Nach nur 5 Stunden und 43 Minuten hat ein gestern Abend gestarteter Progress-Frachter in der Nacht gegen 3.18 Uhr MESZ an der Internationalen Raumstation festgemacht.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: Roskosmos, NASA, SpaceflightNow.
Damit wurde ein neues Rendezvousverfahren erprobt, das künftig bei bemannten Sojus-Raumschiffen angewendet werden soll. Bisher wurden für Anflug, Annäherung und Kopplung etwa 50 Stunden eingeplant. Dieser etwa zweitätige Flug zu Raumstationen war seit Progress 1 im Januar 1978 üblich und wurde mit dem Aufbau der Raumstation Mir 1986 auch für bemannte Raumschiffe übernommen. Zuvor waren hier für Annäherung und Kopplung ca. 24 Stunden üblich. Damals wurde der Übergang zum zweitägigen Anflug mit Treibstoffersparnis begründet.
Den drei Raumfahrern an Bord eines Sojus-Raumschiffes stehen etwa 7,5 m3 nutzbarer Raum zur Verfügung. Für einen zweitägigen Flug zur Station ist dies nicht gerade viel. Im Space Shuttle waren es bei der üblichen siebenköpfigen Besatzung pro Mitglied etwa 9 Kubikmeter. Mit Rückkehr zum Kapseldesign bzw. zu kleineren Raumschiffen wird sich hier der Raum aber wieder verringern.
Progress-M 16M startete gegen 21.35 Uhr MESZ von Baikonur aus ins All. Nach 9 Minuten wurde das Raumschiff, das mit 2.639 Kilogramm Fracht beladen ist, von der Oberstufe getrennt und entfaltete seine Solarzellenpaneele. An Bord befinden sich neben Treibstoff, Sauerstoff, Wasser, Nahrungsmitteln und Verbrauchsgütern auch Materialien für die Experimente Visier, MATI 75, Relaksazija, SLS, Vektor-T, Tipologija, Aseptik, Schenschen 2, Kaskad, Biodegradazija und Kulonowski Kristall sowie Ausrüstung für das russische und das US-basierte Segment der ISS.
Nach einem Selbsttest wurden die Triebwerke des Raumschiffes gegen 22.25 Uhr zum ersten Mal in Betrieb genommen. Es folgte eine Serie von Korrekturmanövern, welche das Raumschiff innerhalb von 3 Erdumläufen in die Nähe der Internationalen Raumstation brachte.
Danach umflog Progress-M 16M die Station so, dass es das Modul Pirs direkt vor sich hatte. Anschließend wurde die Distanz planmäßig verringert und gegen 3.18 Uhr angekoppelt. Mittlerweile wurde das Raumschiff fest und luftdicht mit der Station verbunden. Das Abkoppeln ist für November oder Dezember geplant. Bis dahin werden die Fracht in die Station entladen und im Gegenzug Abfälle und nicht mehr benötigtes Equipment im Laderaum verstaut.
Am 31. Juli hatte der Vorgänger, Progress-M 15M von Pirs abgekoppelt und sich von der Station entfernt. Er war im April zur ISS gelangt und hatte bereits am 22. Juli abgelegt. Danach wurde ein erneutes Ankoppeln getestet, wobei mit Kurs-NA ein verbessertes Radarsystem zum Einsatz kam. Aufgrund eines Temperatur- oder Sensorproblems hatte das Ankoppeln erst im zweiten Versuch geklappt. Mittlerweile fliegt Progress-M 15M autonom und dient noch etwa 3 Wochen als Beobachtungsziel. Von der Erde aus werden die Auswirkungen von Triebwerkszündungen auf die dünnen oberen Atmosphärenschichten studiert.
An der Internationalen Raumstation sind derzeit die bemannten Raumschiffe Sojus-TMA 04M und 05M sowie die unbemannten Frachter Edoardo Amaldi (ATV 3), Kounotori 3 (HTV 3) und Progress-M 16M angekoppelt.
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