiben? Welche Behinderung ein blockiertes Rad darstellt, sehen die Forscher tagtäglich an Zwillingsrover Spirit, dessen Aktionsradius sich seit dem Ausfall eines Rades deutlich eingeschränkt hat. Ein Opportunity auf fünf Rädern könnte zwar wohl noch auf der Ebene um den Krater fahren und Wissenschaft betreiben, aber nicht mehr aus dem Krater heraus kommen. „Wir haben also keine Zeit zu vertrödeln“, so drückte es Steve Squyres aus.

Phoenix´ Probleme mit Winden

Die Ingenieure des noch gar nicht gestarteten Phoenix-Landers beschäftigen sich derzeit mit potenziellen Problemen, die beide mit Wind zu tun haben – sowohl selbst erzeugtem Wind als auch dem ganz normalen Marswind. Die Untersuchungen sind ein gutes Beispiel für die extreme Sorgfalt, mit der Raumfahrtingenieure arbeiten müssen.

Im ersteren Fall handelt es sich um die Abgase der Landetriebwerke von Phoenix. Zur Erinnerung: Phoenix ist kein mobiler Rover, sondern lediglich eine stationäre Landesonde, die niemals etwas anderes untersuchen können wird als den Boden in Reichweite ihres Probensammelarms rings um ihre Landestelle. Was wäre nun, wenn die Triebwerke bei der Landung sämtliche leichteren Bestandteile dieses Bodens weg blasen und Phoenix mit seinem Probenarm folglich nur noch liegen gebliebene, schwerere Bestandteile zu untersuchen bekäme? Zudem könnten die Abgase der Triebwerke den Boden verunreinigen und damit die Messergebnisse verfälschen. Das darf offensichtlich nicht passieren. Um dieses Risiko einzuschätzen, baute ein Team an der Universität von Michigan extra ein kleines Testlabor, bestehend aus einer abwärts gerichteten Luftdüse und einem Marsbodenersatz aus Sägespänen und zerstoßenen Walnussschalen.

Ergebnis: Falls die Sonde sich bei ihrer Landung einfach von oben nach unten auf den Boden senkt, ist das Risiko einer Verfälschung höher, als wenn sie sich zusätzlich noch in horizontaler Richtung bewegt.

Die Probensammelschaufel von Phoenix. (Bild: University of Arizona/JPL/Lockheed Martin)

Das andere Problem hängt mit der Art zusammen, wie Phoenix Proben sammelt: Wie schon die Surveyor-Mondsonden der NASA in den 1960er Jahren nimmt der Probensammelarm mit einer kleinen Schaufel eine Probe des Marsbodens auf, führt sie an den Sondenkörper heran und kippt den Schaufelinhalt einfach in eine Öffnung des Minilabors, von wo die weitere Verarbeitung startet.

Nun nimmt die NASA an, dass an der Landestelle von Phoenix im „hohen Norden“ des Mars´ Winde von bis zu 17 Kilometern pro Stunde wehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist das gewählte Verfahren der Schaufelentleerung etwas riskant: Auf den paar Zentimetern freiem Fall zwischen Schaufel und Laboröffnung könnte der Marswind leichtere Bestandteile der Bodenprobe weg blasen.

Tschüss, Probe

Damit sich die ganze Mission überhaupt lohnt, muss aber natürlich stets zuverlässig die gesamte, unverfälschte Probe im Minilabor ankommen – das gebietet die wissenschaftliche Sorgfalt. Nilton Renno von der Universität Michigan führte aus, dass die von den Missionsingenieuren bisher eingeplante „Schütthöhe“ von etwa 10 Zentimetern schon zu groß ist, um hundertprozentig zuverlässige Proben zu bekommen. Beliebig weit reduzieren lässt sich die Höhe allerdings auch wieder nicht, da sonst die Probenschaufel mit dem Sondenkörper kollidieren könnte.

Renno geht auf Basis der bisherigen Untersuchungen davon aus, dass eine Schütthöhe von etwa 3 Zentimetern optimal sein dürfte. Um sicherzugehen, will das Team aber noch Untersuchungen in einem Windkanal vornehmen und mit Hochgeschwindigkeitskameras die wirklich optimale Höhe bestimmen.

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