Express-AM 6: Nach Schwierigkeiten jetzt in Betrieb

Der russische Kommunikationssatellit Express-AM 6 hat nach Angaben seines Herstellers vom 23. April 2015 bei 53 Grad Ost im Geostationären Orbit den Regelbetrieb aufgenommen und befindet sich im Einsatz jetzt unter der Kontrolle des staatlichen russischen Kommunikationssatellitenbetreibers Russian Satellite Communications Company (RSCC).

Quellen: Chrunitschew, Intersputnik, MDA, Reschetnjow, Roskosmos, RSCC, Russianspaceweb.

Express-AM 6 beim Hersteller
(Bild: Reschetnjow)
Express-AM 6 beim Hersteller
(Bild: Reschetnjow)

Express-AM 6 war am 21. Oktober 2014 auf einer von Chrunitschew gebauten Proton-M-Rakete und einer Oberstufe von Typ Breeze-M des gleichen Erzeugers von Baikonur aus in den Weltraum transportiert worden. Mit Datum vom 22. Oktober 2014 meldete der Satellitenhersteller eine erfolgreiche Separation des Erdtrabanten von der Raketenoberstufe, das nominale Entfalten der dafür vorgesehenen mechanischen Systeme (Antennen, Solarzellenausleger) und die ordnungsgemäße Ausrichtung des dreiachsstabilisierten Satelliten zur Sonne.

Das von Reschetnjow Informational Satellite Systems mit Sitz in Schelesnogorsk nordöstlich von Krasnojarsk auf Basis des Satellitenbus Express-2000 gebaute Raumfahrzeug mit einer Masse von 3.358 Kilogramm war jedoch nicht auf der ursprünglich vorgesehenen Bahn ausgesetzt worden. Es ist davon auszugehen, dass die letzte Breeze-M-Brennphase vor dem Aussetzen zu kurz geriet. Am 22. Oktober 2014 ging Reschentnjow darauf jedoch nicht ein. Mitgeteilt wurde, dass Express-AM 6 Anfang 2015 die vorgesehen Position im Geostationären Orbit erreichen werde.

Express-AM 6 in Baikonur
(Bild: Roskosmos)
Express-AM 6 in Baikonur
(Bild: Roskosmos)

Reschentnjow berichtete anschließend erst am 11. März 2015 anlässlich der Aufnahme des üblichen Testprogramms für die Kommunikationsnutzlast, dass der Satellit nach dem Start wegen einer Fehlfunktion der Trägerrakete auf einen nutzlosen Orbit mit vom Soll abweichender Flughöhe, Exzentrizität und Neigung geraten war.

Geplant war eine 33.799 × 37.787 km Bahn mit einer Restinklinaktion von 0,18 Grad und einer Periode von 1.436,07 Minuten. Die Inklination, also die Neigung der Bahn gegen den Erdäquator, betrug nach dem Aussetzen jedoch rund 0,65 Grad. Die Periode, also die Zeit, die für einen Erdumlauf benötigt wird, lag bei rund 1.373 Minuten. Daten der US-amerikanischen Weltraumüberwachung sprechen für eine erreichte 31.307 x 37.784 km Bahn.

Die Postion von 50,45 Grad Ost im Geostationären Orbit auf annähernd kreisförmiger Bahn, die Express-AM6 im März 2015 inne hatte, war schließlich unter Zuhilfenahme des elektrischen Antriebssystems an Bord des Satelliten erreicht worden. Seit der ersten Dezemberhälfte 2014 ist der Satellit mit einer Periode von rund 24 Stunden unterwegs, die Bahn war im Dezember aber noch inkliniert und elliptisch

Express-AM 6 auf Breeze-M-Oberstufe
(Bild: Roskosmos)
Express-AM 6 auf Breeze-M-Oberstufe
(Bild: Roskosmos)

Die elektrischen, Xenon-Gas ausstoßenden Triebwerke des Typs SPT-100 bzw. SPD-100 vom russischen Konstruktionsbüro Fackel bzw. Fakel aus Kaliningrad ermöglichten es, den Orbit des Satelliten, der sich zu Beginn eben auch durch die rund eine Stunde zu kurze Umlaufzeit auszeichnete, in eine geosnychrone, also an die Erdrotation angepasste 24-Stunden-Bahn, zu verwandeln, und darüber hinaus dem Satelliten, eine annähernd fixe Postion über dem Erdäquator, also eine geostationäre Position, einzunehmen.

Im Betrieb bei 53 Grad Ost soll Express-AM 6 den dort bisher eingesetzten Express-AM 22 ablösen. Letzteren will man nach einer entsprechenden Drift bei 80 Grad Ost im Geostationären Orbit weiterbetreiben. Der Satellit befindet sich allerdings bereits seit dem 28. Dezember 2003 im All und sieht dem Erreichen seiner Auslegungsbetriebsdauer von 12 Jahren entgegen.

Die Aufgaben von Express-AM 6 sind die Ausstrahlung von Radio- und Fernsehprogrammen, die Breitstellung von schnellen Datenverbindungen und breitbandigen Zugriffsmöglichkeiten auf Informationsdienste, und die Unterstützung von Telefon- und Mobilfunkverbindungen. Adressiert werden dabei Nutzer im europäischen Teil Russlands, im Ural und im Westen Sibiriens. Im Rahmen internationaler Projekte will man über den Satelliten außerdem Nutzer in Afrika, Europa und dem Mittleren Osten erreichen.

Repeatermodul für Express-AM 6 (im Hintergrund)
(Bild: RSCC)
Repeatermodul für Express-AM 6 (im Hintergrund)
(Bild: RSCC)

Express-AM 6 besitzt 72 Transponder und 11 Antennen für das C-, Ka-, Ku– und L-Band. Nach Angaben von MacDonald, Dettwiler and Associates Ltd. (MDA) aus Kanada, beteiligt an der Ausstattung der Kommunikationsnutzlast mit Repeatermodul und Antennensystem, besitzt der Satellit 14 Transponder für das C-Band, 44 Transponder für das Ku-Band, 12 Transponder für das Ka-Band und zwei für das L-Band. Drei ausklappbare Antennenreflektoren sind von den Ka-Band-Transpondern ansteuerbar, zwei richtbare Antennen(reflektoren) sind von den Ku-Band-Transpondern nutzbar.

Geplante 15 Jahre soll sich Express-AM 6 nutzbringend einsetzen lassen. Eine Reduzierung der geplanten Einsatzdauer wurde trotz des vorher nicht vorauszusehenden Verbrauchs von Arbeitsgas für das elektrische Antriebssystem bisher nicht kommuniziert. Ein gegenüber dem Vorgängersatelliten Express-AM 5 leichterer Tank ermöglichte es nach Angaben des Journalisten Anatoly Zak, statt 284 Kilogramm wie bei Express-AM 5 316 Kilogramm Xenon mit-zuführen.

Express-AM 6 alias Ekspress AM6 und EAM6 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 40.277 und als COSPAR-Objekt 2014-064A.

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